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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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königliche Gnaden hoffte man, den päpstlichen Bann endlich abschütteln zu können, von dem Luzinde schon gehört hatte. Offenbar waren die Priester vom Stadtrat gar mit Gewalt bedroht worden, damit sie die Messe lasen. Andere verstießen freiwillig gegen das Wort des Heiligen Vaters in Avignon, weil sie sich um das Seelenheil der Gläubigen sorgten. In jedem Fall spürte Luzinde, als sie am Abend einer Armenmesse im Heilig-Geist-Spital beiwohnte, dass alle Anwesenden, vom Priester über die Mönche bis hin zu den Gläubigen, sich danach sehnten, endlich wieder frei und aufrecht in den Gottesdienst schreiten zu dürfen, ohne dass man fürchten musste, den Anordnungen des Heiligen Vaters oder gar dem Willen Gottes zuwiderzuhandeln.
    Im Sebaldusviertel lag nahe desWasserturms auch das Augustinerkloster, dessen Mauern ihr immerhin ein Gefühl von Schutz und Geborgenheit gaben. An ihrem zweiten Tag in Nürnberg
war ihre Suche nach Arbeit noch immer erfolglos. Ihre dreckigen Füße schmerzten an diesem Abend, und sie war müde und entmutigt. Also hockte sie sich in eine Nische zwischen den Steinen der Klostermauer und ein paar Büsche, die sie vor den Blicken der Städter verbergen würden. Sie hatte die Stelle heute Morgen gefunden und sich zum Nachtlager erkoren, denn die Stadt war voll von Fremden und Armen. Anderswo gab es keinen Fleck, den man nicht mit der Faust hätte erobern müssen. Die Magd öffnete das Leinentuch mit den Vorräten und blickte auf die spärlichen Reste. Obwohl sie sparsam gegessen hatte, blieben ihr nur ein Knust von Almuts gutem Brot und ein letzter Streifen Käse, der noch die Marken ihrer Zähne zeigte.
    Luzinde gestand sich ein, dass sie nicht weiterwusste. Sie war alle Stellen abgegangen, an denen sie sich Arbeit hatte erhoffen können. Morgen würde sie hungern, und das hieß, sie würde ins Heilig-Geist-Spital zurückkehren müssen, um wie andere Arme und Bettler um Almosen und Speise zu heischen. Und das geschah ihr, die sie die Tochter eines wohlhabenden Schreibers war! Sogar lesen konnte sie und schreiben auch, doch das galt hier in dieser Stadt nichts, in der sich offenbar viele Gelehrte und belesene Menschen befanden.
    Luzinde riss sich zusammen, als sie spürte, wie ihr der Mut zu schwinden drohte. Sie durfte sich nicht gehen lassen, sonst wäre es aus mit ihr. Erst einmal schlang sie gierig ihre Essensreste in sich hinein und löschte den Durst mit dem Dünnbier, das sie sich für ihr letztes Geld in die Schweinsblase hatte abfüllen lassen, in der Almut ihr gutes dünnes Met mitgegeben hatte. Nachdem sie ihre dreckigen Füße ein wenig geknetet hatte, packte sie ihr Bündel unter den Kopf und lehnte sich an die Mauer, um zu schlafen. Sie hoffte, im Traum
den Hunger zu vergessen, der sie so sehr an die andere schlimme Zeit ihres jungen Lebens erinnerte. Doch als sie die Augen schloss, da standen die Geschehnisse wieder so deutlich vor ihrem Geiste, als wären die fünf Jahre seitdem niemals verstrichen.
     
    »Liebst du mich?«, lachte Luzinde und warf mit einer Handvoll Stroh nach dem jungen Mann, der mit halboffenem Hemd an ihrer Seite lag.
    Konrads blauen Augen suchten ihr Gesicht ab, während seine warme Hand durch den Ausschnitt des Obergewandes ihre Brust suchte und fand. Wohlgeschnittenes braunes Haar war mit Strohhalmen gespickt und hing ihm wirr in das kantige Gesicht. Seine Wangen glühten wie immer, wenn sich sein Leib nach ihrem verzehrte, und er zerrte sich sein besticktes Hemd über den Kopf und schmiegte sich an sie, um ihr einen Kuss zu rauben.
    »Konrad!«, quiekte sie fröhlich. »Du kannst aber auch an gar nichts anderes denken, nicht wahr?« Sie gewährte seinem Drängen einen weiteren stürmischen Kuss, bevor sie ihn lachend zurückschob. »Sag schon! Liebst du mich, Konrad Berainer?«
    Der junge Mann keuchte unter seinem Atem: »Ja doch. Das weißt du doch.« Damit fuhren seine Hände heiß über ihren Körper und schlüpften in einer fließenden Bewegung auf Höhe ihrer Knie unter ihr Obergewand und das saubere Hemd, von wo sie aufwärts fuhren.
    Luzinde wurde wie beim ersten Mal ganz anders unter diesen Berührungen, die voll Verlangen nach ihr waren. Ihr Kopf wurde leicht, der Atem flach, und sie fühlte sich, als schwämme sie in einem sonnenbeschienenen See, dessen Fluten ihre Ohren vor jeglichem Geräusch dämpften. Sie wollte ihn gewähren
lassen, wollte seine Finger in sich spüren, schließlich unter seiner Lust dahinschmelzen, wollte das Pulsieren

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