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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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glücklos, weil es ihnen an Protektion fehlt. Unter ihnen gibt es welche, die hungern, die allabendlich die Theater abklappern, um ehemalige Kolleginnen um zwei Pengő oder ein Paar Strümpfe anzugehen oder sich zu einer Wurstsemmel einladen zu lassen. Auch die blicken dich flehend an, die Mutigeren laufen dir nach, begleiten dich die Treppe hinunter: Meister, ich will ja nur eine Statistenrolle, alle haben es mir schon versprochen, doch wenn Sie mich vorschlügen, wäre es todsicher, dass ich nicht vergessen werde. Letztes Jahr war ich noch Soubrette in Orosháza, doch die Truppe hat sich aufgelöst. Und mit ihrem Lächeln liefert sie sich dir so vollständig aus: Wenn Sie vielleicht einmal möchten   …, also ich bin immer   … Angesichts so hilfloser Trostlosigkeit überkommt dich tiefe Scham. Einer anderen, der Hübscheren unter all den Unbegabten, möchte man da am liebsten eine Maulschelle verpassen,wenn sie einem so anmaßend und frech die Hand drückt,wo man sie doch mit einem unverbindlichen Handschlag abfertigen will. Was bildest du dir ein,Frechdachs, glaubst du, ich bin auf dich angewiesen?
    Dann bekommt man Post von nie gesehenen und gehörten kleinen Künstlerinnen, sie bieten sich für Rollen mit fünf Sätzen an oder als Statisten. Auch arme, brotlose Schauspieler schreiben. Passen mich vor dem Eingang zum Club ab. Werter Meister, Herr Kollege, hallo Mihály, alter Junge.
    Auf dem Trottoir werde ich dann von einem aufgedonnerten Gespenst gestellt; es soll irgendwann einmal eine Frau gewesen sein:
    »Herzchen, wie glücklich bin ich, Sie zu treffen. Ich habe gelesen, dass Ihr Stück demnächst auf die Bühne kommt, lassenSie mich gratulieren! Sicher haben Sie mich schon ganz vergessen, Goldjunge Sie? Was sagen Sie, bin ich noch hässlicher geworden, Herzchen! Und was für ein zuckersüßes Miezekätzchen ich doch einmal war! Wissen Sie noch?«
    Und ihre faltigen, lila verkleisterten Augen durchbohren mich mit der Unterstellung, wir wären einst miteinander intim gewesen.
    Im Vorübergehen schaut man uns an,es muss ein fataler Anblick sein, wie ich hier mit diesem zuckersüßen Miezekätzchen von einst plaudere. Also sie ist ein ehemaliges Mitglied des Opernchors, und ihre Rente reicht nicht einmal für die täglichen Kartoffeln; ja wenn in meinem Stück ein Chor sänge; sie pflegt hinter der Dekoration zu singen; ich sollte mich erkundigen, sie habe immer noch ihren vollständigen »saube ren « Alt, dem lieben guten Gott sei Dank.
    Zufällig singt in meinem Stück kein Chor, ich lasse einen Pengő in ihren halblangen Spitzenhandschuh gleiten, sie will meine Hand nicht loslassen, drückt sie fest, und ihr Alt, der einst in den dunklen Chören des Troubadours so anonym dahinfloss, schluchzt ein paar Takte für mich.

17.   Nacht
    Jetzt wird mein Stück schon jeden Tag irgendwo anders angekündigt. Gebildete Herrschaften halten mich auf der Straße an, verfolgen mich geradezu mit ihrem Interesse: Wann beginnen die Proben, wann wird Premiere sein, also wir werden jedenfalls ordentlich applaudieren!
    Nie fragt man mich, wie weit ich mit meinem Roman bin, auch nicht, warum ich nur mehr so selten Gedichte schreibe.
    Das Stück, das Stück! Das ja! Das ist aufregend, wie einPferderennen. Das ist Business, riecht nach Geld. Wertpapier; es soll an der Weltbörse gehandelt werden.
    Ich begegne den Börsenmaklern: den Autoren, beim Theater, im Club, auf der Straße. Sie kommen auf mich zu, als wäre ich aus dem Flugzeug gefallen. Ich hätte ein Stück geschrieben. Was ist jetzt mit dem Stück? Der eine ist gerade aus Wien zurückgekommen, der andere wird morgen in Prag erwartet, der dritte verhandelt mit London,das Stück des vierten wurde soeben in New York unter Vertrag genommen. Sie kriegen Telegramme, verhandeln, reisen wie die Pelzhändler oder Konfektionäre. Ihnen rauchen die Köpfe von den Tantiemenberechnungen und Valutadifferenzen wie einem Organisten angesichts seiner sechsunddreißig Register. Der eine Agent ist bereits beim Theater vorstellig geworden, er ließ sich über das Thema des Stücks unterrichten und ist der Meinung: damit ließe sich Geld machen. Mit großem Wohlwollen legt er mir die Hand auf die Schulter. Auch wenn er hundert und nicht nur fünf, sechs Jahre älter wäre als ich, würde er sich niemals erdreisten, mir die Hand auf die Schulter zu legen, hätte ich nicht ein Stück geschrieben. Ich lasse meine Schulter sinken, weiche zur Seite aus, aber nein, er kommt gar nicht auf

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