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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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zurückzukehren, und beschloss stattdessen, seinen Freund Abraham Palingh aufzusuchen. Der handelte wie er selbst mit Leinwand, stammte ursprünglich aus Brabant, von wo seine Familie nach Holland geflüchtet war.
    »Schau meine Hände an!«, sagte Löher, kaum dass er eingetreten war.
    Der andere sah ihn verständnislos an. »Was soll damit sein?«
    »Alt!«
    Palingh warf seinem Freund einen Blick zu und wusste sofort, was diesen wieder einmal bedrückte. »Euer Aberglaube! Wie viel Leid hat er über die deutschen Lande gebracht! Gleichgültig, ob Katholiken oder Lutheraner, wenn es um Hexen und Zauberer geht, gibt es keine Konfessionen mehr. Schau doch nur einmal nach Lemgo im Lippischen, da geht es jetzt fast so zu wie bei dir daheim damals in Rheinbach. Dort sind sie evangelisch und beziehen sich auf ihren Luther, der gepredigt hat, dass das Töten von Hexen ein gerechtes Gesetz sei und er etliche Hexen selbst gesehen habe.
    Mein Vetter schreibt mir, in Lemgo sei Hermann Cothmann wieder Bürgermeister. 1667 kam er zum ersten Mal in dieses Amt und was tat er damals? Er trat sofort in die Fußstapfen seines Vorgängers, half diesem noch, den eigenen lutherischen Pfarrer als Hexer hinrichten zu lassen, und schickte gleich im ersten Amtsjahr siebenunddreißig Bürger ins Feuer. Jetzt ist er erneut Bürgermeister und es fängt schon wieder an in Lemgo.
    Der angeblich so gelehrte Herr Cothmann hat nichts dazugelernt. Das scheint bei ihm in der Familie zu liegen.
    Seine eigene Mutter hatten die Lemgoer auf den
    Scheiterhaufen gebracht, da war er um die fünfundzwanzig.
    Selbst das hat ihn nicht nachdenklich gemacht, genauso wenig wie seinen Onkel. Lieber studieren sie Bücher wie den
    ›Hexenhammer‹, Binsfeld, Bodin, Boguet, de Lancre und wie sie alle heißen oder schreiben selbst welche, wie eben der Bruder seiner Mutter, dieser Goehausen!«
    »Wieso, wer ist das nun wieder?« Löher hatte den Namen noch nie gehört.
    »Herrmann Goehausen? Den kennt jeder Jurist. Sein Buch gilt schon seit Jahrzehnten als das Werk schlechthin, um die Folter bei Hexereiprozessen zu rechtfertigen. Goehausen ist nämlich der Ansicht, dass ohne Folter keine Geständnisse zu bekommen seien!«
    »Dann ist er sich ja zumindest in einem Punkt mit der ›Cautio criminalis‹ einig!«, knurrte Löher.
    Abraham Palingh war Mennonit und die Mennoniten
    glaubten nicht daran, dass Dämonen Krankheiten über die Menschen bringen konnten und dass ein Pakt mit dem Teufel möglich sei. Für sie war das alles Aberglaube und schuld daran war mangelndes Gottvertrauen. Zwar lag die letzte Hinrichtung wegen Zauberei in Amsterdam schon an die hundert Jahre zurück, aber, die Hexenbrände in Deutschland vor Augen, hatte Palingh zur vorbeugenden Ermahnung der holländischen Behörden ein Buch über den Unsinn der Zauberei geschrieben, in dem er auch von den Erlebnissen seines Freundes Löher berichtete, ohne allerdings dessen Namen zu nennen.
    »Ja, Bücher verändern die Welt! Im Schlechten wie im Guten!«, sagte Abraham und deutete auf ein Buch, das aufgeschlagen auf dem Tisch lag. Es hatte ein etwas ungewöhnliches Format, war nicht wie üblich rechteckig, sondern quadratisch.
    »Das wäre etwas für dich. Du wärest auch einer, der ihnen eine Antwort geben könnte!«
    »Was ist das?«
    »Heinrich Schultheiß.«
    Hermann Löhers Gesicht lief wutrot an. »Dieses Arschloch!
    Dieser elende Blutsäufer! Hoffentlich hat ihn der Blitz beim Scheißen getroffen!«
    Palingh schmunzelte. Das war der Hermann Löher, wie er ihn kannte. Aufbrausend, geradeheraus und die Sprache deftig.
    »Ich lese es gerade. Er wollte den Beweis erbringen, dass Gott es nicht zulasse, dass Unschuldige hingerichtet würden!«
    »Ich weiß. Und ich hätte es mir schon längst gekauft, wenn es nicht teilweise in Latein wäre – du kennst ja meine Kenntnisse in dieser Sprache. Der Buirmann, dieser verkommene Hundeschläger, hat immer den hochgelehrten Doktor Schultheiß zitiert, wenn ihm nichts mehr einfiel. Auch der falsche Zauberrichter Doktor Moeden zählte zu seinen großen Bewunderern. Von Pater Freylink, du weißt schon, meinem Jugendfreund aus Rheinbach, habe ich gehört, die Kölner Theologen hätten an dem Machwerk kein gutes Haar
    gelassen.« Löher machte eine kurze Pause und fuhr dann immer noch wütend fort: »Er war ihr Lehrmeister, dem es nachzueifern, den es wenn möglich sogar zu übertreffen galt!
    Einmal hat er einen Schafhirten als Werwolf hinrichten lassen, den

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