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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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denen er sie zurückbekommen hatte, von seinem Fund in Trier…
    »Das hat auch hier groß in der Zeitung gestanden!«, warf sie nicht ohne Stolz dazwischen.
    Dann kam er auf seine Bekanntschaft mit Caspar Rene Gregory zu sprechen, erzählte, dass Gregory nach seiner Rückkehr aus Paris in Leipzig einen Arbeiterverein mit großem Zulauf gegründet und den Meisterbrief als Tischler erworben habe, fünfzehn Sprachen beherrsche oder zumindest verstehe und soeben geheiratet habe.
    »Die Tochter eines amerikanischen Theologieprofessors!«, fügte er noch hinzu.
    »John und Amanda haben ebenfalls geheiratet und Andrew und Josephine erwarten Nachwuchs. Robert und Cheryl haben für nächsten Monat das Aufgebot bestellt. Wir sind übrigens eingeladen!« In ihrer Stimme schwang ein leiser Vorwurf, aber auch unsichere Erwartung.
    Burr blieb stehen. »Pee«, sagte er und es klang gequält, »wir müssen miteinander reden. Komm, lass uns einen Platz suchen, wo wir uns setzen können!«
    Sie sah ihn mit großen Augen an, sagte aber nichts.
    Schweigend schritten sie nebeneinander her, fanden am Wegrand einen großen, verwitterten Baumstumpf und ließen sich darauf nieder.
    Burr wusste nicht, wie er beginnen sollte. Im Kopf hatte er sich zwar alles schon zurechtgelegt, aber jetzt war es weg.
    »Ich weiß!«, begann Pee. »Und du hast Recht! Erinnerst du dich an deinen Brief, in dem du geschrieben hast, wir sollen nichts überstürzen?«
    Überrascht sah er sie an.
    »Doch, George, bestimmt, du hast Recht!«, bekräftigte sie nochmals. »Noch vor ein paar Stunden habe ich geglaubt, das Erste, was du machen würdest, wäre ein Heiratsantrag.
    Einerseits hätte ich mich darüber gefreut, andererseits hätte es mir Angst gemacht. Du warst jetzt zwei Jahre fort und ich weiß, dass es nicht das letzte Mal war. Wenn du hier bleiben würdest, wäre es nur mir zuliebe. Ich hätte dabei ein schlechtes Gewissen, weil ich dir die Freiheit nehme, und du hättest Schuldgefühle, wenn du dich doch wieder irgendwo in der Welt herumtreibst. Entschuldige die Formulierung, aber mir ist keine bessere eingefallen.«
    Beide schwiegen.
    Langsam langte George Lincoln nach ihrer Hand und zog sie zu sich heran. »Pee«, seine Stimme war leise und es kostete ihn Überwindung, weiterzusprechen, »es ist nicht nur das.
    Schau, gestern war ich auf der Herfahrt kurz bei meiner Familie. Meinen Eltern geht es finanziell sehr schlecht, sie haben kaum das Notwendigste zum Essen. Hinzu kommt mein kranker Bruder, der keinen Cent Rente oder eine andere Unterstützung bekommt. Meine Schwester ist verheiratet, hat selbst Familie. Was ich verdiene, weißt du ja. Ich lebe spottbillig in einer Wohngemeinschaft in Whites Haus. Zu einer Ehe gehören aber Kinder, das heißt, du müsstest aufhören zu arbeiten. Meine Eltern und meinen Bruder kann ich nicht ihrem Schicksal überlassen. Ich hätte also eine eigene Familie zu ernähren und eine zweite zu unterstützen. Wie soll das gehen?« Er hielt einen Moment inne. »Nein, Pee, es geht nicht!
    Wir würden uns nur unglücklich machen!«
    Wie lange sie noch auf dem Baumstumpf saßen, sie wussten es nicht. Im Gebüsch hinter ihnen raschelte es.
    »Es war ein Traum!«, flüsterte Pee.
    »Ja, ein schöner!«, ergänzte Burr leise.

    Andrew Dickson White war schon nach Petersburg abgereist, als George Lincoln in Cornell eintraf. Aber er hatte ein längeres Schreiben und eine Liste mit von ihm in letzter Zeit erworbenen Büchern hinterlassen, mit der Bitte, Burr möge sie sichten und katalogisieren. Als dieser die Tür zu seinem Arbeitszimmer in der Bibliothek öffnete, traf ihn beinahe der Schlag. Zwar hatte White ihn vorgewarnt, die Liste beinhalte nur einen Teil der Neuerwerbungen, doch was er hier vor sich sah, übertraf seine Vorstellungen bei weitem. Bis an die Decke stapelten sich die Bücher. Wenigstens waren sie, wie George Lincoln mit ein wenig Erleichterung feststellte, nach Sachgebieten abgelegt. Was sich da auftürmte, war Arbeit für Jahre! Den größten Anteil hatte die Französische Revolution, an zweiter Stelle lag die Reformation, dicht gefolgt von Büchern und Dokumenten, die die Hexenverfolgung betrafen.
    Es klopfte an der Tür. Leise und zaghaft.
    Überrascht wandte er sich um, da bislang kaum jemand von seiner Rückkehr aus Europa wusste. Vor ihm stand eine junge Frau, die er noch nie gesehen hatte. Oder doch? Etwas irritiert starrte er auf den irdenen Topf in ihren Händen, in dem ein kugeliger Kaktus

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