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Die Liebe der anderen

Die Liebe der anderen

Titel: Die Liebe der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederique Deghelt
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weniger Zeit für sie. Aber sie war immer für mich da gewesen, als es mir schlecht ging. Sie war wunderbar zu mir, und sie wirkte sehr verliebt. Ich wollte mich nicht wie ein Schwein benehmen.« Er macht eine Pause und sieht mich an.
    Ich nehme mein Heft, reiße die Seiten heraus, die ich noch nicht gelesen habe, und gebe ihm den Rest. »Es istwichtig, dass du Bescheid weißt. Ich für mein Teil weiß nicht mehr als das, was ich dir erzählt habe, nicht mehr, als auf diesen Seiten steht, als diese Geschichte, die ich nicht einmal zu Ende gelesen habe, bevor ich heute Abend das Gespräch mit dir suchte. Lies du sie auch, dann habe ich wieder das Gefühl, wir leben mit denselben Erinnerungen.«
    Während er liest, überfliege ich die letzten Blätter, die mir noch fehlten.

    »April, Mai. Ich bin geflohen, niemand weiß, dass ich hier bin. Ich bin eine leere Wiege … Ein verwüsteter Leib. Alles hat sich gegen mich verschworen, ich halte es nicht mehr aus. Es reicht nicht, das Glück trotzig festhalten zu wollen. Den Wunsch müssen beide haben. Ich lese noch einmal die Notizen, die ich in letzter Zeit gemacht habe. Ich verstehe, wie das alles passiert ist. Ich könnte das Geschehene und unser jetziges Leben kurz und knapp schildern. Februar, Liebe. Werde schwanger. Stop. Eigentlich unmöglich. Stop. Trotz Verhütung. Stop. Die Natur folgt ihren eigenen Gesetzen. Nichts sagen, bis klar ist, dass trotz der Umstände alles in Ordnung ist. Pablo ist nervös und gereizt. Er schleppt die Schuldgefühle jener freudlosen Menschen mit sich herum, die sich niemals eine Niederlage eingestehen werden. Ich weiß nicht, ob er meine Rivalin noch sieht, das Wort kommt mir kaum über die Lippen. Kann man mit etwas in Konkurrenz treten, das man nicht kennt? Aber es ist die einzige Bezeichnung, die mir in den Sinn kommt, wenn ich diesen fremden Duft an seiner Kleidung rieche. Ich suche nicht danach, er klatscht mir ins Gesicht wie eine Ohrfeige. Und Pablo schweigt, tut so, als wäre nichts. Ich sehe ihn jetzt mit anderen Augen. Er hat jeden Sinn für das Kostbare verloren, er hat einen Schatz vernachlässigt, den es zu beschützen galt. Er verliert die Lust an der Verbundenheit, die wichtig ist, wenn alles andere nachlässt. Ist es mein Fehler? Die anderen geben mir Halt, ohne es zu wissen, aber sie sind nicht schwergenug. Sie können mein verlorenes Glück nicht aufwiegen. Ihn liebe ich, und von ihm hängt das Glück ab, das mein Lebenselixier war. Ich muss Worte finden, um ihm zu sagen, was geschehen ist. Kaum haben sich die Wogen geglättet, nimmt ein kleiner Mensch meinen Körper in Beschlag, ein weiteres Kind kündigt sich an. Ich errechne den Abstand zu unserem ersten, meinem großen Baby, das inzwischen schon acht ist. Youri, der gewünscht, geplant, ersehnt war. ›Was? Es hat noch nicht geklappt?‹, fragte Pablo nach dem ersten Monat ohne Verhütung gekränkt, als stünde seine Männlichkeit in Frage. Ich machte mich über ihn lustig. Und dann die anderen zwei, die auch gewollt waren, irgendwie, auch wenn der Spaß im Vordergrund stand. Der Existenz die Tür weit geöffnet. Komm, wann du willst, du bist willkommen. Unsere beiden Prinzessinnen kamen wie ein Sturm über uns. Und dieser hier, ungeplant, überwindet jedes Hindernis und rebelliert schon jetzt. Geschlecht unbekannt, aber ein Wirbelwind allemal. Backbord Kind in Sicht. Schöne Idee. Ich bin sicher, es wird Pablo gefallen. Nein. Ich bin sicher, es hätte Pablo gefallen. Denn über den Fremden an meiner Seite weiß ich nichts.«

    »Und dann eines Morgens dieser schreckliche Brief, den jemand unter der Tür hindurchgeschoben hatte. Ein Brief von ihr, meiner Rivalin, die für mich immer mehr zur elenden Kreatur wurde und die Vertreibung aus dem Paradies bedeutete. Ein entschiedener, klarer, eindeutiger Brief, am Computer geschrieben. Unvermeidliche Worte wie: ›Pablo liebt mich. (Ach ja?) Ich bin sicher, Sie wissen nicht von mir. (Von wegen!) Ich glaube nicht, dass er Ihnen von mir erzählt hat. Er wird Sie verlassen. Er wird ein neues Leben mit mir beginnen. Wegen der Kinder wagt er es nicht, mit Ihnen zu reden. Ich glaube, Sie sind ein netter Mensch. (Danke.) Ich möchte, dass Sie Bescheid wissen, es ist besser für ihn und für Sie. Und auch für mich: Ich habe gern klareVerhältnisse. Mit freundlichem Gruß. Seine große Liebe.‹
    Die Worte tanzten mir von den Augen. Ich wusste nicht, dass man der Frau, deren Platz man will, einfach einen Brief schreiben kann.

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