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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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Welterfolgsautoren diesen tierisch sicheren Instinkt, mit dem sie den Geschmack der Massen erspüren, dazu natürlich die Begabung, diesen Geschmack zu bedienen. Einesolche Gabe hat kein Maeterlinck und kein Shaw, diese Begabung besitzen die Stückeschreiber von Henry Bernstein abwärts bis hinunter zu den Wilden, die die Budaer Sommeroperetten schreiben. Solche Autorensprösslinge schlüpfen jung, treten schon mit zwanzig ins Rampenlicht, sie schreiben keine Gedichte, ringen sich keine Novellen ab, begeistern sich auch nicht für Flaubert und Dostojewski; ihre Kompassnadel weist in den Orient, in Richtung des aufgehenden Goldes. Sie basteln Einakter fürs Kleine Orpheum, mit fünfundzwanzig liefern sie Operettenlibretti, wenn sie achtundzwanzig sind, haben sie ihr erstes Lustspiel beim Theater untergebracht, mit dreißig sind sie fettleibig und reich. So ist es. Mozart gehörte der Himmel, Piccini aber, von dem uns kein einziger Takt Musik geblieben ist, die Welt. Mozart gebührte die Unsterblichkeit, nämlich der Tod. Wir alle, die wir dem wohl formulierten Wort den Vorzug geben, können uns auch nur vom Tod ein Quäntchen erhoffen, das Leben gehört den heiteren Geschäftemachern, Leuten wie dem, der meinte: mit dem Stück lässt sich Geld machen.
    Ich bestaune, ja bewundere ihn. Wie habe ich dieses ungehorsame Gehirn gequält, um einmal, nur ein einziges Mal, auch eine solche süßliche Limonade, wie sie nach seinem Geschmack ist, zusammenrühren zu können; ich würde dem lieben Gott die Füße küssen, wenn er mir die Eingebung dafür zuteilwerden ließe. Die wahren Schriftsteller haben sich damit abgefunden,beteuern,dass man Stücke,wie sie diese geldgeilen Skribenten verfassen, nur mit demselben Sendungsbewusstsein verfassen kann, mit dem Petőfi seinen ›Apostel‹ schrieb, ja, und dass diese schreibenden Börsenmakler sich alle für Molières und Ibsens halten.
    Unter ihnen fühle ich mich wie ein Schwindler.
    Muss auch zu ihrem Gott flehen. Zur Hölle hinabbeten. Ich gehe verwirrt im Tageslicht umher,verberge meine Sünde wie die kranken Herren ihre Begierde. Aber auch ich musshier Geld haben; ich verelende, sinke in die Armut hinab, meine Augen gehen zugrunde, mein Herz und mein Bewusstsein. Man hat mich zu Boden getreten, mich an Armen und Beinen gefesselt, mir einen dreckigen Lappen ins Maul gestopft. Ich habe kein Geld.

18.   Nacht
    In drei Tagen, am 17., beginnen die Proben. Ich bin mit dem Stück noch nicht fertig.
    Das Theater bekommt schon seit einer Woche Honorarpfändungsbescheide. Bislang sind von fünf verschiedenen Seiten Ansprüche auf meine Tantiemen geltend gemacht worden. Manchen meiner Schuldner hatte ich schon völlig vergessen, so wie die frühere Beziehung zu dieser und jener Frau. Bei kleineren Banken hatte ich Schulden, diese unbedeutenden Geldinstitute wurden längst geschlossen, aber ihre Anwaltsbüros gibt es noch. Einer vom Theater hat mich darauf hingewiesen, dass es vernünftig wäre, meine Tantiemen durch einen Strohmann pfänden zu lassen. Aber ich hasse solche krummen Sachen, vertraue vielmehr blind darauf, dass mich meine Gläubiger in Ruhe lassen. Außerdem würde eine solche Maßnahme gewiss an die hundertfünfzig Pengő kosten, ich hätte gar nicht das Geld dafür.
    Der Direktor macht mir Mut, ich würde schon sehen, ganz gewiss käme das Stück auch im Ausland auf die Bühnen, da fiele doch das bescheidene Honorar gar nicht ins Gewicht.
    Zwei Aufzüge habe ich dem Tippfräulein vom letzten Jahr diktiert; auch der kann ich nichts zahlen. Die damalige Arbeit habe ich ihr ein halbes Jahr lang abgezahlt, in Fünf-Pengő-Raten.
    So beginnt die Probenarbeit an dem Stück, und vom dritten Akt hat das Theater noch keine Silbe gesehen.
    Jede Nacht werfe ich seitenweise Text in den Papierkorb, weil mir die Sache übereilt erscheint. Am nächsten Morgen muss ich dann dort weitermachen, wo sich der vermeintliche Mangel eingeschlichen hat. Meine Knie zittern wie seinerzeit in der Schule, wenn ich mich erst in der Pause vorbereitet hatte statt daheim zu lernen. An die sechzig Zigaretten verqualme ich über den Tag, bis ich dann zum Abend wegen dem Nikotin keine Stimme mehr habe.
    Mit den Proben hat man schon begonnen, und immer noch stecke ich im festgefahrenen dritten Akt.
    Im Bus erkennt mich ein junger Schaffner, er hätte gern zwei Freikarten für mein Stück; erzählt, dass er das Abitur hat, verheiratet ist und seine kleine Frau so gern ins Theater geht. Ich notiere mir

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