Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
Vom Netzwerk:
Befehl Seiner Majestät, dem König von Polen, widersetzen?« Baranami tat zwar immer noch belustigt, dennoch war der drohende Unterton seiner Stimme deutlich zu hören.
    »Es geht nicht darum, was ich will oder nicht, es geht allein darum, was Fug und Recht ist.«
    »Und Ihr wisst ebenso wie ich, dass der Wille des Königs mehr zählt als der Wille eines städtischen Gerichts.« Baranami trat nah vor Wierzynek hin, baute sich ebenso breitbeinig wie dieser vor ihm auf, hakte die Daumen in die Gürtelschlaufen.
    In der engen Zelle breitete sich ein unheilvolles Schweigen aus. Kaum einer der Anwesenden wagte Luft zu holen, zu beeindruckend war der Auftritt der beiden ebenso mächtigen wie gewaltigen Männer. Selbst der Büttel, der mit seinem dunklen Bart und dem eindrucksvollen Bauch nur wenig hinter den Ausmaßen der beiden Herren zurückblieb, wirkte auf einmal ebenso eingeschüchtert wie Tönnies.
    Dora kam aus dem Staunen nicht heraus. Die beiden Männer stritten um ihre Seele, ein jeder davon überzeugt, dass die längst vom Teufel besessen war. In Wahrheit aber ging es nicht mehr um ihre Rettung aus höllischen Abgründen, sondern allein darum, ob ihr innerhalb der Stadtmauern oder auf der Königsburg der Garaus gemacht werden sollte.
    »Eine preußische Bürgerin lutherischen Glaubens kann nicht mitten auf dem Krakauer Marktplatz dem Schafott übergeben werden«, stellte Baranami fest. »König Zygmunt wie auch sein ebenfalls auf dem Thron sitzender Sohn Zygmunt August haben sich gemäß der Tradition ihrer Ahnen dafür ausgesprochen, im Streit der Konfessionen keiner Seite zu Leibe zu rücken. Ganz im Gegenteil werden sie jedem, der aufrichtig glaubt, sichere Zuflucht gewähren, um diesen Glauben zu leben, sei er römisch-katholisch wie die Jagiellonen selbst oder lutherisch wie der königliche Neffe in Preußen oder jüdisch wie die meisten Bürger in Kazimierz, auf dessen Mauern der schützende Schatten des Wawel fällt. Seit mehr als einhundert Jahren verfolgen die Jagiellonen diese Politik. Denkt daran, was vor wenigen Jahren in Thorn geschehen ist, als ein päpstlicher Legat vor der Johanniskirche lutherische Schriften ins Feuer warf. Voller Zorn haben sich die Reformierten auf ihn gestürzt und hätten ihn gewiss in der Luft zerrissen, wenn es nicht einigen besonneneren Bürgern im letzten Moment gelungen wäre, ihn aus der Stadt zu schaffen. Solltet Ihr also tatsächlich daran festhalten, eine Frau lutherischen Glaubens, noch dazu eine Bürgerin aus der Stadt des königlichen Lieblingsneffen, auf dem Krakauer Markt dem Feuer übergeben zu wollen, so möchte ich nicht in Eurer Haut stecken. Selbst wenn davon auszugehen ist, dass sie vom Teufel besessen ist, so zählt vor allem eins, sie ist lutherischen Glaubens. Ein Großteil der hier ansässigen Kaufleute und Bürger sind lutherischen Glaubens, von vielen Gelehrten an der Universität ganz zu schweigen. Eine Glaubensgenossin von ihnen als Hexe zu brandmarken und verbrennen zu wollen, und das alles noch vor den Augen unseres Königs, der Euch ausdrücklich zu einem anderen Vorgehen aufgefordert hat – nein, mein guter Wierzynek, ich glaube, das solltet Ihr besser seinlassen. Euer eigenes Seelenheil sollte Euch in diesem Fall wichtiger sein als das Beharren auf städtischen Befugnissen oder die Erfüllung einer Bitte aus dem fernen Königsberg.«
    Der Gerichtsvogt schwieg, ganz darauf bedacht, sich nicht anmerken zu lassen, wie Baranamis Worte auf ihn wirkten.
    »Noch dazu dreht es sich bei dieser leidigen Anklage um den Tod eines verdienten Gefolgsmannes von Herzog Albrecht.« Baranami lockerte seine Haltung, strich den Stoff seines Faltrocks über dem Bauch glatt und erlaubte sich dabei wie zufällig ein leichtes Zwinkern zu Dora, das sie verblüffte. »Zygmunt hat mir bestätigt, dass ihm Kammerrat Stöckel persönlich bekannt war. Deshalb hat sich Herzog Albrecht auch direkt an ihn gewandt. Im Namen seines Neffen wird sich der König fortan selbst um die Klärung der rätselhaften Todesumstände kümmern wollen. Ihr werdet wohl kaum riskieren wollen, dieser leidigen Sache wegen Euer eigenes Schicksal auf die Probe zu stellen. Also werdet Ihr mir jetzt sofort die Frau übergeben. Oben vor dem Rathaus stehen die königlichen Wachen. Die werden sie zum Wawel geleiten.«
    Einen weiteren Einspruch Wierzyneks wartete er gar nicht mehr ab, sondern machte auf dem Absatz kehrt. Aufrecht ging er an dem verdutzten Büttel vorbei in den engen Gang. Seinen

Weitere Kostenlose Bücher