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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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Autor angegeben.
    Dieser hat ihm daraufhin einen geharnischten Brief geschrieben und ihm mit einer Klage gedroht, wenn er solche Machenschaften nicht unterlasse. Der richtige Laymann fordert, dass erfolterte Geständnisse nicht als erbrachte Beweise gelten dürften und niemand ohne ausreichende Indizien und nur auf Denunziationen hin vor Gericht gezerrt werden dürfe. Immerhin war er es, der in Ingolstadt erreicht hat, dass im Zweifelsfall juristische Gutachten eingeholt werden. Ohne Gutachten hätten sie dort vor wenigen Jahren sechs Waisenkinder bedenkenlos als Hexer hinrichten lassen, in der festen Überzeugung, Recht zu sprechen. So aber wurden die Kinder in die Obhut von Handwerkern gegeben. Ist das ein Mann, der obrigkeitshörig seinen Mantel in den Wind hängt?
    Das Machwerk, von dem wir hier reden, soll von dem Mann sein, der vor allzu eifrigen Hexenverfolgungen warnt, bei denen ganze Landstriche entvölkert werden könnten? Hat er nicht Recht? Schaut euch doch um!«
    Sie schwiegen betreten, auch noch, als Spee sich schon von ihnen entfernt hatte.
    Ein klammer, grauer Sonntagmorgen lag über der Stadt, von den Paderquellen schob sich Nebel in die Gassen, schwärzte die Pflastersteine und verdichtete sich in der Gefangenschaft zwischen den Häuserwänden. Mit Lumpen notdürftig
    verhängte Fenster und faustgroße Einschusslöcher in den bröckelnden Mauern zeugten von den marodierenden Truppen Christians von Braunschweig, der schon mehr als ein Mal in Paderborn zu Besuch gewesen war. Das letzte Mal 1626.
    Eine zweispännige Kutsche hielt auf das Jesuitenkolleg zu, klappernde Hufe mischten sich mit dem schweren Mahlen der Räder. Was zunächst als Gerücht umgegangen war, hatte sich doch als wahr erwiesen. Ab heute hieß der Rektor des Paderborner Konvents Hermann Bavingh. Ausgerechnet Bavingh! Alle Bewohner des Klosters waren angetreten, standen vor der Pforte Spalier, manch einer von ihnen mit gemischten Gefühlen. So auch Friedrich Spee. Nein, der Herr ließ wirklich keinen Kelch an ihm vorübergehen! Langsam und bedächtig stieg Bavingh aus, zupfte seine Soutane zurecht und straffte dann seinen Oberkörper wie der Feldherr vor seiner Truppe, von der er den zustehenden Respekt erwartete.
    »Gelobt sei Jesus Christus!«
    Im Chor schallte der Gruß zurück.
    »Wie Ihr wisst, hat mich die Ordensleitung hierher berufen.
    Ich werde mich mit Gottes Hilfe darum bemühen, Euch ein verständnisvoller und gerechter Vorgesetzter zu sein. Man sagt mir nach, dass ich eine straffe Führung pflege. Manche sehen das insgeheim als Bedrohung an, ich aber fasse es als Lob auf.«
    Seine Augen glitten über die Gesichter. Er kannte sie fast alle, war mit ihren Stärken und Fehlern vertraut, hatte als Provinzial Einblick in ihre Lebensläufe und Beurteilungen, wusste, wer gegen wen intrigierte und wer mit wem sympathisierte. Sein Blick blieb für einen kurzen Moment an Spee hängen, wanderte ohne Anzeichen einer Regung weiter.
    Er ist kein schlechter Mensch, in seinem Innersten meint er es sogar gut. Aber seine Entscheidungen kommen nur aus dem Kopf, nicht aus dem Herzen!, dachte Spee bei sich.
    Eine Abordnung der Stadt überbrachte in schier endlosen Reden – angefangen bei der Geschichte des Klosters über die Bedeutung des Ordens für Paderborn – Willkommensgrüße.
    Manch einer begann schon von einem Fuß auf den anderen zu treten, als Bavingh kurz entschlossen das Wort ergriff. Aus den Augenwinkeln hatte er gesehen, wie der nächste Festredner sein Manuskript in seinem Hut zu glätten versuchte.
    »Ich danke allen, die mich so freundlich begrüßt haben!
    Wenn es recht ist, halten wir um zwei Uhr einen
    Gottesdienst!«
    Man konnte Bavingh vieles nachsagen – aber ein Freund langer Worte war er nie gewesen.
    Knapp fiel denn auch die persönliche Begrüßung aus.
    Während er für den einen und anderen mehr Zeit fand, blieb er vor Spee nur kurz stehen. »Na, haben wir uns wieder gegenseitig am Hals?«, meinte er beinahe jovial und lächelte säuerlich.
    Am folgenden Dienstag, Spee kam gerade von der
    Universität zurück, wurde ihm gemeldet, er solle sich unverzüglich beim Rektor melden. Die Sache mit Rom konnte es nicht sein, solche Dinge dauerten länger.
    Einsam hallten seine Schritte auf den Steinplatten des Flures, er spürte, wie sein Puls schneller wurde, je näher er der Tür von Bavinghs Arbeitszimmer kam. »Herein!« Es klang nicht wie eine Aufforderung, eher wie ein Befehl.
    »Ach, Pater Spee!« Die Miene des

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