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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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Amen!
    Im Kino hatte ich bei Ibolyas Auftritt gewiss nicht weniger Lampenfieber als sie vor der Kamera. Bei ihrem Debüt, als sie das Wort köstlich sprach, drückte sie sich an mich und kniff mich aufgeregt in den Arm. Sie meinte nachher, vor Erregung sei sie ganz außer sich gewesen, so spannend war es für sie, sich auf der Leinwand zu sehen und zu hören; dabei ist sie natürlich wahnsinnig stolz und meint, nun seien also ihre Stimme und ihr Bild verewigt; wenn man es recht überlegt, ist es ja nicht anders als bei Greta Garbo, und das will doch was heißen. Sie verriet mir, dass sie sich schon tags zuvor auf der Leinwand angesehen habe, im Kino in der Dembinszky-Gasse, zusammen mit Mama und Bijou; ihre Mutter war natürlich hingerissen, sie schwört, ihre Iboly sei wie geschaffen für den Film und würde eine Karriere machen wie Franziska Gaál. Beim zweiten Auftritt mit den Gloria-Staubsaugern lachte sie schon ganz befreit, und es war auch komisch, als in dem engen kleinen Flohkino ihr Rezitativ heruntergeschmettert wurde, wir haben um die Wette gekichert. In der Pause verzogen wir uns vors Kino, es wäre peinlich gewesen, wenn man die Künstlerin in der Loge entdeckt hätte.
    Das alles macht Iboly anziehender und unterhaltsamer. Ich bemühe mich, immer öfter mit ihr zusammen zu sein; es stört mich nicht mehr, wenn mich auf der Straße jemand mit ihr sieht; sie ist auch ein wenig eleganter geworden, besitzt nun korrekte schwarze Halbschuhe und hat sich in letzter Zeit sogar Trotteurs in Beige gekauft; für sechs Pengő konnte sie ein kaum getragenes Kleid von irgendeiner ihr bekannten kleinen Schauspielerin übernehmen, es um weitere fünf Pengő umändernlassen; und so nennt sie jetzt um elf Pengő ein hübsches Kleid ihr Eigen; auch an Handschuhen und Hut ist nichts auszusetzen. Pardon, dieses schwarze Seidenhütchen ähnelt eher einem Bügeleisen, und an seiner Seite glitzert ein alberner Doppelrhombus, doch solche aberwitzigen Hüte werden jetzt getragen; den hochherrschaftlichen Kopf der 5Fleurs ziert zur Zeit beispielsweise ein feuerzeugartiger Hut. Iboly hat sich ein ehernes Monogramm an die Bluse gesteckt, man trägt es jetzt so; doch zu ihrem großen Kummer verlangte ich, dass sie es entfernte. Aber ich fürchte, sie steckt es sich wieder an, wenn sie nicht in meiner Gesellschaft ist. Alles nicht von Bedeutung, wichtig ist, dass ich eine gewisse Anhänglichkeit Iboly gegenüber empfinde, so als gehörte sie schon ganz zu mir.
    Sie wird auch zu mir gehören, es kann nur noch eine Sache von Tagen sein.
    Ist ja auch höchste Zeit!
    Dazu kommt dieser frühe Märzwind, als wollte er mir die Frage ins Gesicht blasen: He, was ist, wie lange wartest du noch?
    Nein, man muss mir nicht Mut zuflüstern, ich kenne meine Pflicht.
    Geduld, liebe Iboly! Du sollst nicht noch länger von mir vernachlässigt werden, meine Kleine.
    Ich zerbreche mir schon den Kopf, mit welcher Ausrede ich die Besuche der Dame einschränken kann, um für Iboly genügend Nachmittage frei zu haben.
    Ja,in diesen Tagen geschah es dann,dass meine arme Mutter, als sie mit dem Kochen fertig war, ohnmächtig zusammenbrach.

29.   Nacht
    Meine Mutter ist sechsundsechzig. Die Sklerose hat sie eingeholt. Und sie schont sich nicht, hat ihr ganzes Leben lang hart gearbeitet, kann es auch jetzt nicht lassen. Wenn ihr meine Schwester irgendeine Arbeit aus der Hand nimmt, ist sie gekränkt. Davon, dass sie das Kochen aufgeben soll, will sie überhaupt nichts hören.
    Wir haben die Mama zu Bett gebracht. Ich besuche sie täglich.
    Sie gehört in ein Sanatorium, müsste Ruhe haben, gute Pflege, Diät und Sorglosigkeit. Wenn ich sie wenigstens zum Plattensee schicken könnte, nach Kenese. Aber das kostet auch fünf, sechs Pengő pro Tag. Die Vorschüsse aber hat man in Pest abgeschafft, wie die Militärmusik. Ich versuche, mehr zu arbeiten, aber auch das hat seine Grenzen, meine Blätter nehmen mir nur eine bestimmte Zahl von Manuskripten ab, auch andere Autoren wollen leben. Was kann ich tun. Täglich stürze ich mich auf andere, obskure Geldleute, die ihre Büros in Privatwohnungen haben, akzeptiere dreißig Prozent Zinsen, vierzig, Gott weiß, was ich tun werde, wenn dann die Rückzahlungen fällig werden. Vorläufig gibt es keine Kredite mehr, fünf Pengő knöpft man mir ab für die Auskunft, man wird sich informieren, schon schlecht! Das Theater gibt mir kein Geld, es zahlt nach und nach meine Schulden vom letzten Jahr ab, von meinen Tantiemen

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