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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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Pfützen. Der Ratsherr musste hoffen, dass Ulman das Rückgrat besaß zu tun, was nötig war. Er musste daran glauben, dass Ulman Karl dazu brachte, sich ganz auf die Seite der Stadt Nürnberg zu stellen. Sonst würden sie alle in der Bedeutungslosigkeit versinken, aus der so vieler Hände Arbeit die Stadt gehoben hatte.

KAPITEL 18
    Am Tisch des Juden Levi in Pilsen wurde das Abendgebet gesprochen, bevor man mit dem Essen begann. Luzinde sah in die Gesichter und wunderte sich, dass auch hier alles seinen normalen Gang ging. Der gedrungene alte Levi, seine Ehefrau Gutlein und die vier bereits erwachsenen Söhne und Töchter, von denen sie sich nur die Namen der beiden ältesten, Veisel und Joßlein, hatte merken können, beäugten den neuen Gast am Tisch mit schlecht verhohlener Neugier. Nur der Hausherr Levi sprach direkt mit ihr.
    »Gottschalk war ein guter Man. Er hat bei mir gewohnt, wann immer er nach Prag reiste. Er hatte Einfluss bei Jiden wie Krischten zugleich, und stand in hohem Respekt. Des kennen nit viele Leute. Doch der Gottschalk, der war so weis, dass jeder seine Worte gehert hat. Er hat imer gesagt, des Leben ist ze kurz, um de Zeit mit Dummkepfen zu verschwenden, und er hat es so gemeint. Hat jeden Ernst genomen, wie’s ihm ziemt, und wenn es Erger gab, hat er erst gedacht, dann gehandelt, egal, was die Leute gesagt haben.«
    Levi pries Gottschalks Verhalten und seinen Charakter, sein Handelsgeschick und seine Weisheit, doch Luzinde hörte nicht mehr zu. Dass Gottschalk zuerst gedacht und dann gehandelt hatte, das hatte sie ihm als Feigheit ausgelegt.Vermutlich hatte sie die Weisheit des Alten einfach nicht verstanden. Und nur wegen ihrer Dummheit hatte man ihn im Schlamm dieser Stra ße erschlagen wie einen räudigen Hund. Und das, obwohl er doch nur genau das tun wollte, was er immer getan hatte: Erst alle Leute an einen Tisch holen, damit es keinen Ärger gab. Genau
das, was er auch in Prag am Königshof vorgehabt hatte. Und sie war jetzt hier die Einzige, die davon wusste.
    »Ihr müsst nach Prag schicken lassen«, brach es schließlich unvermittelt aus Luzinde hervor. Sie starrte in fragende Gesichter. »Ihr müsst nach Prag schicken lassen. Gottschalk war auf dem Weg zu König Karl, um Schutz für die Juden in Nürnberg zu bitten.«
    »Aber der Kenig Karl, der schitzt seine Jiden doch.’s is zehn Jar her, da hat er den Pilsenern farboten, uns ze schlagen.«
    »Dann hoffen wir, dass er das in Nürnberg auch tut. Denn dort braut sich Ärger zusammen.«
    »Aber in Nirnberg hat es doch so viele Jidene wie sonst nirgendwo«, antwortete Veisel, der Älteste. »Warum is er denn blos alein gegangen?«
    »Wir sind mit mehreren Wagen aufgebrochen, aber die Nürnberger haben Söldner geschickt, und so haben wir uns getrennt. Dann war da noch Fischlein, der Knecht. Ein Büttel hat ihm den Arm gebrochen, und so musste er umkehren.«
    Levi runzelte besorgt die Stirn. »Was fir ein Erger is das denn, der in Nirnberg droht?«
    »Ärger … mit dem Rat. Es ist ziemlich schlimm. Ihr müsst jemanden nach Prag schicken!«
    »Erger mit dem Rat?« Die Augenbrauen des Mannes zogen sich zusammen. Er sah nachdenklich aus. »Das klingt wirklich zimlich schlim. Ich werde dariber nachdenken.Wir reden morgen, ja?«
    Luzinde nickte. »Darf ich gehen?« Sie fühlte sich in dieser Familie wie ein Verbrecher auf der Anklagebank.
    »Natirlik.«
    Sie erhob sich und wollte schon gehen, da fragte Levi: »Willst dich nit reinigen und benschen?«
    Luzinde hielt inne und wurde rot. »Natürlich«, sie kramte in
ihrem Gedächtnis, während sie die rituelle Waschung über einer Schale vollführte, die eine Magd bereithielt. Dann senkte sie das Haupt. » Chazan et ha-kol. « Gottschalk hatte ihr versichert, dass man damit den Ewigen segnete und sich bedankte, dass er alle ernährte. Der Dank für das Essen war ja auch eine christliche Sitte. Sie hielt den Atem an – hatte sie alles richtig gesagt? Niemand runzelte die Stirn oder warf ihr zornige Blicke zu. So atmete sie auf.
    Damit entließ die Familie den stummen und trübseligen Gast, und ein Knecht namens Seligmann brachte sie in eine Kammer des geräumigen Hauses. »Hier ist’s, Meidel«, meinte er, und öffnete die Tür. Die Kammer war kühl und dunkel, doch Seligmann beeilte sich, eine Schale mit glühenden Kohlen in einem dreibeinigen Gestell zu verankern. »Braucht’s noch was?«, fragte er. Luzinde fiel auf, dass der kleine Mann mit dem rötlichen Haar und Bart schielte

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