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Die Liebe der anderen

Die Liebe der anderen

Titel: Die Liebe der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederique Deghelt
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einfacher, da er von einem Paar erzählt, das dem Untergang geweiht ist. Ich habe die Hauptdarstellerin kennengelernt, Aude. Sie ist bezaubernd, und wir waren uns sofort sympathisch. Eine Zuneigung, die Pablo irgendwie verdächtig vorkam. Ich hatte den Eindruck, sie ging ihm gegen den Strich. Doch das kümmerte mich nicht. An jenem Abend war mir alles egal. Ich hatte an diesem Tag einen Theaterkurs begonnen. Meinen eigenen! Zu dem ich mich selbst entschlossen hatte, nicht der Kurs, den Monsieur mir vorschreiben wollte, weil er ja alles über Schauspieler weiß. Ich glaube, er kann gar nicht mehr anders, als über mein Leben zu bestimmen, als würde die Welt, die ich mir einrichte, ihn abschirmen. Dabei ging es uns gut, jedem in seinem Universum, es gab Begegnungen und Gemeinsamkeiten. Aber nun meint er plötzlich, sich für mich verantwortlich fühlen zu müssen, für meine Einstellung, meine Gedanken. Wenn wir in Gesellschaft sind, sehe ich ihn die Augenbraue heben, sobald ich den Mund öffne, als würde ich jeden Moment etwas Falsches sagen … Was dann auch prompt passiert. Ich übertreibe, ich dramatisiere, ich streite, ich benehme mich daneben. Tja, mein kleiner Regisseur, im wahren Leben ist es nicht damit getan, Schauspieler hin und her zu kommandieren. Da passt nicht immer alles in den Rahmen und ins Bild, und man kann nichts dagegen tun. Es geschieht einfach, man hat es nicht in der Hand. Ich habe Lust, ihm ins Gesicht zu schreien, dass ich ein freier Mensch bin, dass mich nichts an diese erdrückende Zweisamkeit fesselt, an dieses Spießertum, an seine Art, uns beide zu verwalten. Ich bin das Gespenst einer Gefangenen. Ich entfliehe diesem Leben in der Einsiedelei und entdecke die Bühne für mich, eine wundervolle Erfahrung. Ich staune über die Herzlichkeit der Schauspieler, mit denen ich dort zusammenarbeite. Sie sind weiter alsich, aber ich spüre eine unglaubliche menschliche Fülle in unserem Spiel, unseren Improvisationen, unserem Lachen. Mit Pablo rede ich darüber nie. Er ist mir zu fern, und ich habe Angst, dass er mir die Freude daran verdirbt, denn alles, was mit mir zu tun hat, ist verachtenswert. Schade. In dem, was ich tue, ist ein Teil von ihm. Leide ich? Wahrscheinlich, ich wage nur nicht, es mir einzugestehen. Leidet er? Vielleicht. Das kann ich nicht beurteilen. Seine kreative Arbeit absorbiert alles, was im Leben schwierig ist. Manchmal frage ich mich sogar, ob er überhaupt weiß, was wir verloren haben.«

    Wir haben den Tisch unter die Bäume gestellt. Der Himmel schenkt uns sein strahlendstes Sommerblau. Der Mistral hat in den vergangenen drei Tagen gründlich aufgeräumt. Im Garten rennen ein Dutzend Kinder umher. Zwei oder drei Männer halten ein Schwätzchen. Im Vorbeigehen schnappe ich auf, dass es um Zigarren aus Kuba und der Dominikanischen Republik geht. Ein paar Frauen unterhalten sich zwischen Küche und Buffet – der Steintisch unter der großen Pinie ist wie für ein Fest gedeckt.
    Ich entdecke Pablo mit einer Flasche Wein und einem Korkenzieher in der Hand. Unsere Blicke treffen sich, er lächelt mir zu, er liebt mich, Auge in Auge. Wie ist es möglich, dass wir uns so sehr aus den Augen verloren haben und einander nun so nah fühlen? Nur dank meiner Amnesie? Ich kann es kaum glauben. Aber ich habe das Heft ja noch nicht bis zum Ende gelesen. Nichts auslassen. Der erste Eindruck von meinem Leben, das ich mir in gewisser Weise nacherzähle, muss der richtige sein. Was ich lese, sagt mir oft nichts, ich bin nur die aufmerksame, aber gleichgültige Zuschauerin. Ich begleite das Leben der anderen.
    Bei Sonnenuntergang hat Pablo die Idee, ein Concerto von Mozart aufzulegen. Momente der Stille und ein Frieden, in dem die Farben des Himmels zum Klang der Geigentanzen. In diesem Augenblick ist alles Musik. Ich versinke in den Armen des Mannes, der mein ganzes Leben ist, obwohl ich ihn erst seit acht Wochen kenne. Wenn es die Reinkarnation gibt, dann muss sie dem Abenteuer ähneln, das ich durchlebe. Intuitiv wissen, dass es da etwas oder jemanden gibt … Rein intuitiv.
    Ich muss vorsichtig sein und das Heft unbemerkt lesen. Ich vermute, für Pablo wäre es die Enthüllung der Unstimmigkeiten zwischen uns. Ich möchte diese Zeit nicht wieder aufleben lassen. Doch dazu muss ich verstehen, wie ein Gehirn einfach beschließen kann, das Tor zu einem gemeinsamen Leben so endgültig zuzuschlagen. Ich erhalte wenige Anrufe von auswärts und kann mein Pariser Leben vergessen. Hin und

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