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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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vorsichtig! Es wird schon gemunkelt, du seiest möglicherweise selbst ein Hexer! Ich weiß um deinen größten Wunsch, die Profess abzulegen, aber du lieferst deinen Gegnern bereitwillig Munition!«
    »Ich bin mir dessen bewusst«, antwortete Spee, »aber ich kann und vor allem darf ich nicht schweigen! Das tun schon genug andere! Mein Amt ist es zu warnen, das gebieten Nächstenliebe und Christenpflicht. Wer für seinen Nächsten eine drohende Gefahr sieht und ihn nicht warnt, der hasst ihn, der liebt ihn nicht!«
    Die folgenden Tage und Wochen versank Spee immer wieder in endloser, tiefer Traurigkeit. Eine neue Welle von Hexenprozessen schwappte nicht nur über das Bistum Paderborn, auch aus Würzburg wurden schwere Verfolgungen unter Adolf von Ehrenberg mit Hunderten von Hinrichtungen vermeldet, ebenso aus Bamberg. Und im kurkölnischen Amt Fredeburg war Heinrich Schultheiß so weit gegangen, ein zwölfjähriges Mädchen festsetzen zu lassen.
    Sah denn niemand die Zusammenhänge? Der Kölner
    Fürstbischof Ferdinand von Bayern war der Bruder von Herzog Maximilian von Bayern, der sich ebenfalls als unbarmherziger Hexenjäger hervortat, ja noch grausamer vorging als sein Bruder. Ferdinand und der andere Bruder Philipp waren in Trier bei den Jesuiten gewesen, just in der Zeit, als dort die Scheiterhaufen loderten, als sie Dietrich Flade hinrichteten und Binsfeld sein Buch vollendete, das er dann in der zweiten, in München erstmals ins Deutsche übersetzten und beim Drucker Berg verlegten Auflage den beiden Fürstensöhnen widmete. Wer das wusste, wunderte sich bestimmt nicht mehr, wieso das Werk besonders bei den bayerischen Juristen gleich nach seinem Erscheinen so schnelle Verbreitung gefunden hatte, dass innerhalb eines Jahres eine zweite deutsche Ausgabe gedruckt werden musste.
    Und dass sich der junge bayerische Justizrat Fickler wie schon sein Vater beinahe sklavisch an Binsfeld sowie dessen juristisches Leitbild Bodin hielt, war ebenfalls kein Geheimnis.
    Im Kloster ging eine Reihe von Mitbrüdern Spee aus dem Weg, andere wiederum suchten seine Nähe, je mehr sich die Nachrichten über das Wüten der Hexengerichte überschlugen.
    Was ihm zu denken gab, war der Umstand, dass man ihn von oben her in Ruhe ließ. Kein Vorgesetzter wies ihn zurecht, kein Bischof bestellte ihn zu sich. Irgendetwas braute sich zusammen, das spürte er. Zwar war die Oberfläche des Sees noch spiegelglatt, aber darunter brodelte es.
    Ob Bavingh von alledem wusste? Sicher hatten sie es ihm nach Köln gemeldet.

    Einige Monate waren seither ins Land gegangen, als der Pater Rektor Friedrich Spee auf die Fortschritte seines neuen Werkes, des »Güldenen Tugendbuches«, ansprach.
    »Gut«, antwortete Spee, »gut. Es wächst, langsam zwar, aber beständig!«
    »Habt Ihr es schon gehört?«, fragte der Rektor wie nebenbei.
    »Was denn?«
    »In Balve haben sie versucht, Kommissar Kaspar Reinhards während des Abendessens zu erschießen. Es soll eine ganze Gruppe von Verschwörern gewesen sein, aber Reinhards sei nur verletzt, heißt es. Dafür sollen sein Diener und der Gerichtsschreiber tot sein.«
    Balve! Vor zwei Jahren hatte es dort auf Druck der Bevölkerung begonnen. Noch vor Eintreffen der Kommission, also noch vor der ersten Verhaftung, hatten sie schon buchstäblich mit Feuereifer Holz für die Scheiterhaufen zusammengetragen! Über zweihundertfünfzig Einwohner, das war fast jeder zwanzigste, waren bislang auf einem davon gelandet.
    »Haben sie die Attentäter gefasst?« Seine Stimme klang müde, angewidert.
    »Ja. Doktor Schultheiß ist als Richter bestellt und soll sobald als möglich ein Urteil fällen!«
    Spee holte tief Luft. »Gnade ihnen Gott!«, flüsterte er dann kaum vernehmbar.
    Er und Schultheiß waren sich schon mehrfach begegnet und Spee wusste nur zu genau, dass der furchtbare Ruf dieses kleinen, bigotten Mannes mit den eiskalten Augen begründet war. Sein letztes Gespräch, vielmehr der Ansatz dazu, war ihm noch in unguter Erinnerung. Barsch hatte der Hexenrichter ihn angefahren, man könne keine Unschuldigen prozessieren, das würde Gott niemals zulassen, und er solle sich lieber um das Seelenheil der Verurteilten kümmern und sich nicht in Dinge einmischen, von denen er nichts, aber rein gar nichts verstünde. Im Übrigen solle er sich in Acht nehmen, Priester seien besonders gefährdet!
    Spee spürte, wie es in seinem Kopf zu pochen begann. »Ich muss hinaus, an die frische Luft! Entschuldigt mich bitte!«
    Er

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