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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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nicht mehr um sich schlug, ließ Wenzel sie los. »Bastard«, stieß sie aus, doch sie meinte Ulman, nicht den Ritter. »Mögest du dafür in der Hölle schmoren!«

    Der junge Mann antwortete darauf nicht. Er funkelte sie mit dunklen Augen an. »Der König hat seine Entscheidung getroffen.«
    »Das hat er«, sprach König Karl, und man hörte ihm seine Verärgerung an. »Aber jetzt will er mit dem Mädchen wieder allein sprechen.«
    Götz Scheffein sah aus, als wolle er protestieren, Ulman aber zog ihn stumm am Ärmel zur Tür hinaus. Auch Wenzel ging, doch bevor er die Tür hinter sich schloss, warf er Luzinde noch einen warnenden Blick zu. Dann war das Mädchen wieder mit dem König allein.
    »Du hast mich belogen.«
    »Vergebung, Herr«, bat Luzinde und sank auf die Knie. »Ich wusste nicht, was ich tun sollte.«
    Karl nickte nachdenklich. »Steh auf. Wie ich sagte – du hast die Moral auf deiner Seite. Doch Moral zahlt keine Steuern, Mädchen. Wenn ich eines von Ludwig, meinem Vorgänger im Amt, gelernt habe, dann, dass man die Städte gewinnen muss, um Kaiser zu werden. Ich brauche Nürnberg, um zu regieren. Ich kann die Juden nicht dem Stadtrat vorziehen.«
    »Ihr handelt nicht, obwohl Ihr wisst, dass es falsch ist?«
    »Nicht ganz«, korrigierte Karl. »Ich handle nicht, obwohl ich weiß, dass es moralisch falsch ist. Politisch ist es weise.«
    Bitterkeit stieg in Luzindes Kehle auf. Der König konnte nichts mehr für sie tun. Und wenn sie sich seine Ausreden noch länger anhören müsste, würde sie vielleicht etwas sagen, das sie bereute. »Darf ich bitte gehen?« Sie wandte sich schon um.
    »Halt!« Die Stimme des Königs war hart.
    Luzinde hielt inne. »Was, Herr?« »Bleib. Bitte.« Er winkte sie wieder heran. »Ich wusste im Herzen, dass du eine Christin sein musst. Ich habe dich schon
in Nürnberg gesehen, bei dem Einzug in die Stadt. Umstrahlt von einer Korona aus Licht.«
    »Ja und?«, fragte sie und starrte ihn herausfordernd an.
    Nun wich König Karl ihrem Blick aus. »Ich habe dich auch schon vorher gesehen«, murmelte er dann.
    »Das ist unmöglich«, erwiderte sie. »Ich würde mich erinnern, Euch schon einmal begegnet zu sein, Herr.«
    »Nein, du mir nicht«, äußerte er rätselhaft. »Aber ich dir. In den Bergen des Welschenlandes.«
    »Dort bin ich ganz sicher noch nie gewesen.«
    »Nicht körperlich, nein.«
    »Herr?«, fragte Luzinde irritiert.
    »Wir standen damals vor Verona«, murmelte Karl, ohne auf ihre Frage zu antworten. »Wir hatten viele Ritter verloren, und mein Vater fluchte die ganze Nacht lang. Er trank, verprügelte, wen er in die Finger bekam. Ich hielt es im Lager nicht mehr aus, und so nahm ich mir mein Pferd und eine Handvoll Männer und ritt in die Berge.« Luzinde lauschte mit wachsendem Erstaunen. Was hatte das mit ihr zu tun?
    »Wir ritten die ganze Nacht. Ich war so wütend, dass ich die Pferde und die Männer bis zur Erschöpfung geschunden habe«, bekannte der König. »Schließlich machten wir an einer Klippe halt, da wir nicht weiterkamen. Es war ein steiler Hang, nach Osten gewandt. Wir schleppten uns hinauf, und als wir oben ankamen, da brach über den Bergen das erste, zarte Morgenrot hervor. Ich hatte damals noch nie einen solchen Sonnenaufgang gesehen. Der Himmel war geschmückt in zarten Tönen, Rosa und Blau, dazwischen das immer greller werdende Gold der Sonne. Es war wunderschön.« Er machte eine Pause und sah die Magd an. »Und dann habe ich eine Erscheinung gehabt. Eine Vision, wie sie klarer nicht hätte sein können. Ein Frauenantlitz mit Schleier, gekrönt von gleißendem
Licht. Es war die heilige Ludmilla, die die Fürsten Böhmens zum Christentum brachte. Und sie trug dein Gesicht.«
    »Warum ist sie Euch erschienen, Herr?«, fragte Luzinde atemlos.
    »Sie zeigte mir, dass meinVater in einer fernen Schlacht sterben würde, und ich auch, wenn ich ihr nicht gehorchen würde. Sie warnte mich vor einer schwarzen Rüstung, denn ich müsse leben, um Böhmen und das Reich zu neuer Größe zu führen und dem Herrn zu dienen.«
    »Und hatte sie Recht? Starb Euer Vater im Gefecht?«
    »Oh ja. Er ritt in die Schlacht von Crecy – blind und verstockt, wie er war – und kehrte nicht zurück. Und ich war nicht an seiner Seite.«
    »Wo wart Ihr, Herr?«
    »In einer Kapelle der Heiligen Jungfrau. Ich wollte die heilige Ludmilla um Rat anflehen, denn in der Schlacht stand auch Eduard von Woodstock. Man nannte ihn den Schwarzen Prinzen. Wegen seiner schwarzen

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