Die Lichtfaenger
zusammen sind es an die viertausend Taler. Als dem Halfmann der Name Buirmann herausrutscht, schauen ihn die anderen beiden giftig an. Ich weiß jetzt, welches Spiel sie treiben. Die Böffgen hat in ihrer Vertrauensseligkeit dem Halfmann die Verstecke gezeigt, falls ihr einmal etwas zustoßen sollte, und der ist sofort nach ihrer Verhaftung zum Buirmann gerannt…«
»… der es wiederum dem Amtmann Schall gesteckt hat«, nahm Löher den Faden auf. »Der hat ihn ja schließlich hierher gebracht. Der Schall holt den Heimbach mit ins Boot, der ist Gerichtsschreiber und somit so etwas wie eine Amtsperson.
Außerdem haben sie das Geld dem Heimbach zu verdanken, der mit seinem Lästermaul die Prozesse gegen die Magd des Hilger Lirtz und die Grete Hardt vorangetrieben hat, die wiederum die Witwe Böffgen beschuldigten.«
»Aber wozu haben sie mich gebraucht? Ganz verstehe ich es immer noch nicht!«
Löher lachte, aber es klang alles andere als fröhlich.
»Gebraucht ist das richtige Wort. Du bist ihr Feigenblatt. Der Schall ist ein Gauner, ebenso wie der Halfmann, und vom Heimbach reden wir erst lieber gar nicht. Jeder weiß, dass er eine verschlagene Drecksau ist, nur traut es sich keiner laut auszusprechen. So können sie sagen: Schaut, der Gertzen war ebenfalls dabei und der ist eine ehrliche Haut!«
Hermann Löher erhob sich und trat ans Fenster. »Während sie also die arme Witwe im Rathaus zu Tode brachten, seid ihr eingebrochen wie die Räuber und habt in ihrem Haus bereits ihr Geld gezählt!«
Es klang nicht vorwurfsvoll, eher wie eine Feststellung.
Gerade wollte er sich vom Fenster wegdrehen, als er den Stadtboten die Straße herauflaufen und auf Gertzens Haus zuhalten sah. Martin Koch war um die dreißig, hatte das Gemüt eines Fleischerhundes und war nicht nur Löher zutiefst zuwider. Meistens war er voll wie eine Haubitze, und Löher musste sich immer wieder wundern, mit welcher Behändigkeit sich Koch trotz seiner angesoffenen Wampe bewegte. Auch jetzt war er kaum außer Atem.
»Ah, Ihr seid hier!«, schrie er nach oben, als er Löher erblickte. »Da kann ich mir schon einen Weg sparen! Die Schöffen sollen alle in einer Stunde im Gerichtssaal erscheinen!«
»Worum geht es?«
»Keine Ahnung! Anordnung vom Herrn Kommissar!«
Richard Gertzen und Hermann Löher sahen sich nur stumm an.
Eine gute Stunde später wussten sie mehr. Es ging um Hilger Lirtz, den Bauern, dessen Magd verbrannt worden war und die ihn bezichtigt hatte, mit ihr auf den Tanzplätzen gewesen zu sein. Der Lirtz, ein schon weißhaariger Mann, war einer der größten und reichsten Bauern von Rheinbach und einmal Bürgermeister der Stadt gewesen. Nach und nach hatte sein Augenlicht nachgelassen und vor ein paar Jahren war er ganz erblindet.
Betreten saßen sie nun alle in ihren Stühlen, Löher und Gertzen bildeten da keine Ausnahme. Wie von Sinnen schrie der Kommissar mit sich überschlagender Stimme auf den Schöffen Johann Bewell ein. Seine nur noch wenigen dünnen Haare klebten fettig an seinem glatzigen Schädel, in seiner Wut schob sich seine fleischige Oberlippe bis hinauf über das Zahnfleisch, in dem seine Zähne in einer unregelmäßigen Reihe standen.
»Das hier ist ein ordentliches Gericht! Wer es behindert, macht sich selbst verdächtig! Der soll nur Acht geben! Auch und gerade dann, wenn ein verwandtschaftliches Verhältnis besteht!«
»Der Schwiegervater meines Sohnes ist trotzdem kein Zauberer, das ist ausgemachter Blödsinn!«, schrie Bewell unbeeindruckt zurück. »Jeder der hier Anwesenden kann bezeugen, dass Hilger Lirtz ein gottesfürchtiger und rechtschaffener Mann ist!«
Er sah sich um, wollte Bestätigung. Aber kein Einziger sah ihn an, alle hielten die Augen niedergeschlagen, einige hüstelten verlegen.
»Wenn er kein Zauberer ist, dann kann er ja hier erscheinen.
Was spricht denn dagegen? Im Gegenteil! Es ist doch besser, wenn ein für alle Mal seine Unschuld erwiesen wird, als dass er sein ganzes Leben unter dieser Nachrede zu leiden hat!«
Buirmanns Wutanfall schien mit einem Mal wie
weggeblasen, so als hätte es ihn nie gegeben. Seine Stimme war ruhig und sachlich, nur in seinem Blick war ein tückisches Glitzern.
»Wer ist gegen die Festnahme des Bauern Hilger Lirtz?«
Niemand rührte sich. Der Kommissar wollte gerade
fortfahren, als Vogt Schwegeler aufstand.
»Mit Verlaub, Herr Kommissar, Ihr seid zu uns geschickt worden, um uns zu beraten. Was aber macht Ihr? Ihr reißt auch jetzt wieder
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