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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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möglichst kein zweites Mal mehr zu stolpern. An Tönnies’ empörtem Schnaufen erkannte sie, dass zumindest einer in ihrer nächsten Umgebung noch zu menschlichen Gefühlen fähig war. Wie seltsam, durchfuhr es sie, dass ausgerechnet der blasse, farblose Priester, den sie kaum kannte und bislang so wenig mochte, nun der Einzige war, der noch zu ihr hielt.
    »Da lang!«, knurrte der Büttel und schubste sie harsch in einen engen Durchschlupf nach rechts. Unwillkürlich duckte sie sich, um sich den Kopf nicht ein zweites Mal anzurammen. Nach wenigen Schritten aber richtete sie sich wieder auf. Der neue Gang war zwar so eng, dass selbst sie mit ihren schmalen Schultern gelegentlich die rauhen Wände schrammte und die Männer hinter ihr sich seitlich hindurchzwängen mussten, allerdings war er hoch genug, um aufrecht zu bleiben.
    »Stopp!« Abrupt hielt der Büttel sie fest. Wenige Schritte vor ihr versperrte eine Tür den Weg, der Gang weitete sich ein wenig. Schwer keuchend zwängte sich der Mann an ihr vorbei, versengte mit der nah über ihren Kopf gehaltenen Fackel fast ihre Haare, um sich dann nach vorn zu beugen und die Tür aufzuschließen.
    »Rein mit Euch!«, raunzte er und winkte sie an sich vorbei. Dieses Mal musste sie sich mit angehaltenem Atem an ihm vorbeischieben, berührte dabei auf sehr unangenehme Weise mit ihrer Brust seinen Leib, was ihm ein freches Grinsen entlockte. Dann trat er einen Schritt hinter die Tür, um Tönnies ohne jeden Körperkontakt einzulassen.
    »Setzt Euch dorthin«, brummte er und wies auf einen Tisch, an dessen Längsseiten zwei Schemel standen.
    »Hier?« Tönnies schaute sich entsetzt in dem fensterlosen Verlies um. Deutlich war ihm anzusehen, wie sehr ihm der Ort missfiel. Gern hätte Dora ihm erklärt, dass ihr das fensterlose Loch fast wie ein Palast erschien, war es doch weitaus größer als ihre Zelle und befand sich vor allem weitab vom Geschrei aus dem Folterkeller.
    »O verzeiht, hoher Herr«, säuselte der Büttel und verbeugte sich übertrieben tief. »Der Thronsaal im Wawel wird derzeit leider von so unwichtigen Leuten wie König Zygmunt August benutzt, so dass Ihr mit dieser bescheidenen Örtlichkeit vornehmen müsst. Ich werde alles tun, Euch so schnell wie möglich einen anderen Saal zu beschaffen. Wäre Euch der Ratssaal vielleicht genehm?« Als er sich wieder aufrichtete, war sein Grinsen noch breiter. Seine Augen funkelten spöttisch im Licht der Fackel, bevor er den Mund aufriss und losbrüllte: »Rein mit Euch, Ihr elendes Lutherpack! Seid froh, dass ich Euch nicht gleich auf den Scheiterhaufen werfe. Wenn es nach mir ginge, würdet Ihr beide längst lichterloh brennen. Eine Schande, dass König Zygmunt August wie schon sein Vater mit gottlosem Pack wie Euch so nachsichtig ist. Den Papst wollt Ihr stürzen, uns unsere Heiligen nehmen. Und warum? Nur damit Ihr besser mit den Hexen und dem Teufel rumhuren könnt! Doch wartet nur, eines Tages wird die Zeit kommen, da Ihr Eure Strafe erhaltet. Für alle Ewigkeit schmort Ihr dann in der Hölle.«
    Unheilvoll verfing sich der Klang seiner dunklen Bassstimme in den Tiefen des weitläufigen Kellergewölbes. Nachdem der geendet hatte, hallte das wüste Geschrei noch einige Zeit nach. Vor Schreck sank Tönnies wie ein nasser Mehlsack zusammen. Dora trat zu ihm, klopfte ihm beruhigend auf die Schulter. Flugs zerrte der Büttel sie weg, schleuderte sie wütend gegen die Wand. Als sie gegen die spitzen Bruchsteine prallte, platzte die Wunde an ihrer Stirn von neuem auf. Ihre Finger tasteten das feuchte Blut.
    »Verfluchtes Miststück!«, zeterte der Büttel. »Lass deine dreckigen Finger bei dir und erdreiste dich nicht, vor meinen Augen Unzucht mit dem Pfaffen zu treiben.« Er hob die Fackel nah vor ihr Gesicht, schaute sie eindringlich an. Dabei gewahrte er die verschiedenen Farben ihrer Augen und schreckte zurück. Das böse Grinsen auf seinem Antlitz erstarb, die Haut wurde grau vor Angst. »D-D-D-Du m-m-m-musst d-d-d-der T-T-T-Teufel selbst sein!«, stammelte er und schlug mit zittriger Hand ein Kreuz vor der Brust.
    »Keine Angst«, erklärte sie ruhig. »Wenn Ihr mich mit dem Priester eine Weile allein lasst, geschieht Euch nichts.«
    Sie hob die blutverschmierte Hand. Der Büttel wich zurück. Mit zittrigen Fingern steckte er die brennende Fackel in die Halterung an der Wand und flüchtete aus der Zelle. Krachend fiel die Tür ins Schloss. Sie meinte ihn hinter dem dicken Eichenholz erleichtert aufatmen zu

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