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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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Wangenfleisch bereits mit dem Messer gelöst, pulte es nun heraus und führte es zum Munde. Sein üppig gewulstetes Gesicht verzog sich unter einem genussvollen Seufzer und war gleichzeitig Zeugnis dafür, dass der Bischof den täglichen Freuden des Essens ganz und gar nicht abgeneigt war.
    »Köstlich!«, rief er aus und lutschte den Finger ab. »Einfach köstlich. Was ist das?«
    »Barsch«, erwiderte Ulrich Stromer, der Hausherr, brach einen Kanten von dem hellen Brot ab. Er tunkte es in das Fett, das von einem Schweinebraten herrührte, und bestrich es anschließend mit Erbsenmus mit Senf. Der Bischof hatte Recht – eine Köstlichkeit. Hosto hoffte, dass sie ihren Zweck erfüllte und den Kirchenmann einlullte, der eine gute Mahlzeit stets zu schätzen wusste. Der fette Mann stellte die Zeichen seiner Völlerei ganz ungeniert zur Schau. Belustigt erinnerte sich Hosto, dass der Bischofsring mit dem Amethyst für Bescheidenheit stand. Der Reif war an dem wulstigen Finger längst eingewachsen.
    »Eminenz«, begann Hosto nun, »Ihr habt Geldforderungen an die Juden gestellt, wie ich höre?«
    Der Bischof, der sich gerade geschmorte Feigen in die Wangentaschen geschoben hatte, hielt nun inne und warf dem Patrizier einen finsteren Blick zu. Er kaute weiter, um die Masse in seinem Mund zu verkleinern, und sprach dann: »Müscht Ihr Gottesch schönschte Gaben mit geschäftlischem Gerede beschmutzen, Schtromer?« Dabei tropfte rötlicher Feigensaft über seine Lippen und über sein Brustkreuz auf das weiße Spitzengewand.

    »Das muss ich, Eminenz«, erwiderte Hosto und betrachtete die Spritzer, die sich wie Blut über den kostbaren weißen Stoff verteilten. »Denn Ihr wisst sicherlich, dass der aufständische Rat in diesem und im letzten Jahr bereits die Judengelder eingezogen hat, nicht?«
    »Sischer«, schmatzte der Bischof und schluckte. »Ihr solltet mir dankbar sein, Stromer – ich hätte auch direkt zum Rat gehen können.«
    »Was hättet Ihr davon? Dieser Rat hat das Geld nicht eingezogen.«
    »Stromer«, der Bischof lächelte schlau. »Nur weil der König Euch verziehen hat, heißt das nicht, dass Ihr mich für dumm verkaufen könnt. Karl hat mir das Geld im Juni diesen Jahres in Frankfurt zugesprochen«, Hosto erinnerte sich noch genau an den Tag auf der Kaiserburg, an dem er davon erfahren hatte, »und ich werde es mir holen.Wenn Ihr nicht wollt, dass ich zu den Juden gehe, dann komme ich ins Rathaus.« Damit biss er herzhaft in einen Hühnerflügel.
    Und genau diese Zusprechung war der einzige Grund, warum Ulrich Stromer Bischof Friedrich von Hohenlohe überhaupt in sein Haus gebeten hatte. Der Bischof und auch der Burggraf, doch der wäre erst später dran, hatten versucht, sich hinter dem Rücken des Rates die Nürnberger Privilegien zu sichern. Einige hatten sie sich erkaufen können. Hosto aber passte es gar nicht, dass diese beiden hohen Herrschaften nun die Juden aufscheuchten, indem sie von ihnen Geld forderten.
    »Ist das nicht allzu mühevoll?«, fragte er daher. »Ich könnte Euch, Eminenz, eine viel bequemere Lösung anbieten.« Wie erwartet horchte der Kirchenmann auf.
    »Der Rat zahlt Euch und dem Burggrafen eine einmalige Summe von – na, sagen wir siebenhundert Gulden, die Ihr
nach Belieben unter euch aufteilen könnt. Dann habt Ihr keine Mühe mit dem Eintreiben des Geldes von den Juden und macht Euch nicht die Finger dreckig.«
    Der Bischof hob die kaum vorhandene Augenbraue. »Das ist kaum mehr als die Hälfte des Judengeldes, das mir allein zustünde. Aber sagt mir, Stromer – warum solltet Ihr das tun?«
    »Wir erkennen damit immerhin Eure Ansprüche auf das Judengeld an und wollen Euch dafür entsprechend entschädigen.«
    »Aber warum?«
    »Ist die gute Beziehung zwischen dem Rat und der Kirche denn nicht Grund genug?«
    Der fette Mann schüttelte langsam den Kopf. »Nein, ist es nicht. Nicht für Euch, Stromer. Euer teuflisches Hirn kocht doch etwas aus – Ihr wollt Euch doch bloß den Rücken freihalten, hm?« Hosto schwieg. »Aber wofür?«, schob der Bischof nach und runzelte die Stirn. Dann schüttelte er den Kopf. »Ihr bietet mir ein Viertel von dem, was mir eigentlich zusteht. Mir ist die ganze Summe lieber; mag sie auch mit ein wenig Mühe verbunden sein. Ich halte mich an die Juden.«
    Hosto schürzte die Lippen und griff sich auch eine Feige, doch er biss nicht hinein. »Was, wenn das schwierig wird?« Hosto wollte den Bischof mit seinen Ansprüchen aus dem Weg haben, bevor

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