Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
Vom Netzwerk:
Rektors war
    undurchdringlich, nur seine Haltung verriet Ablehnung.
    »Kaum zwei Tage erst bin ich in Paderborn! Zwei Tage – und schon gibt es Ärger! Nicht mit irgendjemandem, nein, mit wem? Mit Pater Spee!« Bavingh holte tief Luft und seine Stimme wurde lauter. »Was glaubt Ihr, wer Ihr seid? Was nehmt Ihr Euch heraus? Was maßt Ihr Euch an?« Nun hielt es ihn nicht mehr im Sessel, er sprang auf und stellte sich breitbeinig vor Spee. »Was glaubt Ihr, wo ich heute Vormittag war? Bei Bischof Pelking und bei Lennep, dem Rektor des Kollegs! Und was war? Schon der dritte Satz des Gespräches war eine Beschwerde über Euch! Bei beiden!«
    Spee hätte zu gern gefragt, wer zuerst die Sprache auf ihn gebracht hatte, war sich aber sicher, es auch so zu wissen.
    »Langsam verliere ich die Geduld! Ihr wollt zu den letzten Gelübden zugelassen werden? Der Orden soll sich an einen Mann binden, der ihm nichts als Schaden zufügt? Der nichts als Scherereien macht, sich nicht einordnen kann? Der die Fürsten beleidigt, Beamte der Dummheit bezichtigt, Mitglieder der Kirche in den Schmutz zieht und die Jugend verdirbt?!«
    »Das…«
    »Schweigt!«, fuhr ihn Bavingh an. »Der Rektor der Universität ist dafür, Bischof Pelking ist dafür und ich bin ebenfalls dafür! Hiermit entziehe ich Euch mit sofortiger Wirkung die Lehrerlaubnis! Keine Widerrede! Ihr werdet als einfacher Beichtvater abgestellt, so lange, bis Ihr zur Besinnung kommt. In der Zwischenzeit könnt Ihr Euch um die angeklagten Hexen kümmern, vielleicht gehen Euch dann endlich die Augen auf!« Mit einer herrischen Bewegung des Kinnes wies er Spee die Tür.

    15

    In Bordeaux wurde Burr tatsächlich fündig. Nachdem er den Buchhändler auf zweihundert Franc heruntergehandelt und die gewünschten zwei prächtigen Bände über französische Kathedralen für Whites Architektursammlung erstanden hatte, wollte er sich nun in Ruhe im Laden umsehen. Hinten in einem Winkel lag ein etwa sechs Fuß hoher Stapel, fein säuberlich mit einer bereits ausgebleichten, ehemals vermutlich hellblauen Kordel zusammengebunden. Wie es aussah, hatte der Buchhändler noch keine Zeit gefunden, den Haufen genauer zu inspizieren.
    George Lincoln öffnete behutsam die Verschnürung, legte den obenauf liegenden Karton beiseite, hob das erste Blatt hoch, dann das zweite, dritte, vierte. Was er hier in Händen hatte, ließ ihn die Luft anhalten. Nach außen hin gelangweilt, innerlich aber fast zum Zerreißen gespannt, blätterte er weiter in den Papieren, zog da und dort scheinbar wahllos ein Blatt heraus, öffnete eine Kladde, schloss sie wieder, fragte den Händler, um diesen abzulenken, ob er nicht doch noch etwas zu de Lancre finden könne, schließlich komme er so schnell nicht wieder nach Bordeaux. Das hatte er ihn zwar schon einmal gefragt, aber etwas Besseres fiel ihm in der Aufregung nicht ein.
    Es bestand kein Zweifel. Was da vor ihm lag, war das Finanzarchiv des Grafen von Artois, des letzten
    Bourbonenkönigs von Frankreich! »Hoffentlich sind sie halbwegs geordnet!«, dachte Burr, hob die Papiere stapelweise zur Seite, um weiter nach unten zu kommen. Aber im untersten Teil lag ganz anderes, etwas von einem Herzog von Bordeaux, der um 1850 herum gestorben sein musste, wie George Lincoln überschlägig schätzte. Das gehörte zwar irgendwie dazu, aber was ihn im Augenblick viel mehr interessierte, war Charles X.!
    Endlich hatte er das letzte Blatt dieses Teiles gefunden – und tatsächlich, es schien komplett zu sein, durchgängig von 1772
    bis zu dessen Todesjahr 1836! Verträge waren darunter, Gebietskarten, die bis ins fünfzehnte Jahrhundert zurückgingen. Insgesamt waren es sicherlich mehrere tausend Blatt, viele von ihnen mit Stempeln übersät und mit ebenso vielen Unterschriften versehen!
    »Heiliger Bürokratius!«, schmunzelte Burr vergnügt und schob die Papiere wieder zusammen.
    »Ich habe alles nochmals nach de Lancre oder etwas Ähnlichem durchsucht – und nichts gefunden!«, meldete sich der Buchhändler wieder. Sein Blick fiel auf die geöffnete Verschnürung und die lose am Boden liegenden Bänder.
    »Haben Monsieur noch etwas gefunden?«
    »Hm«, machte George Lincoln und bemühte sich um einen unentschlossenen Gesichtsausdruck.
    »Was wollen Sie denn dafür? Ich meine, für alles
    zusammen?«
    Der Buchhändler kratzte sich unschlüssig den Kopf. »Tja«, meinte er dann, »ich habe es erst vor ein paar Tagen hereinbekommen, ich weiß nicht einmal genau, was das alles

Weitere Kostenlose Bücher