Die Liebe deines Lebens
galten und daher stärker motiviert waren, sich zu beweisen. Männer waren oft so damit beschäftigt, ihre Blicke umherwandern zu lassen, dass sie leicht abzulenken waren, und Mr Basil brauchte Menschen, die sich hundertprozentig auf eine Sache konzentrieren konnten – und diese Sache war er. Er wollte und musste wieder gesund werden, schließlich hatte er ein internationales Multi-Millionen-Unternehmen zu leiten, und bis die Mediziner ihn wiederhergestellt hatten, führte er die Firma eben von seinem kargen Krankenzimmer aus, das er in das Nervenzentrum von
Basil’s Süßwaren
hatte verwandeln lassen.
Als wir der Frau folgten, die ihm das Essen brachte, erhaschte ich einen Blick auf den alten Mann – eine dichte graue Lockenmähne, ein langer flaumiger Kinnbart, der in einer dünnen Spitze endete, als wäre er ein Pfeil, der in die Tiefen der Hölle hinunterzeigte. In dem Zimmer, in dem er gesund werden sollte, gab es nichts Heimeliges. Es standen drei Laptops da, ein Fax, ein iPad und mehr als genug BlackBerrys und iPhones für alle Anwesenden – zwei Frauen im Kostüm, die sich um die gebrechliche Gestalt im Bett drängten. Nichts in dem Zimmer deutete darauf hin, dass sich hier jemand von der Welt verabschiedete, es war ein sehr lebendiger, geschäftiger, kreativer Raum, der laut gegen das Sterben protestierte und zu erkennen gab, dass sein Bewohner noch lange nicht mit der Welt abgeschlossen hatte und keinesfalls kampflos aufgeben würde.
»Ich habe gehört, sie haben im Flieger
Bartholomew
-Becher verteilt«, blaffte dieser gerade die ältere der beiden Frauen an. »Ein Becher für jeden, sogar in der Economy.«
»Ja, Bartholomew hat einen Deal mit Aer Lingus. Für ein Jahr, soviel ich weiß.«
»Aber warum gibt es denn nichts von
Basil’s
im Flugzeug? Es ist absolut lächerlich, dass
Bartholomew
drin ist und wir nicht! Wer ist für diesen Scheiß verantwortlich? Sie etwa, Mary? Ehrlich, wie oft muss ich Ihnen denn noch sagen, dass Sie bei so was dranbleiben müssen? Sie sind so mit den verdammten Pferden beschäftigt, dass ich allmählich wirklich Zweifel an Ihren Fähigkeiten habe.«
»Natürlich habe ich mit Aer Lingus gesprochen, Mr Basil, mehrmals sogar, seit mehreren Jahren schon, aber die Leute dort finden,
Bartholomew
ist eher eine Luxus-Marke, und wir sind eher ein Familienbetrieb. Unsere Sachen sind immer verfügbar …«
»Nicht unsere,
meine
!«, fiel er ihr ins Wort.
Ruhig und ohne auf seinen Zwischenruf einzugehen, fuhr Mary fort: »Man kann sie beim Inflight-Shopping erwerben, und wenn Sie möchten, kann ich Ihnen auch die genauen Umsatzzahlen geben.« Sie blätterte in einem Stapel Papiere.
»Raus!«, brüllte Mr Basil plötzlich, und alle sprangen auf, außer Mary, die weiterhin gelassen blieb und tat, als hätte sie ihn nicht gehört. »Wir haben ein Meeting, ohne telefonische Anmeldung läuft hier nichts.« Woher er wusste, dass wir hereingekommen waren, war mir ein Rätsel, denn wir standen eingeklemmt hinter dem Rollwagen mit dem Essen, und ich konnte ihn kaum sehen.
»Komm«, sagte Adam leise und wollte auf dem Absatz kehrtmachen.
»Warte.« Ich packte seinen Arm und versperrte den Weg zur Tür, so dass er das Zimmer nicht verlassen konnte. »Wir werden das heute durchziehen«, flüsterte ich.
Die Frau mit dem Rollwagen stellte das Essen vor Mr Basil.
»Was ist das? Sieht beschissen aus.«
Gelangweilt sah die Serviererin mit dem Haarnetz ihn an, offensichtlich war sie seine Beleidigungen gewohnt. »Das ist Shepherd’s Pie, Mr Basil«, sagte sie mit einem breiten Dubliner Akzent und fügte dann in sarkastischem Oberschichts-Slang hinzu: »Als Beilage dazu ein grüner Salat mit Babytomaten sowie eine Scheibe Brot mit Butter. Zum Nachtisch servieren wir Ihnen Götterspeise und Eiscreme, gefolgt von einem Einlauf. Also sagen Sie Schwester Sue bitte Bescheid, wenn Sie so weit sind.« Sie lächelte für eine Nanosekunde freundlich und setzte dann wieder ihr ursprüngliches mürrisches Gesicht auf.
»Shepherd’s Scheiß sollten Sie das Zeug nennen, und der Beilagensalat sieht aus wie Gras. Halten Sie mich für ein Pferd, Mags?«
Die Servicekraft trug kein Namensschildchen. Trotz der Beleidigungen war es vermutlich so etwas wie ein Kompliment für sie, dass Mr Basil ihren Namen kannte.
»Nein, Mr Basil, ich weiß, dass Sie kein Pferd sind, sondern ein magerer, wütender alter Mann, der etwas essen muss. Also lassen Sie es sich schmecken.«
»Das Abendessen gestern
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