Die Lichtfaenger
seiner Behauptungen anzuführen, wonach die Hexen ihre Kinder sofort nach der Geburt dem Teufel weihen, wobei diese Kinder sowieso meist einer teufelsbuhlschaftnerischen Verbindung entstammen, wodurch das Böse bereits wie eine Erbkrankheit eingewurzelt sei. Da rief ich: Ist das deine Theologie, du schändlicher Mönch?! Zerrst du mit solchen Phantastereien unschuldige Frauen auf die Folterbank und erklärst mit solchen Winkelzügen Menschen zu Ketzern? So bist du selber ein schlimmerer Ketzer als Faustus und Donatus! Damit sprichst du ja direkt der Taufe ihre Gnadenwirkung ab! Da wurde der grausame Heuchler fuchsteufelswild und drohte, er werde mich als Förderer der Ketzerei vor Gericht bringen.
Kurz und gut, ich entriss das arme Weiblein unversehrt dem Rachen des Löwen. Der blutgierige Mönch Nikolaus Savini war moralisch vernichtet und für immer bloßgestellt.
Diejenigen aber, die das arme Weib verleumdet und vor Gericht gebracht hatten, wurden selbst empfindlich bestraft!«
Diese Darstellung war in sich schlüssig und logisch, ganz anders als das wütende Gegeifere des Juristen Bodin. Zudem hatte es Agrippa klaren Auges auf sich genommen, aufgrund dieser mutigen Verteidigung seines wohldotierten Amtes als Rechtspfleger enthoben zu werden.
Was Loos ihm ankreidete, war seine gelegentliche Nähe zu lutherischem Gedankengut, von dem auch Agrippas Schüler Johannes Weyer nicht frei war, aber er bemühte sich, das eine vom anderen zu trennen. Hatte er Weyer anfangs noch für einen Spinner und Feigling gehalten – so wie er ihm von Binsfeld geschildert worden war –, der vom sicheren Burgturm eines Landesfürsten aus lauthals herablärmte, der die Richter als Tyrannen, Folterknechte, Schlächter und wilde Räuber bezeichnete, so war er nun nicht mehr abgeneigt, ihm in manchen seiner Ansichten zuzustimmen. Je tiefer sich Loos in Weyers Schriften einlas, desto mehr wuchs seine Sympathie und seine Bewunderung. Ein Feigling würde sich vorsichtiger ausdrücken und sich hüten, die Schuld am Tod vieler unschuldiger alter Weiber nicht nur den Juristen und Medizinern, sondern auch den Theologen zuzuweisen, die schweigend dem gottlosen Treiben zusehen würden, anstatt die Menschen in christlicher Nächstenliebe zu unterrichten und zu ermahnen. War es im Trierischen denn nicht genauso? Zog nicht auch hier ein aufgepeitschter Pöbel durch die Straßen, Dörfer und Weiler und forderte immer noch mehr Blut? Was war erst vor ein paar Tagen losgewesen? Hatten sie nicht den Doktor Flade wie einen tollen Hund durch die Stadt getrieben, als er einen weiteren verzweifelten Versuch unternommen hatte, durch das Stadttor zu entkommen? Sie hätten ihn auf offener Straße erschlagen, wäre es ihm nicht im allerletzten Moment gelungen, in die Sicherheit des Domes zu fliehen.
Als Cornelius Loos weiterlas, zog er die Luft scharf durch seine Zähne. »…
so frage ich den Zauberern,
Teufelsbeschwörern, Wahrsagern, Hexen, Unholden, ja dem Teufel und allen Gespenstern und sonst dergleichen nicht einen Pfifferling nach, obwohl sie mir alle böse sind und sich an mir reiben werden.«
Und der Schluss verschlug ihm beinahe den Atem:
»Alles, was des Teufels Heere macht
Komm her
Ich hätt’ sein’ schier gelacht!«
Wer sich so wie Weyer gleich mit allen anlegte und sie offen verspottete, obwohl er eigentlich nur ihre Glaubenslosigkeit anprangerte, durfte sich nicht wundern, wenn ihm ein scharfer Wind entgegenblies und seinen Gegnern in ihrer Hilflosigkeit nichts anderes einfiel, als sein Ansehen zu beschädigen und ihm so jegliche Kompetenz abzusprechen. Die Juristen mokierten sich, er habe keine Rechtswissenschaften studiert, die Theologen protestierten, er sei keiner von ihnen, einige Mediziner gaben ihm Recht, andere versuchten ihm zu schaden, indem sie die Rechtmäßigkeit seines Doktortitels anzweifelten.
Loos hatte bei seiner Ankunft in Trier im Haus einer älteren Witwe Quartier bezogen, die sich geschmeichelt fühlte, einen Professor zu beherbergen, und ihn entsprechend umsorgte. Sie war die Zuvorkommenheit und Rücksichtnahme in Person, die seinen strengen Tagesablauf kannte und sich danach richtete.
Wenn er morgens von der heiligen Messe kam, stand das nicht gerade üppige, aber seiner Bedürfnislosigkeit entsprechende Frühstück bereits auf dem großen, runden Tisch inmitten seiner Studier- und Wohnstube, an die sich eine kleine Schlafkammer anschloss. Meistens war es eine große Schale heißer Milch, in die er
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