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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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und mit so finsterem Blick in einer Ecke sitzen, als plane er gerade einen Mord.
    Die Dame hat sich an einem Weekend in einem mondänen Badeort in ihn verguckt. Im dritten Monat ihrer Beziehung klagte der Kavalier einmal über Probleme, weil er beim Kartenspiel unangenehm viel verloren hatte. Die Dame half ihm, zu Geld zu kommen, ihr Mann übernahm eine Bürgschaft für ihn. Der Kavalier aber ging mit dem Wechsel etwas nachlässig um, ließ ihn prolongieren und zahlte auch die fälligen Zinsen nur in höchst unregelmäßigen Abständen an die Bank. Und dann hat der Betreffende innerhalb eines halben Jahres noch zweimal ohne ihr Wissen ihren Mann aufgesucht, weil er Geld brauchte. Als ihr der Gatte dann verriet, dass sich der Kavalier den Anschein gebe, als würde er niemals etwas zurückzahlen, stellte die Frau ihren Galan zur Rede. Der Kavalier begann zu schluchzen. Sagte, er müsste sich eine Kugel durch den Kopf jagen, wenn sie ihren Mann nicht noch ein letztes Mal dazu bewegen würde, ihm irgendwo einen persönlichen Kredit zu beschaffen, einen hübschen Batzen Geld. Sobald der Weizenpreis wieder anziehe, könne er alle Schulden begleichen. Die Frau hatte bis dahin keinen blassen Schimmer gehabt von der Welt, in der sich solche Charaktere tummeln. Sie war entsetzt und wurde darüber krank.
    Nach diesem Kavalier hatte sie, Monate später, ein, zwei lockere Flirts, aus denen sich aber nichts weiter entwickelte. Das so hochgeschätzte männliche Geschlecht ekelte sie ein wenig an.
    Jetzt aber brauchte sie schon unbedingt irgendjemand,wirk lich ganz dringend.
    Mit ihrem Mann, auch das berichtete sie, hatte sie bereits im dritten Ehejahr einen Schlusspunkt gesetzt. Beide interessierensich überhaupt nicht füreinander, doch sonst sind sie, wie man zu sagen pflegt, die besten Freunde.
    Stimmt das wirklich, kann es stimmen? Will die Dame nicht eigentlich mir die Illusion, dieses angenehme Gefühl geben, dass ich der Einzige bin, der sich über ihren Mund neigen darf? Doch ich habe von solchen Ehen schon gehört. Sich’s vorzustellen ist nicht leicht.
    In manchen Augenblicken begann ich,während wir uns unterhielten, darauf achtzugeben, wie intelligent, wie klug diese Frau eigentlich ist, denn darüber bin ich mir nicht ganz im Klaren. Sie weiß gewandt zu parlieren, macht so viele Sprüche, benutzt reichlich französische und englische Ausdrücke und Wendungen, welche alle aus der gefälligen Bildung herrühren, wie sie die Damen und Herren durch ihre Erziehung im Sinne dieser Kultur und durch ihren gesellschaftlichen Umgang mitbekommen haben. Das aber macht einen zunächst ein wenig blind; auch kann ich, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, eine gewisse Befangenheit gegenüber einer Frau aus besseren Kreisen nicht ablegen. Es sieht so aus, dass ich meine diesbezügliche Unsicherheit niemals ganz überwinden werde. Ihre Fröhlichkeit verhalf mir zu keinem einzigen lustigen Einfall, der mich entzückt oder mir etwas gegeben hätte, auch hat sie mich nie mit irgendeiner Äußerung verblüfft, die mir wenigstens so viel Erleuchtung wie die Flamme eines Zündholzes gebracht hätte, ihre Stimmungen entfachten in mir nie eine wilde Ausgelassenheit, wenn sie beim Küssen flüstert oder stammelt und dahinschmilzt, höre ich niemals Unberechenbares von ihr, in ihren ondulierten Hirnwindungen findet sich kein einziger ungeordneter Augenblick. Worin liegt die Persönlichkeit dieser Frau, wo bekomme ich dieses Wunder, ja, das ist sie doch, zu packen, sie, die so ist und von der es auf dieser Welt nur dieses einzige Exemplar gibt; genauso wie auch ein Foxterrier ein Individuum ist, von dem kein zweites Exemplar existiert, das sich genausoaufführen würde. Worin besteht die Einmaligkeit dieser Frau? Ich suche den Spiegel ihrer Seele, in dem ich mich selber sehen kann. Ein Rätsel ist sie mir. Aber ich mag auch gar nicht herumspekulieren, begehre nur hin und wieder auf. Lieben will ich, lieben.
    Es ist lange her, dass ich verliebt war, so lange schon genieße ich das Leben ungesüßt.
    Auch ich habe schon dringend jemanden gebraucht; ich sage nicht rasend, aber wirklich schon sehr, sehrsehrsehr.
    Ich will nicht alles mit Röntgenblick durchleuchten, will die Augen schließen und spüren, ertasten, das Gesicht der Geliebten, ihre Brauen, die Hügel ihrer geschlossenen Augen, die Linie ihrer Nase, den Mund, die Ohren, und dabei raten, was es ist, das uns so vertraut gemacht, uns so sehr zum Träumen gebracht hat, was nur uns

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