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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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griff nach einem Stück Pergament und kritzelte mit einem Federkiel ein paar Zeilen darauf. Dann gab er Sand darauf, ließ ihn kurz trocknen, und schüttete ihn zurück in das Gefäß. Schließlich winkte er einem Bediensteten und drückte ihm das Schreiben in die Hand. »Gib dies Kanzler Heinrich von Leipa. Er soll die Angelegenheit ahnden lassen. In diesen Zeiten können derartige Ausschreitungen nicht geduldet werden! Daraus erwächst zu schnell eine Hetzjagd.«
    Luzindes Herz schlug höher – offenbar sorgte der König sich darum, dass den Juden in seinem Land nicht ähnliche Gräueltaten widerfuhren wie in so vielen anderen Städten. Das machte ihr Mut. »Ich bin gekommen, um Euch an Gottschalks Stelle um Euren Schutz für die Juden von Nürnberg zu bitten, Herr.«
    Ein kühles Lächeln huschte über seine Lippen. »Sprich weiter.«
    »Der Rat versucht, den Juden ihre Häuser abzukaufen. Was sie bieten, ist nicht einmal das Holz des Dachgestühles wert. Zudem wollen die Juden nicht fort. Sie sind Bürger Nürnbergs, und Nürnberg profitiert von ihren Geschäften. Genauso wie … wie Ihr, Herr. Die … wir Juden sind Eurer Kammer untertan, Herr. Wir zahlen Euch den Güldenen Oberpfennig, die Judensteuer und … und viele Sonderleistungen, wenn Ihr derer bedürft. Nun …«, sie wollte schon »fordern« sagen, doch als sie den Funken des Widerspruchs in Karls Augen aufglühen sah, schlug sie die Augen nieder und neigte den Kopf in Demut. »Nun bedürfen Eure Knechte Schutz, Herr, denn wir
fürchten, dass der Rat …«, Luzinde fiel es schwer, diese Erkenntnis auszusprechen, »der Rat von Nürnberg auch vor Gewalt nicht zurückschrecken wird.«
    »Ich verstehe«, erwiderte Karl. Als die Magd wieder aufsah, betrachtete er sie gedankenverloren. »Die Herren Stromer und Scheffein auf der anderen Seite bitten mich, der Stadt zuzusichern, dass ich sie weder finanziell noch rechtlich dafür verantwortlich mache, sollte ein Aufstand der Bevölkerung gegen die verhassten Juden losbrechen. Und man will dort einen Marktplatz bauen.«
    Die Patrizier waren also vor ihr zum König gelangt. Luzinde hätte es sich denken können. Vielleicht hatte die Verzögerung am gestrigen Tag auch damit zu tun, dass der Herrscher sich erst deren Angebot hatte anhören wollen?
    »Was also soll ich nun tun?«
    Luzinde zögerte.War diese Frage ernst gemeint? »Die Juden von Nürnberg haben Euch viel zu bieten«, begann sie zögernd. Sie versuchte zu rekapitulieren, was sie von Gottschalk und Nathan mitbekommen hatte. »Momentan werden 1100 Pfund Haller im Jahr von der Gemeinde bezahlt. Es ließen sich darüber hinaus 200 Pfund Haller mehr im Jahr aufbringen. Sowie in den nächsten sieben Jahren … 500 Haller zusätzlich pro Jahr, so dass Ihr in sieben Jahren sicher 10 000 Pfund Haller von den Juden bekämt«, rekapitulierte sie. Die Summen waren so hoch, dass sie selbst Schwierigkeiten hatte, sie sich vorzustellen, doch dem König rangen sie nur eine erhobene Augenbraue ab.Vermutlich bereute er, die Zahlungen nicht längst angehoben zu haben.
    »Wir verlangen von Euch nichts Ungehöriges, Herr«, sagte Luzinde dann noch schnell. »Nichts, was Ihr nicht selbst versprochen hättet.Vor zwei Jahren mussten die Juden dem Burggrafen von Nürnberg die Schulden erlassen, weil er Euch bezahlte.
Und man hat Euch eine großzügige Gabe zur Krönung geschickt. Im Gegenzug habt Ihr den Juden von Nürnberg Schonung von Leben und Habe, Gnade und Rechtsschutz zugesichert. Diesen Schutz brauchen Eure Knechte jetzt.«
    Der König antwortete nicht. Er hatte den Zeigefinger auf die Lippen gelegt und betrachtete sie nachdenklich. Endlich erhob er sich und winkte den Diener herbei, der an der Seite noch immer stand. »Bist du durstig?«
    »Ein wenig, Herr.«
    »Nimm etwas Wein.«
    Luzinde grübelte – sie erinnerte sich an eine Diskussion zwischen Gottschalk und Mose, in der es darum ging, ob ein Jude denn mit einem Christen unkoscheren Wein trinken durfte. »Ist er denn koscher, Herr?«, fragte sie vorsichtshalber.
    Der König schüttelte den Kopf. »Nein, ich fürchte nicht. Du isst also koscher?«
    »Ja, Herr.« Gab es denn Juden, die nicht koscher aßen? »Etwas Wasser vielleicht, Herr?«
    »Sicher. Du musst auch hungrig sein. Probiere die eingekochten Feigen, sie werden dich stärken.« Der Diener griff zu einer Schale auf dem Tisch und bot sie Luzinde an. »Nimm!«, befahl Karl.
    Die Magd bemerkte erst jetzt, dass ihr Magen tatsächlich nach etwas Nahrhaftem

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