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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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deutsches Fabrikat, sie haben sie erst letztes Jahr angeschafft; und er ließ mir zu Ehren den elektrischen Fleischwolf brummen, verriet mir auch, was solche Geräte kosten und wie viel sie in den großen Eisschrank, den Ventilator und den gefliesten Boden investiert hatten; in solch einem modernen Fleischergeschäft herrscht wirklich eine Reinlichkeit wie in der Apotheke. Und er berichtete, dass er morgens um sechs aufstehe, in den Betrieb hinuntergehe und an jedem Vormittag um zehn schon im Schlachthof sei. In diesem kleinen Geschäft kann er täglich Fleisch und Fleischwaren von acht Schlachtschweinen absetzen; auch verriet er mir, dass er seinen Beruf liebe und froh sei, das Metier des Vaters für sich gewählt zu haben.
    Da könne er sich wirklich glücklich schätzen, sagte ich, vor sich habe er immer die begierigen Augen der Kunden, denen er all die guten Bissen offeriert, hier bitte, nehmt und esst!
    »Bitteschön, ich bin wirklich glücklich, im Geschäft zu stehen und meine Kunden zu bedienen, obwohl ich auch die Matura habe.«
    Er schaut mir in die Augen, um mich zu überzeugen, dochdann sieht er gleich wieder weg. Ich merke, dass er meinem Blick ausweicht.
    Der junge Mann hat dichtes, glänzendes Haar. Die sorgfältig gescheitelten Haarsträhnen reichen ihm bis in den Nacken. Seine Ohren sind rot und klein. Passen zu ihm.
    Die Hose, die er trägt, wirkt ein bisschen lotterig. Auch fehlt seinen Schuhen jeglicher Glanz.
    Ja, und dann ging er kurz in den kleinen Umkleideraum, nahm sein Jackett und kam wieder heraus.
    Unterwegs redeten wir noch über sein Geschäft. Um diese Uhrzeit sei noch nicht viel zu tun, die Kunden kämen erst wieder ab sechs. Zwischen sieben und acht sei dann der Andrang groß, das Geschäft voll wie eine überfüllte Straßenbahn, besonders am Samstag, manchmal ganz brutal, die Leute kauften halt etwas Kaltes fürs Wochenende, für den Sonntagsausflug. Der Mai sei ein guter Monat, Saison für junge Zwiebeln,Grieben,und die Pariser gingen viel besser als im Winter, auch von der Salami und Touristenwurst könnte man kaum genug herbeischaffen.
    Ich habe eine Menge gelernt.
    Im Kaffeehaus, das heißt auf der Straße davor, bestellte ich einen Cognac; er wollte Orangensaft.
    So ein Trunkenbold bist du?
    »Wenn ich Alkohol trinke, werde ich augenblicklich müde.«
    Man brachte uns die Getränke, ich stieß mit meinem Cognac an sein Saftglas.
    Lass mich auch jung sein: Also dann, servus! Auf dein Wohl!
    Er ließ stumm den Kopf nach vorn kippen, und ich hörte, wie er unterm Tisch die Hacken zusammenschlug.
    Rauchst du?
    Er raucht. Zündet sich auch eine Memphis an. Derzeit hält er die Memphis für das Beste, was die Trafiken zu bieten haben, davor hat er die Stambul geraucht.
    Ich hoffe, der Rauch macht uns locker, löst ein wenig die Zungen.
    Wie ist dein Rufname?
    »Gyula.«
    So, Julius also. Wie nennen dich deine Freunde, Gyussi?
    »Ja, Gyussi oder Gyula.«
    Du ahnst doch, was mich zu dir geführt hat?
    Er schweigt. Ist bemüht, mir in die Augen zu sehen.
    Iboly.
    Schnell senkt er den Blick und klopft nervös mit seiner Zigarette an den Aschenbecher. Es ist keine Asche daran.
    Bist du noch verliebt in das Mädchen?
    Er sieht nicht auf, streift wieder seine Memphis am Rand des Aschers ab; Gyula hat rechts zwei Punkte am Hals, untereinander, bisher hatte ich sie noch nicht gesehen. Zwei linsengroße.
    Ohne aufzuschauen, sagt er dann:
    »Warum fragen Sie mich das?«
    Ich will es dir sagen, mein Junge, wenn du so gnädig bist, mir auch das Du zu gönnen. Gar so alt bin ich ja noch nicht.
    Da hob er den Kopf; er musste mich freundlich anlächeln, war aber wieder errötet.
    Ich habe mich nämlich seit ein paar Monaten um Iboly gekümmert, das weißt du ja wohl.
    Halblaut bestätigt er, dass er es weiß.
    Ich war es auch, der Iboly damals im Herbst am Theater abgeholt hat. Du erinnerst dich?
    Er schweigt. Also muss ich weiterhin die Gesprächsführung übernehmen.
    Ja, mein Lieber, damals glaubte ich noch daran. Glaubte, ich würde das Mädchen herumkriegen. Doch das musste ich mir abschminken. Dir, lieber Gyula, kann ich es ja sagen, mir ist es bis zum heutigen Tag nicht gelungen, die Iboly auch nur zu küssen. Vor dir geniert es mich nicht, mich deswegen ein kleinwenig zu schämen. Vielleicht braucht man das auch gelegentlich. Nein, bester Freund, in diesen vier oder fünf Monaten habe ich nicht mehr erreicht, als gelegentlich ein Küsschen auf Stirn oder Wange zu drücken. Das mag sich ganz

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