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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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dabei. Zwei Wochen waren seit jenem verhängnisvollen Tag vergangen, an dem man sie aus dem Gasthaus verschleppt und ins Gefängnis geworfen hatte. Dora staunte, war sie doch der festen Überzeugung gewesen, schon mindestens einige Wochen, wenn nicht gar längst Monate in dem Verlies tief unter dem Krakauer Rathaus einzusitzen.
    »Wir haben immer noch Juli?«, hakte sie ungläubig nach und musterte das bartlose Antlitz des Pfarrers. Zum ersten Mal überhaupt fiel ihr auf, dass er nur wenige Jahre älter sein mochte als sie selbst. Wahrscheinlich war er gleich alt wie Jörg und Veit. »Wie geht es meiner Base? Kümmert Ihr Euch um sie?«
    »Sie bedarf meiner Hilfe wohl kaum. Schon als ich ihr die beiden Bücher Eures Gemahls …«
    »Was?« Doras Stimme überschlug sich. »Ihr habt ihr die Aufzeichnungen meines Gemahls gegeben? Habe ich Euch nicht erklärt, wie kostbar sie für mich sind und dass sie keinesfalls dem Falschen in die Hände fallen dürfen? Wenn meine Base sie hat, wird es Göllner bald gelingen …«
    »Göllner? Ihr meint doch nicht etwa den Hausvogt unseres Herzogs? Was hat er damit zu schaffen?«
    Die Röte auf Tönnies’ Wangen verschwand so rasch, wie sie darin eben vor Eifer aufgestiegen war. Sein Gesicht zeigte wieder die übliche gelblich graue Färbung, unter seinen Augen bildeten sich dunkle Ringe. Göllners Name schien ihm Furcht einzuflößen. Das konnte gut oder schlecht für sie sein. Gut, weil er möglicherweise ebenfalls einen Grund hatte, die dunklen Machenschaften des Hausvogts aufzudecken, schlecht, weil seine Angst möglicherweise zu groß war, als dass er das wirklich bis zum Ende durchhielt. Sie beschloss, auf der Hut zu bleiben, bis sie sich seiner ganz sicher sein konnte.
    »Vorhin habt Ihr angedeutet, es bestünde Hoffnung, mir aus dem Kerker zu helfen«, wechselte sie vorsichtig das Thema.
    Tönnies atmete auf. »In der Tat gibt es einen Weg für Euch aus dem Kerker«, verkündete er und richtete sich bei seinen Worten kerzengerade auf. Langsam kehrte die Farbe auf seine Wangen zurück, auch das Lächeln um seine Mundwinkel wurde wieder erkennbar. »Eure Base hat mir berichtet, dass sie ins Judenviertel nach Kazimierz gegangen ist, um …«
    »Meine Base? Ins Judenviertel? Allein?« Von neuem meinte Dora ihren Ohren nicht zu trauen.
    »Sie hat dort mit einem gewissen Jan Gottlieb gesprochen.« Tönnies’ Augen leuchteten. Er rutschte auf dem Schemel nach vorn, zugleich fasste er mit beiden Händen nach den ihren. »Der Jude muss ein sehr gelehrter Mann sein, der viele wichtige Bürger in Krakau …«
    »Meine Base hat Euch also erzählt, dass sie mit dem Juden geredet hat«, unterbrach Dora ihn, bevor er zu weit vom Thema abschweifte. »Hat sie zufällig erwähnt, dass sie dort auch den alten Singeknecht, also den Vater des Baumeisters Veit Singeknecht, getroffen und mit ihm über meine Angelegenheit gesprochen hat?«
    »Warum erwähnt Ihr immerzu diesen Namen?« Verständnislos blickte Tönnies sie an. »Ich kenne keinen Singeknecht. Wieso hätte Eure Base ihn dort treffen sollen? Und von welcher Angelegenheit sprecht Ihr? Hat das etwas mit Eurer Verhaftung zu tun?«
    Wieder hatte sie vergessen, dass er mit Veits Namen nichts anfangen konnte. In seiner Gegenwart war nie von ihm die Rede gewesen, auch bei dem Gespräch mit Steinhaus und seinen Krakauer Freunden im Wirtshaus in der Floriansgasse war er nicht zugegen gewesen. Gleich bei seiner Ankunft hatte er seine Unterkunft in der Nähe der Universität bezogen.
    »Ist dieser Mann so wichtig für Euch?«, versuchte er abermals sie aus ihren Grübeleien zu erlösen. Lange sah sie ihn an, überlegte, ob sie ihn nicht doch besser in alles einweihen sollte. Dazu müsste sie ihm allerdings jede Einzelheit ausführlich erklären. Dafür fehlte die Zeit.
    »Wenn meine Base den alten Singeknecht nicht erwähnt hat, wird sie ihm bei Gottlieb nicht mehr begegnet sein«, fuhr sie stattdessen fort. »Wahrscheinlich hat er also mit seinem Sohn die Stadt verlassen. Damit ist die letzte Möglichkeit verloren, mich vor dem Henker zu retten. Dieser Singeknecht ist nämlich der Einzige, der beim Gerichtsvogt oder gar dem König eine alte Geschichte zwischen meinem verstorbenen Gemahl und Hausvogt Göllner aufklären kann. Die wahren Hintergründe für den Tod meines Mannes würden dadurch aufgedeckt, und damit gäbe es keinen Grund mehr, mich hier unten einzukerkern.«
    »Ihr sprecht in Rätseln.«
    »Es dauert zu lange, Euch das

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