Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
Vom Netzwerk:
hat, als eindeutiger Beweis gilt, dass es sich um Hexenmale handelt. Bei den Nadeln aber, an denen ein wenig Blut hängt – na, ich frage die Herren, warum könnte das so sein?«
    Er stand nun da, den mageren Brustkorb aufgebläht wie ein kampfeslustiger Hahn und das spitze Kinn nach vorn geschoben.
    Niemand sagte etwas.
    »Na, wieso? Man braucht nicht viel Hirn, um darauf zu kommen!«, bohrte Buirmann unverschämt nach.
    Immer noch war es still, nur der Schöffe Halfmann steckte zögernd den Finger in die Luft.
    »Daneben gestochen!«, sagte er dann unterwürfig wie ein kleiner Schulbub, der ein Lob des Lehrers erheischen möchte.
    »Richtig! Genau so ist es! Unser trefflicher Meister hat einige Male knapp verfehlt, aber dennoch genug gefunden, um den Angeklagten des Teufelsbundes zu überführen!«
    Hilger Lirtz begann zu toben, bezeichnete Buirmann als Hundeschinder, Rosstäuscher und hinterhältigen Lumpen. Der Kommissar ließ sich davon nicht beeindrucken und gab dem Henker ein Zeichen. Dieser nickte wiederum Martin Koch zu, über dessen Gesicht daraufhin ein boshaftes Grinsen flog.
    Der blinde Lirtz stieß einen überraschten Schrei aus, als ihn die beiden an den Armen packten und hinüber zur Kammer schleiften, in der die peinlichen Untersuchungen
    vorgenommen wurden.
    »Schert ihm die Haare! Aber sorgfältig, nicht, dass er noch irgendwo ein Zauberamulett verstecken kann!«
    Der Alte versuchte sich lautstark zu wehren, sträubte sich aus Leibeskräften. Vergebens. Was wollte er, dazu noch in Fesseln, gegen zwei wesentlich jüngere Männer ausrichten?
    Schall von Bell, der Schreiber Heimbach und der Kommissar steckten die Köpfe zusammen, tuschelten und verschwanden dann ebenfalls in den Raum, aus dem abwechselnd Jammern und Schimpfen des greisen Bauern tönte.
    Als sie den Lirtz herausführten, war er nicht mehr wiederzuerkennen. Er sah aus wie ein geschorener Hammel, von seinen langen, schlohweißen Haaren war nichts geblieben, grauweiß spannte sich die Kopfhaut über seinem Schädel.
    »Ich frage Euch nochmals im Guten, Hilger Lirtz, bekennt Ihr Euch dazu, mit Eurer Magd auf dem Tanzplatz gewesen zu sein?«, bedrängte Buirmann sein Opfer.
    »Hört endlich auf damit!«, schrie der Bauer. »Das ist üble Nachrede. Seht mich an! Was soll ich dort als Blinder?«
    Aber der Kommissar ließ das nicht gelten. Es gebe dort andere Vergnügungen, die ziemlich pervers seien, und von den Blinden wisse man, dass deren Phantasie oft besonders stark ausgeprägt sei.
    Erneut gab er ein Zeichen, worauf sie den Lirtz wieder in die Kammer schleppten und dort auf den am Boden
    festgeschraubten Folterstuhl zwangen. Weder mit der Beinschraube noch mit dem Krokodilmaul war ihm ein Geständnis zu entlocken. Der Kommissar wurde zunehmend ungeduldiger. Jetzt schrie und brüllte er nur noch auf den Angeklagten ein. Zwischendurch ließ er sich vom Boten Koch den Becher nachfüllen, trank in großen, langen Schlucken.
    Mit einem Mal hielt er inne, beugte sich zum Lirtz und flüsterte ihm ins Ohr: »Glaube nur nicht, dass du mir entkommst. Wir tanzen jetzt zur Abwechslung nicht auf dem Tanzplatz, sondern hier!«
    »Galgentrott!«, rief er dann. »Wir tanzen jetzt den Galgentrott!«
    Der Henker löste die Schrauben des Stuhles, dann hoben sie Lirtz hoch, stellten ihn auf die Sitzfläche, legten ihm ein eisernes Halsband an, das innen mit Stacheln bewehrt war, und verzurrten den Eisenring mit Seilen an den Haken in den vier Ecken der Kammer. Da stand der Alte nun, hager,
    hochaufgerichtet und der Henker rüttelte und schüttelte den Stuhl, bis der Lirtz nur noch im Halsband hing. Der Bauer ächzte und stöhnte, aber auf jede Frage des Kommissars kam eine Beschimpfung, was diesen noch rasender machte.
    »Also gut!«, brüllte Buirmann, fasste nach einem Stock und drosch auf die gespannten Seile ein. »Dann schlagen wir die Laute!«
    Hilger Lirtz konnte nur noch krächzen, doch die Worte
    »Mörder«, »Schelme« und »Diebe« waren deutlich zu verstehen.
    Der Kommissar geriet außer Rand und Band. Den Kopf hochrot, die Nasenflügel gebläht und die Zähne gebleckt, sprang er um sein Opfer herum, stieß den Stuhl hin und her und kreischte: »Galgentrott! Wir tanzen jetzt den Galgentrott!«
    Selbst dem Henker wurde es zu viel. Er warf einen Hilfe suchenden Blick zum Amtmann, dem allmählich unwohl in seiner Haut wurde. »Herr Doktor Buirmann«, sagte er, »ich denke, für heute ist es genug!«
    Der Kommissar sah ihn kurz aus seinen

Weitere Kostenlose Bücher