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Die Liebe der anderen

Die Liebe der anderen

Titel: Die Liebe der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederique Deghelt
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liefert. Wir laufen an den Regalen entlang und spielen Doseneinsammeln. Zoé nimmt sie mit beiden Händen an und lässt sie hinter sich in den Einkaufswagen plumpsen, wenn ich ihr eine neue hinhalte. Es stellt sich eine echte Verbundenheit ein, ich entdecke, dass man durchaus Dinge mit so einem Zwerg teilen kann, der noch nicht spricht. Zum ersten Mal lerne ich ein kleines Mädchen kennen, meine Tochter, und ich spüre eine unerklärlich starke Bindung, die ganz anders ist als alles, was ich früher erlebt habe.
    Ein Zwischenfall an der Kasse weckt wieder meine Angst, irgendeinen überflüssigen Fehler zu begehen: Als ich der Kassiererin meine EC-Karte überreiche, verlangt sie eine PIN-Nummer von mir. Ich frage sie erstaunt, ob meine Unterschrift denn nicht genügt. Die Verkäuferin sieht mich herablassend an und bemerkt schroff, das sei in allen Geschäften so, und im Übrigen auch nicht neu. Verdammt, hat sich in den zwölf Jahren wirklich so viel verändert?
    Heute ist Samstag, irgendwie muss ich das Wochenende meistern. Bruchstücke meiner Unterhaltung mit Catherine kommen mir in den Sinn. Wir waren also eine Art Vorzeigepärchen für die anderen. Meinem Mann liefen die Mädels hinterher, und ich knallte ihnen mein Glück respektlos vor die Füße, in perfekter Unschuld, weil ich sogar das gerne noch teilen wollte … Das Glück, nicht den Mann. Mir wird klar, dass ich einen qualifizierten Ansprechpartner brauche, um Licht in dieses Dunkel zu bringen. Ich kann mich nicht mit den mehr oder weniger wohlwollenden, verzerrten und subjektiven Ausführungen von Freunden, Exfreunden oder sogenannten Freunden begnügen … Ich betrachte die Angelegenheit schon als mathematisches Problem, das sindwohl die ersten Ansätze von Zynismus. Einen lächerlichen Moment lang dachte ich, das Einkaufen würde mich in die Wirklichkeit zurückversetzen – ein aussichtsloses Unterfangen. Nun zählt nur noch eins: Warum? Vielleicht habe ich so etwas wie eine zweite Chance. Dann darf ich sie auf keinen Fall verspielen.

    Der Nachmittag oder das, was mir davon blieb, gab mir die Möglichkeit, meine Bankauszüge etwas eingehender zu studieren. Mein Lebensstandard ist in den letzten zwölf Jahren erheblich gestiegen. Und vor allem bekomme ich von Pablo jeden Monat ein hübsches Sümmchen überwiesen. Anscheinend sind wir wohlhabend. Als ich mir meine Garderobe ansehe, stelle ich fest, dass ich inzwischen Kleidung von Christian Lacroix oder Lolita Lempicka besitze, nicht mehr nur das Zeug von Monoprix oder La Redoute. Außerdem habe ich mich über die Anzahl meiner Abendkleider gewundert. Ich hatte sie nicht sofort bemerkt, weil sie seitlich im Wandschrank hängen. Zu welchen Anlässen soll ich die wohl alle tragen?
    Unter den Kleidern erkenne ich auch jenes, das ich auf dem Venedigfoto trage. Catherine hat mir von unserer wunderbaren Hochzeit in einem italienischen Palazzo vorgeschwärmt. Das Kleid ist nicht wirklich weiß, es schimmert in den Farben eines Abendhimmels, zwischen Grau und rosigem Beige, und ist ganz aus Glitzergarn gewebt. Eine weitere Attraktion meiner Prinzessinnenausstattung, die mich durch diese Schattenwelt begleitet.
    Auch Pablo kleidet sich gut: Kenzo, Armani, Saint Laurent, mein slawischer Latino hat wohl ein Faible für italienischen Schick. Die Ausgaben für die Kinder sind ebenfalls nicht unerheblich, denn tatsächlich ist der Batzen, den mein Allerliebster mir gewährt, am Monatsende verbraucht. Ich habe keine Ahnung, was so ein Haufen Kinder, denen man offensichtlich nicht viel ausschlagen kann, kosten mag. Dereinzige Posten, den ich in meinem Zahlenuniversum wiedererkenne, ist der für Bücherkäufe. Der hat sich nicht verändert. Immer noch genauso hoch wie damals, als ich arm war. Damals machte das allerdings mehr aus als heute. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass man so viel über jemanden erfahren kann, indem man sein Bankkonto ausspioniert. Mit zunehmendem Alter, mit der Zeit oder mit den Kindern, scheine ich mich mehr um mein Äußeres zu kümmern. Mehrmals im Monat besuche ich eine Kosmetikerin. Früher ging ich nur einmal im Monat zur Depilation. Da kaum anzunehmen ist, dass sich meine Körperbehaarung in zwölf Jahren verdreifacht hat, muss ich dort wohl etwas anderes machen lassen. Gesichtsbehandlung? Massage? Noch ein Rätsel, das es zu lösen gilt. Früher habe ich das doch alles selbst gemacht. Die kleine Zynikerin in mir flüstert mir zu, dass ein alternder Körper eben nach Profis

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