Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe der anderen

Die Liebe der anderen

Titel: Die Liebe der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederique Deghelt
Vom Netzwerk:
es noch nicht glauben. »Ich weiß, das hast du ja gesagt, aber ich bin … Ich brauche noch einen Moment, um es zu begreifen.«
    Ich habe ihm nichts verschwiegen. Ich habe vom Theater erzählt, von meinem Kurs, dem Workshop, der aufgezeichneten Improvisation. Nur meine Nacht mit François habe ich ausgelassen. Diese Beichte hebe ich mir für später auf. Ich habe ihm meine Ahnungen beschrieben, meinen Entschluss, nicht mit Freunden darüber zu reden, meine Einsamkeit, und vor allem das Vergnügen, ihn, Pablo, kennenzulernen. Ich habe ihm von all den glücklichen Augenblicken erzählt, die ich in unserer Familie verbrachte, oder mit ihm allein, im neuen Licht meiner Amnesie. Zwischen den Zeilen habe ich ihm zu verstehen gegeben, dass ich von unseren Problemen weiß.
    Ich respektiere Pablos Verwirrung, mit der auch ich zu kämpfen hatte. Er sieht mich unglücklich an, und ich fühlemich wie eine Fremde, die ihm Lügengeschichten vom Tod eines lieben Menschen aufgetischt hat. Ich möchte meine Hand ausstrecken, seine Wange berühren, ihn in den Arm nehmen, doch ich wage es nicht. Als würden meine Enthüllungen, die auch für mich noch neu sind, unsere gemeinsamen zwölf Jahre bei ihm ebenfalls ausradieren. Ich habe keinen Zugang mehr zu seinem Körper, seit ich ihm offenbart habe, wie fremd er mir ist. Ich möchte ihn aus seiner Erstarrung reißen.
    »Pablo? Ich brenne. Was ist am Abend vor meiner Amnesie passiert? Waren wir da zusammen? Du musst es mir sagen, ich habe so auf diesen Moment gewartet …«
    »So sehr wohl auch wieder nicht, sonst hättest du mir gleich davon erzählt!« Er fällt mir barsch ins Wort, und ich weiß nicht, was ich antworten soll. Während ich betreten schweige, fängt er sich mit einem Seufzer wieder. »Wir waren in diesem Restaurant verabredet, in dem wir uns kennengelernt haben. Dort sollte ein Fest für dich stattfinden, zum Abschied von
TV Locale et Compagnie
. Ich glaube, das war Pierres Idee. Du warst schon da, als ich hinkam. Du warst betrunken. Ich hatte dich noch nie in einem solchen Zustand gesehen. Marie, du hast mich angesehen wie … ich weiß auch nicht … Das war noch schlimmer als Verachtung. Ich habe versucht, mit dir zu reden. Du sagtest, du hättest mich mit ihr gesehen, mit meiner Geliebten. So etwas hättest du mir nie zugetraut.« Er hält inne.
    Als ich ihm von dem Heft erzählte, habe ich behauptet, ich wäre ihm nie gefolgt. »Wo habe ich euch gesehen?«
    »Am Flughafen«, sagt er, »als ich jemanden zum Flughafen brachte. Jedenfalls habe ich es so verstanden. Der Rest des Abends war eine einzige Katastrophe. Mein Bruder tauchte auf. Ich überraschte dich hinten in einem Nebenraum in seinen Armen, du schlugst um dich, er versuchte dich zu überwältigen … Er zerrte deinen Rock hoch, es war …« Ich spüre, dass er mit den Bildern seiner Erinnerung kämpft undverstehe jetzt, warum er es bei seiner Filmvorführung so eilig hatte, mich aus Igors Klauen zu befreien. »Er behauptete, du hättest dich ihm an den Hals geworfen. Du hättest es gewollt … Es war ein Alptraum. Ich war am Ende.«
    Ich nehme ihn in den Arm, wiege ihn. »Pablo, das ist das letzte Mal, dass wir über diesen Abend sprechen. Aber ich muss es wissen. Ich kann nicht länger im Dunkeln leben. Vielleicht werde ich mein Gedächtnis nie wiederfinden. Ich habe zwölf Jahre meines Lebens geopfert, um etwas zu retten oder um einem Leben zu entkommen, das unerträglich geworden war, ich weiß es doch auch nicht, aber ich muss versuchen, die Fäden zu entwirren und …«
    Er legt mir einen Finger auf den Mund. »Ich weiß es, Marie. Uns beide wolltest du retten. Unsere Liebe. Ich verstehe nicht, wie ich in diese Spirale geraten konnte. Ich habe diese Frau nicht geliebt. Sie gab mir etwas, dass mich an dich erinnerte und das du verloren hattest. Anfangs war sie nur eine … eine ganz normale Bekannte. Sie interessierte sich für mein Drehbuch. Je mehr Probleme wir beide miteinander hatten, desto präsenter, netter und witziger war sie. Nach der Woche in unserem Häuschen im Februar … Ach, stimmt, das muss ich dir wohl erst noch erzählen …«
    »Nicht nötig, ich habe mein Tagebuch gelesen. Ich bin auf dem Laufenden.«
    »Mir wurde plötzlich klar, dass ich genau das Leben führte, vor dem mir immer gegraut hatte«, sagt Pablo. »Ich habe mich von ihr getrennt. Ich habe es wenigstens versucht, behutsam. Ich sorgte dafür, dass wir uns nicht mehr so häufig über den Weg liefen, hatte mehr zu tun und

Weitere Kostenlose Bücher