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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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Seufzer noch umherschweiften, war es so schön. Ich fantasierte über eine unbekannte Frau, die sich vielleicht am Morgen per Briefchen meldet, der ich bei einer Vernissage oder sonstirgendwo am Sonntag vorgestellt werde oder die mir über den Weg läuft, vielleicht kommt sie mir auf dem Gehsteig entgegen, wenn ich auf die Straße hinuntergehe, wir blicken uns an und halten inne, als klebten unsere Schuhsohlen am Asphalt fest.
    Dieses Symptom beobachtete ich an mir, wenn ich eine Frau kennenlernte; mein Horizont trübte sich ein, mir war ungefähr so, als wäre ich festgenommen worden.
    Nach drei Monaten packte mich eine Unruhe: als hätte ich von der Dame nun genug. Ich ertappte mich dabei, dass ich mich freute, wenn sie an dem verabredeten Nachmittag zufällig absagen musste. Es würde so schön sein, an diesem Nachmittag zu lesen. Jede Woche kaufe ich mir das unverzichtbare Buch, die Lektüre staut sich inzwischen, ich komme kaum zum Lesen. Auch habe ich registriert, dass ich sie, wenn sie aufbricht, aus der Abschiedsumarmung leichter entlasse; ich bin es, der als Erster die Arme von ihrem Nacken löst, und sie ist noch nicht einmal unten auf der Straße, da denke ich schon gar nicht mehr an sie.
    Bei den jungen Burschen ist es so, dass sie nur so lange verliebt sind, bis sie die Frau besessen haben; der Mann aber beginnt erst dann eine Frau ernsthaft zu lieben, wenn er sie schon gehabt hat. Ich müsste mich also jetzt am stärksten zu ihr hingezogen fühlen. Aber wie viel Zeit soll denn noch vergehen, bis sie wirklich zu mir gehört?
    Sie hat keinerlei Fehler gemacht, nein. Sie wollte immer noch hingebungsvoller sein. In unseren Zwei-Minuten-Telefonaten hat sie nicht mehr ihre ganze Umwelt abgehandelt, sie berichtete höchstens mal, dass sie letzte Nacht nach dem Bridge Kopfweh hatte oder dass ihr gestern Nachmittag die Wahrsagerin prophezeite, unsere Liebe würde noch sechs Jahre andauern, oder dass sie einen wunderschönen Hut bekommen habe, mit dem sie morgen zu mir kommen würde; alles andere reine Herzenssachen: zum Beispiel die Klage, dass esnoch keine Television gibt, damit sie mich über Draht vor sich haben könnte oder warum sich die Wärme eines Kusses nicht telefonisch übermitteln lässt oder der Duft, denn sie wünscht sich, dass ich an ihrem Haar riechen könnte, wie ich das doch so gern tue, ich solle meine Nase an den Hörer halten, sie würde ihr Haar über die Sprechmuschel ziehen. Und ich solle ihr etwas flüstern, stöhnen; ja so, mein Liebster. In dieser Zeit bedrängte sie mich, mehr mit ihr beisammen zu sein, ich sollte mit ihnen zum Abendessen gehen und mich im Theater öfter in ihrer Loge sehen lassen, wenn auch nur einen Aufzug lang – warum ich dafür nicht zu haben wäre? Nein, das möchte ich nicht, dazu müsste ich mir einen Smoking kaufen, zudem lasse ich mich nicht gern in ihrer Gesellschaft sehen und möchte auch nicht mit ihrem Mann zusammentreffen. Also gehe ich nicht zu Abendessen mit ihnen; ein- oder zweimal ließ ich mich doch überreden, wenn sie in Buda in kleinere Lokale gingen, aber dann musste wenigstens noch ein weiteres Ehepaar anwesend sein; ihr Haus betrat ich nur, wenn sie eine Abendgesellschaft gaben, sodass ich vermeiden konnte, mehr als drei Worte mit ihrem Mann zu wechseln. Einmal habe ich mich darauf eingelassen, abends mit ihnen beziehungsweise in ihrer Gesellschaft ins Tarján zum Essen mitzugehen, doch dann bereute ich die Zusage und rief dort an, dass ich mich leider nicht wohlfühle und deshalb nicht kommen könne. Ich muss diese Menschen, die dort bei Tisch sitzen, so wenig haben wie sie mich. Die Dame schmollte anschließend vier Tage lang. Wie erschrocken ich war, sie könnte mich verlassen!, dabei sann ich zu der Zeit gerade über den sogenannten Bruch unserer Beziehung nach. Sie hätte sich auch gewünscht, dass wir zusammen ins Kino gingen, zu zweit; auch andere Damen machen das heute, ja sie gehen sogar in Gesellschaft mit einem Herrn, der nicht ihr Ehemann ist. Es genügt, dass man gut miteinander befreundet ist. Nein, meine Sache ist das nicht. Ein, zwei Mal war ich mit ihr im Kino, sie war allerdingsin Begleitung einer Freundin; auch dabei empfand ich die Peinlichkeit. Für das Casals-Konzert, in das sie auf meine Bitte auch ging, kaufte ich mir selbst acht Reihen weiter hinten eine Karte, die – nebenbei bemerkt – für meinen Geldbeutel immer noch ein Luxus war; und so warfen wir uns nur aus der Ferne vertrauliche Blicke zu; das fand ich

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