Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
einiges wärmer war, als im Inneren des Gebäudes.
„ Sollen wir hier übernachten?“, fragte Dawn.
„ Wir sollten erst einmal etwas Essen. Mein Magen knurrt wie ein Bär“, verkündete Corus.
„ Ja, essen wir etwas“, stimmte Lucthen dem jungen Mann zu. Also setzten sie sich auf die Steine und Thistle kramte den Proviant hervor, den ihnen die Halbelfen mitgegeben hatten.
„ Würdest du mich niederschlagen, wenn ich dich darum bitte?“
Lucthen verschluckte sich an seinem Brot, hustete und dachte im ersten Moment, dass er sich verhört haben musste. Doch Crystals Blick ruhte fragend auf ihm und er fragte sich, was er verpasst hatte. „Warum solltest du das wollen?“
„ Wenn ich versuche auf der Harfe zu spielen und es passiert irgendetwas Schreckliches, dann muss ich mich darauf verlassen können, dass mich jemand aufhält“, erklärte sie.
Lucthen konnte nicht umhin ihren Mut zu bewundern. Es hatte ein paar Stunden gedauert, doch letztendlich hatte sie sich dazu durchgerungen, sich ihrem Schicksal zu stellen. „Es wäre mir eine Ehre, Lady.“
Crystal grinste, als sie seinen trockenen Tonfall hörte. „Gut. Dann will ich es versuchen.“
Ihre Finger zitterten, als sie schließlich das Holz berührte. Zögerlich, als würde sie erwarten, dass sie wieder diese schrecklichen Bilder sehen würde. Als das anscheinend nicht geschah, setzte sie die Harfe auf ihren Schoß und legte die Finger an die Saiten. „Stell dich hinter mich“, bat sie. „Zur Not muss es schnell gehen. Ich möchte auf keinen Fall einem von euch wehtun.“
Lucthen sah, dass Corus bei ihren Worten breit Grinste und auch die Anderen konnte sich ein Lachen kaum verbeißen. Als ob Crystal je einem Menschen willentlich Schaden würde!
Als Lucthen hinter ihr Position bezogen hatte, begann sie zu spielen. Lucthen hörte erstaunt, dass sie eine Tonleiter spielte und nicht wie sonst ein Lied. Als wollte sie die Klangfülle ihres neuen Instrumentes ausloten, dachte er. Dann schließlich stimmte sie ein Lied an. Bereits nach den ersten Tönen erkannte Lucthen das Lied.
Es schien ihm wie eine Ewigkeit, seit er zuletzt die Lieder seiner Heimat gehört hatte. Nicht seit sie in den Auen angekommen waren. Doch nun spielte Crystal ein Bild wie er es kannte und zum ersten Mal seit sie auf reisen waren, überkam ihn das Heimweh. Immer zuversichtlicher griff Crystal in die Saiten und erst als sie von Bild zu Klage überging, kam Lucthen der Gedanke, dass ihre Sorgen unbegründet gewesen waren: Er hatte nie etwas Schöneres, Lichteres gehört. Langsam verließ er seinen Platz hinter Crystals Rücken und ließ sich ihr gegenüber nieder. Corus saß neben ihm, die Augen geschlossen und sogar Dawn wirkte ehrlich ergriffen. Thistle hatte den Kopf schief gelegt und blickte neugierig. Lucthen grinste leicht. Der Jäger würde nach diesem Lied die Mittellande kennen lernen wollen. Soviel stand fest. Endlich wandte er seinen Blick Crystal zu. Sie hatte die Augen geschlossen. Ihre weiße Haut bildete einen seltsamen Gegensatz zu dem dunklen Holz des Instrumentes. Es war wie für sie geschaffen, dachte er. Dann traf ihn die Erkenntnis, dass das vermutlich sogar stimmte. Diese Harfe war für sie geschaffen worden. Schließlich verklang die Mahnung und das Erste was Lucthen hörte, nachdem Crystal geendet hatte, war ihr befreites Lachen. „Ich habe nie ein Instrument gekannt, dessen Klang so voll gewesen wäre, so rein. Wie wunderschön!“
Lucthen grinste. Es tat gut sie so zu sehen. „Wir sollten zusehen, dass wir etwas Schlaf bekommen, damit wir morgen bei Kräften sind, wenn wir zurückreisen.“
„ Sollen wir wirklich hier unter den Säulen bleiben?“, fragte Dawn misstrauisch.
„ Besser als mitten im Wald“, entschied Lucthen.
Dawn erwachte vor Durst. Ihr Mund war ganz ausgetrocknet und ihre Zunge klebte an ihrem Gaumen. Sie hatte geträumt, dass sie am Meer kniete, ihre Hände ins Wasser getaucht und dass sie gierig trank. Große Schlucke hatte sie genommen, doch ihr Durst konnte nicht gestillt werden und schließlich war das Meer ausgetrocknet, doch sie war immer noch durstig gewesen. Corus, der neben ihr lag, bewegte sich im Schlaf. Leise setzte sie sich auf und sah sich um. Es dämmerte bereits und die Anderen würden wohl auch bald aufwachen. Doch noch schliefen sie. Ihr Blick fiel auf Lucthens Wasserschlauch, der in ihrer Nähe lag. Bestimmt würde er mir etwas von seinem Wasser geben, wenn er wach wäre, dachte sie.
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