Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
Vom Netzwerk:
Ende. Sie weinte ihm ein wenig nach, ungefähr so wie früher, wenn ihre Puppe zerbrochen war. Auch erzählte sie mir, dass sie noch als Braut davon geträumt habe, ihren zukünftigen Gatten mit dieser ersten Liebe zu betrügen. Und der junge Mann meldete sich in der Tat bei ihr, als er wieder einmal zu Besuch nach Hause kam, damals brachte er ihr auch das Touch-Wood mit, aber sie fand ihn nun übertrieben selbstbewusst; er wollte die einstige Zuneigung nun gleich in den ersten achtundvierzig Stunden indie Tat umsetzen. Diesen Stil brachte er aus der großen Welt und dem diplomatischen Dienst mit. Die Dame war desillusioniert. Später aber, so sagte sie, habe sie manchmal bereut, sich von ihm abgewendet zu haben, denn sie beide hatten doch schon so lange nach einander geschmachtet, und es wäre bestimmt sehr schön gewesen, wenn sie sich ihm hingegeben hätte. Schade, dass sie damals mit ihrem Gatten noch nicht ganz im Reinen war. Den hatte ihr Vater unter den Frackträgern im Hotel Gellért für sie ausgewählt. Er war gesund, athletisch, ein Streber von der Art, die schon mit achtundzwanzig an die Karriere im Unterhaus denkt. Er biederte sich stürmisch beim Club der Einheitspartei an, schnupperte herum, um herauszufinden, welche Herren man am heftigsten umwerben musste, hing diesen mächtigen Ungeheuern an den Lippen, begleitete sie auf Schritt und Tritt, während junge Männer seinesgleichen ihre Zeit unter Freunden im Athletic-Club oder mit den Mädchen auf dem Tenniscourt vertaten. Mit demselben Spürsinn ging er auch in Richtung einer ehelichen Verbindung, die Wohlstand und gesellschaftlichen Aufstieg verhieß und seine Karriere sichern würde. Dieser Mann imponierte den Eltern. Das ist einer, dem die Zukunft gehört. Das Mädchen war inzwischen zweiundzwanzig und reif für die Ehe. Ganz egal, mit wem sie sich verehelichte, ihr Herz würde sich ohnehin in eine andere Richtung orientieren. So wurde sie mit ihrem Mann verheiratet. Während der Verlobungszeit redete der dreißigjährige Bräutigam über Politik, über Beteiligungen und träumte von Unternehmensgründungen. Nie gab er seiner Braut einen richtigen inniglangen Kuss und außerdem hielt er beim ungeschickten, übereilten Küssen stets die Augen offen. Die Braut aber hegte keinen Augenblick lang die Illusion, diesen Menschen jemals lieben zu können. Der Mann plätschert also heute vergnügt im öffentlichen Leben herum, ist genauso gescheit wie dumm, kumpelhaft gegenüber jedem mächtigen Juden, wobeier sich natürlich für den allerkorrektesten Antisemiten hält. Während ihrer neunjährigen Ehe machte er aus dem Vermögen, das sie ihm eingebracht hat, ungefähr das Doppelte.
    Wie kommt es denn, dass dieser Mann sich in seine junge Frau nicht verliebt hat?
    Die Dame sagt: Ich bin für ihn zu fein, etwa so wie für den Bauern die Ananaserdbeere. Er ist ein Bauer geblieben, ein ganz gewöhnlicher Bauer. Im ersten Halbjahr ihrer Ehe hat er sich an das Tippfräulein und an das Mädchen, das sie manikürt, herangemacht; das erfuhr sie natürlich erst später; längst weiß sie auch, zu welcher in breiten Kreisen bekannten Dame ihr Mann an manchen Nachmittagen über die Treppe und nicht per Lift hochstürmt, denn diese Gewisse wird regelmäßig von hübschen Mädchen aufgesucht. Das braucht er. In seinem ganzen Leben hat er noch keiner Frau auch nur fünf Minuten den Hof gemacht. Ihm fehlt sogar die Begabung, mit seinem Töchterchen einmal richtig zu spielen.
    Nach zwei Jahren betrog die Frau diesen aalglatten Typ zum ersten Mal, so lange hat sie gezögert. Betrügen! Mein Gott, dieses schreckliche Wort.
    Es war vielleicht bei unserem zehnten Schäferstündchen, als sie auch über ihre Liebhaber gesprochen hat. Jede Frau hat einmal eine solche Anwandlung und vertraut dem Geliebten etwas über die Verflossenen an.
    Ihr erster Liebhaber oder Schatz, wie sie sagte, war ein eleganter Frauenarzt.
    Der zweite Soldat, ein Herrenreiter.
    Der dritte ein Rennfahrer aus Wien.
    Der vierte, ich kenne ihn, das heißt wenn wir uns jedes halbe Jahr einmal über den Weg laufen, servus, servus, doch wir bleiben nicht stehen, um uns mit Handschlag zu begrüßen. Ich erinnere mich nicht, dass wir über die gegenseitige Vorstellung hinaus jemals auch nur ein Wort miteinander gewechselthätten. An seinem grünen Hut trägt er auf der Rückseite eine flaumige Feder, ich habe nie darauf geachtet, von welchem Vogel sie stammt. Ich sah ihn im Rauchzimmer des Gerbeaud einmal allein

Weitere Kostenlose Bücher