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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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Christ« oder
    »Lasst uns erfreuen herzlich sehr« schrieb? Das hatte er sich schon gefragt, nachdem er die »Cautio« gelesen hatte. Auf der einen Seite der sanfte, von Liebe zu Gott und allem Lebenden durchglühte Poet, auf der anderen der zornige, scharfe Ankläger? Wie Spee so dastand, wusste der Provinzial, was gleich kommen würde.
    »Nein!«
    In dem einen Wort lag eine solche Wucht und
    Entschiedenheit, dass Widerspruch oder gar ein Befehl zum Gehorsam von vornherein sinnlos war.

    17

    Pater Adrian Horn war außer sich. In einem Kölner Buchladen hatte er es selbst in der Hand gehabt. »Das muss unverzüglich nach Rom gemeldet werden. Es ist ungeheuerlich, was sich unser Mitbruder Spee herausnimmt! Schon die zweite Auflage der ›Cautio criminalis‹ – natürlich wieder ohne Druckerlaubnis des Ordens! Diesmal wurde sie nicht in Rinteln gedruckt, sondern in Frankfurt. Vermutlich hat der Rintelner Drucker kalte Füße bekommen, weil er beim letzten Mal nur knapp an einer Anklage wegen Druckes ohne Imprimatur
    vorbeigeschlittert ist!«
    Mohr und Roestius machten bedenkliche Gesichter und nickten heftig.
    »Wer hat es diesmal gedruckt?«, fragte der Provinzial mit ruhiger Stimme.
    »Im Vorwort ist ein Johannes Gronaeus Austrius genannt, offensichtlich ein Österreicher. Er schreibt, er habe es auf seine Kosten drucken lassen, auf der Grundlage eines von einem Freund in Marburg übergebenen Manuskriptes! Das riecht doch…!«
    »Pater Peter, mäßigt Euch und unterlasst die
    unterschwelligen Verdächtigungen!«, wies ihn Nickel scharf zurecht. »Marburg ist lutherisch. Wie kommt die Vorlage dorthin? Fragen wir doch Pater Friedrich selbst!«
    Spee hatte die Tür noch nicht hinter sich geschlossen, als Pater Horn ihn anfuhr: »Kennt Ihr einen Johannes Gronaeus Austrius?«
    »Nein. Warum?«
    »Er hat die ›Cautio criminalis‹ neu herausgegeben!«, kam Nickel Pater Horn zuvor.
    »Er nimmt den Mund ziemlich voll und behauptet, etliche Nationen und Fürsten hätten nach der Lektüre bereits Hexenprozesse abgebrochen!«, warf Mohr dazwischen und sah sich triumphierend um. »Er lügt, dieser Austrius! Mir ist kein einziger Abbruch bekannt! Oder Euch?!«
    »Vorangestellt ist ein Spruch von Seneca: ›Ich will dir zeigen, was den großen Herren mangelt und was denen fehlt, die schon alles besitzen: einer, der die Wahrheit spricht!‹ Nicht nur, dass er die Berater der Fürsten als Schleimer hinstellt, er beschimpft die Fürsten selbst als Dummköpfe! Aber damit nicht genug…«, Horn war nun sichtlich erregt, »anstatt sich zu mäßigen, hat er den Inhalt einzelner Kapitel noch verschärft!
    Ich habe es gelesen, jedenfalls teilweise!«
    »Wen meint Ihr mit ›er‹?«, wollte der Provinzial wissen.
    »Da kommt nur einer in Betracht! Hier steht er: Pater Friedrich Spee!«
    »Was hast du zu deiner Rechtfertigung vorzutragen?«
    Nickels Stimme fuhr scharf durch den Raum.
    »Wenn ich etwas schreibe, bin ich nie ganz damit fertig. Ich verbessere da etwas, formuliere einen Satz um, korrigiere einen Irrtum, ergänze Ungenügendes, füge neue Erkenntnisse ein und gebe es Freunden zum Lesen, um mich zu
    vergewissern, dass es auch verständlich ist. Aber ich kann nicht verhindern, dass meine Schriften in falsche Hände gelangen!«, verteidigte sich Spee.
    »Das passiert nun schon zum zweiten Mal! Einen Verweis deswegen hast du vom General schon bekommen!«
    Nickels Augen schienen nun Funken zu sprühen.
    »Johannes Gronaeus«, murmelte Pater Roestius, der sich bisher auffallend zurückgehalten hatte, »Johannes Gronaeus, der Name sagt mir etwas, aber ich komme nicht darauf!« Eine Weile blieb er stumm, wandte sich dann an seinen Mitbruder Horn. »Woher, sagt Ihr, hat dieser Gronaeus das Manuskript?«
    »Aus Marburg. Von den Lutherischen. Auch die fangen jetzt anscheinend an, so ein Machwerk ernst zu nehmen!«
    »Machwerk?! Ihr beleidigt eine Leuchte unseres Ordens, den großen Adam Tanner, der vieles von dem geschrieben hat, was ich nur wiederhole! Hat nicht schon Nero die ersten Christen gefoltert und viele haben unter der unerträglichen Pein gestanden und andere denunziert? Hat nicht Nero die Scheiterhaufen vorweggenommen, indem er die Verurteilten reihenweise als lebende Fackeln an der Via Appia aufstellen ließ? Darauf bezieht sich Tanner, nämlich dass Gott dem Menschen den freien Willen gibt und so auch nicht verhindert, dass Unschuldige hingerichtet werden, was Ihr aber vehement bestreitet! Waren demnach die Apostel

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