Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
Vom Netzwerk:
Ungläubigen selbst. Er schlug mit seinem Messer Laternen um und Geschirr herunter, wo er es fand, doch der Akt barg wenig Befriedigung. Er sollte sich irgendwo eine Keule oder einen Hammer beschaffen.
    Dicht gefolgt von zwei anderen Männern rannte er eine Tür ein und stolperte in die dahinter liegende Kemenate. Das Bild, das sich ihm bot, ließ ihn für einen Augenblick erstarren. Etwa zehn Menschen hockten in dieser Kammer, Männer, Frauen und Kinder, sowohl Handwerker wie auch Gesinde. Auf den zweiten Blick erkannte Romer, dass mindestens vier Juden bereits in ihrem Blute lagen und eine Frau, offenbar die Mutter, gerade dabei war, ihre Tochter zu töten. Nur wenige Augenblicke später, und er hätte gar nichts mehr zu tun bekommen! »So nicht!«, rief er wütend und stürzte sich mit dem Messer auf die Mutter. Er stach auf die kreischende Frau ein und traf sie an der Schulter. Er hatte ihren Hals treffen wollen, doch sie bewegte
sich. »Halt still, Hure!«, knurrte er. Da traf ihn etwas von hinten und schleuderte ihn fort. Romer landete in der Ecke des Raumes und stieß sich schmerzhaft die Schulter und den Kopf. »Verdammt!«, fluchte er benommen, rappelte sich auf und duckte sich gerade rechtzeitig, als ein Mann, der Herr des Hauses offenbar, ein Tischbein auf ihn niedersausen ließ, das neben Romers Kopf auf den Holzfußboden krachte. Der Schneider krümmte sich schreiend und versuchte, seinen Kopf zu schützen. Er wusste, dass er nicht schnell genug war, einem zweiten Schlag auszuweichen. Doch der Schlag kam nicht. Romer lugte vorsichtig zwischen den Armen auf und sah, wie sich zwei Drahtzieher, ein Meister und sein Geselle, mit ihren Hämmern und Messern über den Juden hermachten. Sie lie ßen ihre Waffen kraftvoll immer wieder auf den Mann niedersausen, bis sein Blut Romer über Gesicht und Kleider spritzte. Er war froh, dass er so vorausschauend gewesen war, nicht sein neues Wams anzuziehen.
    Schließlich richteten sich die beiden Männer wieder auf und feixten den Schneider an. »Du kannst auch draußen warten, bis wir hier fertig sind, Schneiderlein«, unkte der Meister. »Das ist Männerarbeit!«
    Da packte Romer die Wut. Er sprang mit einem Schrei auf und stürzte sich auf die Hausherrin, die schon wieder ihr Messer gepackt hatte. Er rammte ihr seine Klinge in die Brust, doch er kam nur so tief – sein Messer war nicht so scharf, wie es wohl hätte sein müssen, um Haut, Fleisch und Gekröse zu durchschneiden. Also drückte er nach. Er schob die nach Luft ringende Jüdin an die Wand, stemmte sich mit dem ganzen Gewicht gegen den Griff seines Messers und strengte sich so sehr an, dass er die Zähne zusammenbeißen musste. Er rüttelte an der Klinge, um sie zu lösen, denn er hatte den Verdacht, auf etwas Knochiges gestoßen zu sein. Schließlich brachte er alle
Kraft auf, und endlich verrutschte die Klinge und versackte bis zum Heft in der Brust der Jüdin. Sie krächzte, rang gluckernd nach Luft und zuckte noch viele lange Herzschläge, bis sie endlich still wurde und an der Wand erschlaffte. Doch Romer gestattete dem plötzlich spannungslosen Körper nicht, hinabzurutschen. Er hielt sie noch einen Augenblick fest. Ihr Blut lief ihm über die Finger, doch schließlich versiegte auch das.
    Nun würde ihn niemand mehr einen Hänfling oder einen Schwächling nennen. Er war nicht hilflos, nicht Opfer! Er würde nicht mehr tatenlos zusehen, wenn ihm jemand ein Unrecht tat! Sein Vater wäre stolz auf ihn. Er spürte, wie sich Feuchtigkeit in den Augenwinkeln sammelte, und wischt sie verächtlich weg.
    »Na, du wirst doch nicht um die Judenhure weinen, was, Romer?«, fragte ein Kerl, den Romer noch nie gesehen hatte.
    »Halt’s Maul, oder ich schlitz dir den Bauch auf«, keuchte der Schneider wütend und ließ die Frau endlich los. Sie schlug dumpf auf dem Boden auf.
    Im oberen Stockwerk des Hauses herrschte großes Chaos. Die männlichen Juden lagen tot oder krepierend in ihrem Blut. Die Kinder waren genauso erschlagen worden wie die Alten. Die Mädchen und Frauen hatte man wehrlos geprügelt und rückwärtig auf den Boden geworfen. Romer sah, wie der Drahtziehermeister sich gerade zuckend in einer ergoss, um schließlich Platz für seinen Gesellen zu machen. Der zückte vor Gier zitternd sein steifes Glied und stieß es mehrmals so tief in das Mädchen, dass sie doch wieder anfing, sich zu wehren. Sie versuchte, ihn mit bereits gebrochenem Arm von sich herunterzuschieben. Der Geselle schlug ihr mit der

Weitere Kostenlose Bücher