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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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und der Pfarrer hatte den Beweis für seine These! Überraschenderweise gestand Tituba sofort –
    mit Sicherheit hat Parris das Geständnis aus ihr
    herausgeprügelt. Das war im Januar 1692. Bereitwillig gab sie zu, nicht die einzige Hexe in Salem zu sein, und benannte zwei weitere Frauen. Beide entsprachen dem Bild, das man sich von einer Hexe machte: die eine eine zerlumpte, streitsüchtige Bettlerin, die andere ein altes, zänkisches und mürrisches Weib. Jetzt kamen wieder die drei Mädchen ins Spiel: Sie bezichtigten eine Frau, der es ebenfalls zuzutrauen war, mit dem Teufel im Bund zu stehen. Bridget Bishop war Wirtin zweier Gasthäuser, in denen nächtens ausgelassene Feste gefeiert wurden. Und das mitten im sittenstrengen Salem! Zu alledem lief sie in extravaganter Kleidung herum! Während der Befragung der drei Angeklagten krümmten sich die drei Mädchen vor Schmerzen, wurden angeblich von Dämonen gebissen, gezwickt und geschubst. Die drei Frauen wurden zum Tod am Galgen verurteilt. Nun ging es erst richtig los.
    Immer mehr Besessene meldeten sich freiwillig und Annes Mutter zog mit ihrer Tochter im Gerichtssaal ein solches Spektakel auf, dass die Leute von weit her angereist kamen. In Wirklichkeit benutzte sie das Gericht, um politische Gegner ihres Mannes auszuschalten. Als sie jedoch den Geistlichen George Borroughs als Satans persönlichen Statthalter in Salem bezichtigte, ging das einigen einflussreichen Leuten doch zu weit. Borroughs nutzte das zwar nichts mehr, aber der Gouverneur verbot daraufhin die Anerkennung von
    Geistererscheinungen als Beweise!«
    »Und? Was hat das Ganze mit den Presbyterianern zu tun?«
    Taylor Martin hatte zwar interessiert zugehört, war aber leicht ungehalten, weil er keinen Bezug erkennen konnte.
    »Die Geschichte ist noch nicht zu Ende!«, erwiderte Burr freundlich. »In den folgenden Jahren wurden acht der Prozesse neu aufgerollt. Drei der vier Richter gestanden in allen acht Fällen Fehlurteile ein. Die damals zwölfjährige Anne war nun siebenundzwanzig und gab zu, bewusst gelogen und ein Schauspiel veranstaltet zu haben. Diese Enthüllungen führten zum Niedergang des fundamentalen Puritanismus. Es war nicht der Gott der Liebe, der diese Prozesse ermöglicht hatte, sondern der eisige Gott eines Johannes Calvin und Cotton Mathers. Ein Gott der Strafe und des schnellen Schwertes, der seine Feinde gnadenlos vernichtete. Der Begriff ›Puritaner‹
    war mit Blut befleckt. Die Gemeinden kehrten den Hardlinern den Rücken, formierten sich neu in der Congregational Church of New England und ein nicht unerheblicher Teil wandte sich den Presbyterianern zu!«
    »Das habe ich nicht gewusst!« Taylor Martin war
    beeindruckt. Offen hätte er es zwar niemals zugegeben, doch dieser Burr fing an, ihm zu imponieren. Er hatte Seitenhiebe gegen seine Kirche erwartet, zumindest unterschwellige Anspielungen, aber der Kerl hatte die Geschichte wie jemand erzählt, der einfach nur dasteht, ein Geschehen beobachtet und sagt, was er sieht. Als er bemerkte, wie Sandy George Lincoln verliebt ansah, war seine gerade aufkeimende Sympathie wie weggeblasen. Er kippte seinen Schaukelstuhl nach vorn, stand auf und verschwand im Haus.
    »Dein Vater macht es einem wirklich nicht leicht!«, knurrte George Lincoln.
    »Er macht sich Sorgen um mich, das musst du verstehen!«, lächelte Sandy besänftigend und fasste nach seiner Hand.
    »Seit zwei Tagen bin ich nun hier in Dublin. Das war die erste Frage, die er von sich aus gestellt hat. Schon der Empfang war kalt wie ein Winterabend in Alaska!«
    »Jetzt übertreibst du! Meine Mutter hat sich doch ehrlich gefreut, dich endlich kennen zu lernen!«
    »Deine Mutter, ja!«

    Nach dem abendlichen Tischgebet sorgte der Sergeant unmissverständlich dafür, dass die Stimmung blieb, wie sie war, nämlich gedrückt. Stumm wie ein Karpfen saß er da, nur seine Backen bewegten sich. Burrs Versuche, eine
    Unterhaltung mit ihm in Gang zu bringen, würgte er augenblicklich mit einer möglichst einsilbigen Antwort ab.
    George Lincoln war fast am Verzweifeln, als Mister Martin plötzlich seine Brille auf die Nasenspitze schob und ihn scharf fixierte.
    »Die Eltern sind also tot?«
    Was sollte die Frage? Das wusste er doch längst von Sandy!
    »Ja! Schon seit Jahren! Unsere Mutter ist dem Vater nach wenigen Wochen gefolgt! Sie…«
    »Todesart?«, unterbrach der Sergeant schroff.
    Burr war nun vollkommen perplex. Was sollte das werden?
    Eine Inquisition? »An

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