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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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schwer, dass George Lincoln einige Mühe hatte, ihn in den Karren zu verfrachten. Wie er ihn nach oben in sein Zimmer bekommen sollte, daran dachte er vorerst lieber nicht. Kaum bog er mit dem quietschenden und eiernden Leiterwagen um die Ecke zu seiner Straße, sprang ihm auf dem Gehsteig eine hagere Gestalt in unförmiger Bekleidung in die Augen.
    »Ich habe mir gedacht, so etwa um diese Zeit müsstest du zurück sein!«, sagte Gregory lächelnd, während seine Hände schon nach den Bändern der Verpackung griffen.
    »Wo hast du denn den Karren her?«, wollte Burr wissen, während sie über die enge Treppe nach oben ächzten.
    »Von der Nachbarin. Seit ich da bin, steht er bei ihr unbenutzt im Hinterhof!«
    Gleich nach Mittag suchte George Lincoln den Buchhändler auf und handelte ihn auf die Hälfte des Preises herunter.
    Anschließend erstand er bei einem Kistenmacher einen stabilen Kasten. Den Leiterwagen hatte er gleich
    mitgenommen, um die Wege nicht doppelt machen zu müssen.
    Zurück auf seinem Zimmer, ging er unverzüglich daran, seine Beute genauer zu sichten. Es war schon weit nach Mitternacht, als er noch einen Brief an White aufsetzte, indem er ihm Umfang und Inhalt der gefundenen Schätze schilderte.
    »Wenn Sie mich sehen könnten!«, schrieb er. »Am Kopfende meines Bettes stapeln sich die Papiere und Bücher. Ich glaube, dass ich heute Nacht sehr schlecht schlafen werde!«
    Als er den Brief am nächsten Morgen zur Post brachte, war ein Schreiben von White da, in dem dieser ihn bat, unverzüglich nach Italien zu fahren, genaue Instruktionen finde er in der Anlage.
    »Um Gottes willen!«, entfuhr es Burr und er dachte im selben Augenblick an Pee. Wie sollte er ihr das wieder beibringen?

    16

    In Köln erregte ein neuer Fall von Hexerei die Gemüter. Die zweiundzwanzigjährige Anna Segens sollte vom Teufel besessen sein. Der Fall wäre vielleicht einer unter vielen geblieben, wäre der Exorzismus nicht von den beiden Jesuitenpatres Hermann Mohr und Adrian Horn vorgenommen worden, die schon in den Fall Henot verwickelt gewesen waren, und wäre nicht kurz vorher das Buch »Cautio Criminalis seu de processibus contra sagas« – »Rechtliche Bedenken wegen der Hexenprozesse« erschienen. Es stammte angeblich aus der Feder eines katholischen Theologen, der seinen Namen nicht preisgeben wollte. Im Schlusswort stand, der Verfasser habe sich nicht zum Druck bewegen lassen und daher sei ein frommer Diebstahl des Manuskriptes begangen worden. Von der ersten bis zur letzten Seite ging es in einer unerhörten, geradezu zornigen Art gegen die Hexenprozesse, die Folter, die Obrigkeit, gegen Beamte, Richter und willfährige Geistliche. Was zuerst gerüchteweise nur im Orden kursiert war, war bald zur Gewissheit geworden. Obwohl Arnold von Waldlois einen Drucker im entfernten Rinteln aufgetrieben hatte, dazu sogar einen evangelischen, hatte sich die Urheberschaft nicht lange verheimlichen lassen, dazu war die Schrift durch zu viele Hände gegangen. Kein Zweifel, der Verfasser war Friedrich Spee von Langenfeld, und der leugnete es nicht einmal! Das Einzige, was er bestritt, war, das Werk selbst in Druck gegeben zu haben, was ja der Wahrheit entsprach. Bischof Pelking hatte wütend an den Fürstbischof berichtet, es sei ein pestverseuchtes Buch, das aber von den Paderborner Studenten begeistert gekauft werde und inzwischen in so großer Stückzahl verbreitet sei, dass der angerichtete Schaden kaum wieder gutzumachen sei. Das war im Mai 1631 gewesen. Wer Spee gerettet hatte – wenn auch nur vorläufig –, war ausgerechnet der Schwede Gustav Adolf, der mit einem großen Heer auf Paderborn vorgerückt war.
    Überstürzt war das dortige Jesuitenkolleg geschlossen worden und die Patres waren in das sicherere Köln übergesiedelt.
    Von den Anschwärzungen durch seine Paderborner
    Mitbrüder in Rom war nichts übrig geblieben. Nun
    unterrichtete Spee in Köln Moraltheologie und war so einsam wie noch nie in seinem Leben. Gott schien wirklich keinen Kelch an ihm vorübergehen zu lassen, ihn immer noch härteren Prüfungen unterziehen zu wollen. Er zwang ihn, mit seinen schärfsten Gegnern unter einem Dach zu leben. Mit Mohr und Horn saß Spee nun am Tisch, ausgerechnet Mohr und Horn, die den Verfolgungen das Wort redeten und die Argumente seines Buches rundherum ablehnten, ja nicht einmal zu einer Diskussion bereit waren. So musste sich ein Verfemter fühlen, mit dem niemand redete, von dem jeder abrückte, dem jeder

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