Die Liebe am Nachmittag
Tag erließ ich ihr den ersten Akt, beimnächsten Mal den dritten. Der erste klappt einwandfrei, mit dem dritten haben wir ja noch Zeit.
Sie schöpfte keinen Argwohn.
Berichtet voller Stolz, dass allmählich auch der Herr Professor zufrieden mit ihr ist. Seit Anfang der Woche geht sie jetzt jeden Abend zu ihm.
Und auch sonst hat sie mir allerlei Sensationelles zu erzählen.
Die Telefon-Tini hat ihr durch eine Schauspielerin ohne Engagement, mit der sich Iboly öfter im Széchenyi-Bad getroffen hat, ausrichten lassen, dass sie sich über Ibolys Besuch freuen würde. Telefon-Tini war ehemals Elevin, nur im Telefonbuch steht sie als Bühnenkünstlerin. Iboly ist ihr schon ein paar Mal bei Schulaufführungen begegnet und weiß von ihr, dass sie schon die dritte Nasenkorrektur über sich ergehen lässt, nie ist sie mit ihrer Nase zufrieden. Telefon-Tini ist kein heuriger Hase mehr, aber sie bringt heurigen Hasen gern das Hoppeln bei; lädt hübschere Elevinnen unter dem Vorwand zu sich,ihnen aus der Hand ihre berufliche Karriere vorherzusagen. Auch aus Ibolys Händchen wird diese Tini vermutlich lesen, dass schon bald das große Glück auf sie wartet, wenn sie sich nur etwas geduldet; denn zu ihr kommen auch wohlsituierte Herrschaften, um ihre Hände hinzuhalten, und solche Hände sind nur selten leer, manchmal finden sich sogar große Scheine darin.
Auch die Kasino-Kató hat sie gestern Abend im Theater angehalten, sie war dort, um eine ehemalige Kollegin zu besuchen: Lass dir gratulieren, du freches Luderchen, ich höre, du hast die Hauptrolle gekriegt! Sie schob sie etwas von sich weg: lass sehen, hast du auch keine O-Beine ? Dann hat sie sie gepackt, sie vor sich herumgedreht und ihr einen Klaps aufs Hinterteil gegeben:
»Du, ich hätte einen Käufer für dich!«
Sie konstatierte, dass Ibolys Figur ordentlich sei, nur anständigeranziehen müsse sie sich. Sie fragte: Du, mit wem gehst du jetzt gerade? Iboly klärte sie auf, zufällig gehe sie noch mit keinem, doch sie wäre verliebt in mich. Darauf Kasino-Kató: ach, du bist ein hoffnungsloser Fall; Verliebtsein leistet man sich, wenn man seine Angelegenheiten geregelt hat.
Eine gute Viertelstunde bearbeitete sie Iboly, versuchte, ihr den Umgang mit mir auszureden; sie sucht für einen jungen Magnaten eine gutaussehende kleine Freundin; eine geeignetere als Iboly könnte sich der Bursche gar nicht erträumen; nach der Prüfung würde er sie mitnehmen auf sein Landschlösschen, ein märchenhaftes Leben stände ihr bevor; schon morgen könne sie Iboly mit dem Magnatenspross bekannt machen, wenn sie es sich überlegen will, braucht sie nur anzurufen.
»Ich habe diese Närrin reden lassen, weil es mich amüsiert hat und damit ich Ihnen etwas zu erzählen habe. Aber ich bin jetzt gefragt, sehen Sie?«
Kasino-Kató kümmert sich übrigens völlig selbstlos um immer frische Mädchen, die sie dann Herren zuführt, ihr geht es wirklich allein um den Erfolg. Sie selbst hat übrigens alle drei Monate einen neuen Kavalier, auch ihre Haarfarbe wechselt sie in diesem Turnus, von Nachtschwarz auf Mimosengelb, von Gelb auf Bronzerot, von Bronze auf Schafkäseblond, wahrscheinlich immer nach Wunsch des jeweiligen Kavaliers. Die Bühne hat sie ohne Reue hinter sich gelassen, da sie mit ihren Magnaten bis morgens um fünf in Bars herumsitzen muss, kann kein Mensch von ihr erwarten, dass sie um acht aufsteht, um zur Probe zu gehen, nicht wahr?
Wer mag, kann gern den Finger heben.
Und gestern schaute in der Schule dann auch der alte Bél von der Vermittlungsagentur vorbei; wollte sich schon im Vorfeld ein paar Jungakteure ansehen, aus denen nach der Prüfung Ware für ihn werden könnte. Kindchen, sagte er zu Iboly, Kindchen, Sie sind ja ein ganz niedliches Schnäuzchen,mit Ihnen könnten wir in der Provinz ein gutes Entrée haben, wenn Sie wollen. Sie sollten sich ruhig dem alten Onkel Bél anvertrauen,mein Kind,ich bringe Sie bei einer Truppe unter, in der der Künstler auch regelmäßig seine Gage bekommt; wen der Onkel Bél unter seinen Fittichen hat, der wird nicht ausgebeutet und verheizt, darauf können Sie sich verlassen, mein Kind.
Manche Schauspielerin und manch ein Schauspieler führt ein Leben lang zehn, gelegentlich zwanzig Prozent aller Gagen an den alten Bél ab, weil sie dieser seelengute Mensch einmal bei einem Thater untergebracht hat. Es gibt im Himmel keinen Schutzengel, der die Schwingen so verbissen über seinen Schützlingen ausbreitet wie er.
Auf
Weitere Kostenlose Bücher