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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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hörte, »ist die arme Frau derart vom Teufel heimgesucht, dass es gar keinen Sinn macht, sie noch länger im tiefen Keller schmorenzulassen. Da fühlt sich der Teufel nur umso wohler in ihr.«
    Dora lauschte dem Kaufmann voller Entsetzen. Reichte es ihm nicht, dass er ihr Flehen um Beistand letztens so rüde abgewiesen hatte? Musste er nun, da sie längst am Boden lag, noch stärker nachtreten? Wieso beschäftigte er sich überhaupt mit ihr? Ihr Schicksal sollte ihm völlig egal sein. Wieder musterte sie den rothaarigen, stämmigen Mann. Etwas an seinem Gebaren stieß ihr auf. Noch aber konnte sie nicht genau fassen, was.
    »Eher verrottet ihr irdischer Leib, als dass der Teufel hier unten ihre Seele freigibt«, fuhr er schmunzelnd fort. »Ihr wisst selbst, die lutherischen Teufel sind ganz anders geartet als alles, was uns bislang untergekommen ist. Genau das habe ich auch dem ehrwürdigen Zygmunt August gesagt. Der König ist deshalb davon überzeugt, dass die Frau im Verlies oben auf dem Wawel weitaus besser aufgehoben ist als in diesem Loch unter dem Rathaus.«
    Ein Verlies auf dem Wawel? Was sollte sie im Königsschloss? Sie begriff gar nichts mehr. Baranamis roter Bart leuchtete mit der Flamme an der Fackel um die Wette, seine Augen glänzten. Um seine Mundwinkel lag ein eigenartiges Lächeln. Seine ganze Gestalt erschien ihr als sehr eindrucksvoll und überhaupt nicht mehr eingeschüchtert oder abweisend wie letztens im Gerichtssaal. Dieses Mal buckelte eher der finstere Gerichtsvogt vor ihm und war ganz von seinem Einfluss gefangen. Noch einmal glitt ihr Blick über Baranami. Plötzlich wusste sie, was sie an seinem Auftreten hatte stutzig werden lassen: Mit seinen roten Haaren und den grünen Augen wie auch der hünenhaften Gestalt sah er selbst genau so aus, wie sich ein gutgläubiger Christenmensch den Leibhaftigen vorstellte. Fehlte nur noch, dass er leicht hinkte. Als ob er ihre Gedanken lesen könnte, machte Baranami im selben Moment einige Schritte. Ihr blieb der Mund offen stehen, als sie das deutliche Nachziehen des rechten Beines gewahrte. Auf einmal schauderte es sie. Bang sah sie zu Tönnies. Aus dem Leib des Pfarrers war alles Leben gewichen. Stocksteif stand er da, das Gesicht kalkweiß, wirkte völlig unfähig, sich zu regen. Hatte Baranami ihn etwa verhext? Kaum dachte sie das, durchzuckte ein jäher Schmerz ihren Kopf. Ihr wurde schwindlig, sie stolperte zu einem der Schemel und sank darauf nieder. Wenn Baranami zu solchem Zauber fähig war, warum verhexte er dann nicht den Gerichtsvogt? Somit könnte sie aus dem Verlies fliehen und noch einmal zu ihrer kleinen Johanna zurück.
    »Ihr wisst, wie gut ich mich mit solchen Fällen auskenne«, hörte sie den Kaufmann wie aus weiter Ferne sagen. »Ein Blick in diese seltsamen, verschiedenfarbigen Augen genügt mir, um Bescheid zu wissen. Natürlich hat der Pfarrer nichts aus ihr herausgebracht. Ebenso wird auch der Henker nichts aus ihr herausholen. Sie ist völlig verstockt. Der König vertraut mir in solchen Angelegenheiten blind. Deshalb ist es ihm wichtig, dass die Frau jetzt mit mir auf den Wawel kommt.«
    »Das geht nicht«, widersprach Wierzynek.
    »Ihr wollt Euch ernsthaft dem Willen des Königs widersetzen?« Baranami lachte auf.
    »Der preußische Hausvogt hat ausdrücklich mich damit beauftragt, für ihre Verurteilung zu sorgen«, beharrte Wierzynek.
    »Es mag gut sein, dass Ihr Euch neuerdings den Wünschen des preußischen Hausvogts verpflichtet fühlt«, gab sich Baranami betont verständnisvoll, »dennoch bleibt Ihr ein Untertan des polnischen Königs und seinen Befehlen unterworfen. Seiner Majestät liegt ein Brief des preußischen Herzogs vor. Darin berichtet der vom Tod seines Vertrauten Urban Stöckel sowie von der möglichen Verstrickung der Witwe in das Unglück. Außerdem geht es um wichtige Unterlagen, die seither verschwunden sind. Das hat Zygmunt bewogen, der Bitte seines Neffen zu entsprechen und die Stöckelin bis zur Klärung der Vorwürfe auf dem Wawel einkerkern zu lassen.«
    »Was?« Tönnies entfuhr ein Laut des Entsetzens. Dora wollte ihm bedeuten, wie gern sie ihm das alles selbst erklärt hätte, doch er wich ihr geflissentlich aus.
    »Das geht nicht«, blieb Wierzynek fest. »Ihr kennt das Recht. Die Stöckelin wurde innerhalb der Stadtmauern festgenommen, die Anschuldigungen gegen sie wurden hier im Rathaus vorgebracht. Also muss sie auch hier in Krakau gerichtet werden.«
    »Ihr wollt Euch also wirklich dem

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