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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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der sich jeder umdreht, nach der es viele verlangt; zu zweit mit ihr das Fest des Tages, den Abend also, zu verbringen und sich nicht mit einer Schauspielelevin irgendwo herumzudrücken. Oder mir an manchen Abenden den Kopf zu zerbrechen, wohin ich zum Abendessen gehen soll. Sicher, es wäre gut gewesen, mich irgendwohin zu verabreden, wo ich einen mir genehmen Menschen treffen könnte. Ängstlich schaue ich mal hier, mal dort hinein, ob ich nicht diesen oder jenen Langweiler erblicke, der sich bei mir ansetzen, mir die Lust am Essen und am Leben nehmen könnte. Manchmal gehe ich zum Essen in den Club und treffe dort keinen von meinen Leuten an, zufällig hatten sie alle eine Einladung für den Abend. Ich sitze allein in der Ecke, da geht mir dann irgendeine passende Damengesellschaft so schrecklich ab. In meinem ganzen Leben habe ich von Frauen nur den Nachmittag bekommen. Und wie oft hat sich auch der noch zerschlagen! Da konnte sie einmal nicht kommen, weil sie Schnupfen hatte, ein andermal, weil ihr Mann unverhofft heimgekehrt war, weil sich plötzlich ein guter Freund einstellte, sie Verwandte vom Land überfielen oder einfach, weil es regnete. Der Freiheit, die man so vergöttert hat, dieser Traumgestalt sind die Röschen von den Wangen gefroren, ein Totenkopf kam zum Vorschein; der blühende Garten Eden wird zur Sahara: Einsamkeit.
    Was meine Geliebte wohl sagen würde, wenn ich sie mitfolgendem Vorschlag überfiele: Liebste 5Fleurs, lassen Sie sich doch von diesem Herrn scheiden und werden Sie meine Frau; mich gewiss fragend ansehen,ob das wirklich mein Ernst ist, und dann laut auflachen: Haben Sie den Verstand verloren? Oder wenn ich sie auf den Knien bäte, ein Kind von mir zu haben. Mein Gott, mein Gott. Und ich? Könnte ich mich, auch wenn ich sie liebte, tatsächlich entschließen, sie, falls sie zufällig von ihrem Mann geschieden würde, zu mir zu nehmen, mit dem Kind eines anderen? Oder würde ich, wenn sie einen Unfall hätte und man ihr ein Bein amputieren müsste, auch dann ihr Geliebter bleiben oder doch nur noch ein guter Freund? Es gibt keine Liebe, mein Freund, es gibt keine; Lüge ist jede Liebe: Es gibt nur eine einzige Liebe auf der Welt, und die ist nicht in der Musikalienhandlung zu haben, sondern beim Juwelier, wo man die beiden Ringe ersteht. Dies ist die einzige Liebe: Langeweile, Krankheit, Hässlichwerden, Sich-anderswohin-Träumen, tausendmal Ausreißen-, Fliehenwollen und doch immer bleiben müssen: sich gegenübersitzen und einander ins vergreisende Antlitz schauen und schließlich das Sterben des andern mitansehen: das ist die Liebe.
    Maienabend, die Ulmen neben dem Trottoir sind so prall wollig, dass sich die Äste gegenseitig blockieren; die Blumenfrau schleppt einen Korb mit kleinen Wildrosen, aus dem Kaffeehaus musiziert der Zigeuner bis auf die Straße hinaus; ich bin durch und durch von einem Übelsein erfüllt, habe heute schon die vierzigste Zigarette gequalmt. Wie lang soll diese Borgerei, Schleicherei, Wegelagerei noch weitergehen, die in meinem Leben die Liebe ist. In diesem Sommer werde ich sechsundvierzig. Ihr Gatte ist jünger als ich, und so ist es nicht zum ersten, auch nicht zum zweiten Mal. Unlängst hielt mich ein Herr auf dem Donaukorso an, wir waren Klassenkameraden; neben ihm ein hübscher, muskulöser junger Mann: Hallo Miki, das hier ist mein Sohn, er steht gerade vorder Matura. Hin und wieder begegne ich Frauen, mit denen ich irgendwann einmal etwas gehabt habe: Wie geht es Ihnen? Was schreiben Sie gerade? Und Sie, wohin geht’s im Urlaub? Über das, was gewesen ist kein Wort, kein Blick, keine Spur im Tonfall, die darauf hinweist, dass diese zwei Menschen einmal Mund auf Mund geatmet haben, nackt. Wo ist das alles geblieben? Mein Herz gleicht einer Blumenvase, die immer leer bleibt, immer verwelken die Blumen darin. Wie oft habe ich mich geniert, wenn meine Ohren mitanhören mussten, was mein Mund gesprochen, was ich, um die Gunst einer Frau buhlend, wie ein Komödiant seine Rolle wohl zwanzig-, ja dreißigmal gesagt habe. Warum habe ich sie verlassen, die ich verließ? Umsonst martere ich manchmal mein Gedächtnis mit der Frage, wie es zum Bruch mit dieser oder einer anderen gekommen ist; und diese leichtfertige Jugend, ich kann mir nicht mal mehr vorstellen, wie ich damals, ohne Streit, ohne Abschiedsbrief, ohne telefonische Absage zu einer einfach nicht mehr hingegangen bin, weil ich sie satt hatte. Es gab Frauen, bei denen ich mir schon während des

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