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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Sieht ganz so aus, als besäße sie die Frechheit, auch noch hocherhobenen Hauptes auf dem Wawel herumzustolzieren.«
    Dicht vor Dora kam er zum Stehen. Sosehr ihr Leib im Inneren vor Angst bebte, so ruhig blieb sie nach außen. Mühsam zwang sie sich ebenfalls zu einem Lächeln. »Gott zum Gruße, mein lieber Göllner. Zu viel der Ehre, dass Ihr meinetwegen nach Krakau gekommen seid.«
    Um seine herabhängenden Mundwinkel zuckte es, mühsam beherrscht presste er die Lippen aufeinander. Zu ihrem Erstaunen schwieg der Gerichtsvogt.
    »Göllner und Wierzynek, gut, dass Ihr kommt! Der König und sein Sohn warten nicht gern.«
    Sobald die Stimme vom Seitentrakt des Gesandtensaales durch das Treppenhaus schallte, hellte sich Göllners Miene auf, auch Wierzynek wirkte wieder sicherer.
    »Gott zum Gruße, verehrte Stöckelin«, tat der Hausvogt freundlich. »Ihr hört es, wir müssen leider zum König und können nicht länger mit Euch plaudern. Sieht so aus, als wären Eure Tage nicht nur auf dem wunderschönen Wawel bereits gezählt.«
    Damit drängte er sie eilig beiseite. Wierzynek folgte ihm, versäumte allerdings nicht, ihr einen drohenden Blick zuzuwerfen. Abermals zwang sie sich, sich nichts anmerken zu lassen. Erst später in der Dachkammer gab sie sich ganz der Verzweiflung hin. Nur zu gut ahnte sie, was Göllners Auftauchen bedeutete – ihren sicheren Untergang.
    9
    A n diesem Morgen meinte Gret gar nicht mehr aufstehen zu können. Einem riesigen Gebirge gleich wölbte sich erst ihre Brust, dann ihr Bauch vor ihr auf. Arme und Beine waren zu schwach, dieses Ungetüm von Körper auch nur wenige Zoll in Bewegung zu setzen. Sie fühlte sich wie ein Käfer, der hilflos auf dem Rücken lag, nur dass sie nicht einmal mehr mit den Armen und Beinen in der Luft zu rudern vermochte. Ein Wunder, dass sie die bislang eine Woche dauernde Reise von Königsberg bis nach Marienwerder überstanden hatte, noch dazu in der größten Augusthitze. Es war die reinste Tortur gewesen. Kaum wollte sie sich mehr vorstellen, wie sie Stunden über Stunden unter der stickigen Wagenplane ausgeharrt und das Ruckeln und Holpern des Fuhrwerks ertragen hatte. Allein bei dem Gedanken verkrampfte sich ihr Unterleib von neuem, und es würgte sie heftig. Zumindest hatte sie es bis Marienwerder geschafft. Dank ihrer Brautreise mit Veit und Jörg vor etwas mehr als zwei Jahren wusste sie dort in Baumeister Jagusch einen alten Freund der Seleges, den sie um Unterstützung bitten konnte.
    Schweißüberströmt lag sie auf der Matratze in einem Gasthaus nahe des Marktes von Marienwerder und rang um Luft. Wo blieb Mechthild nur so lange? Sie drehte den Kopf zur Tür, starrte auf das dunkle Holz. Nichts tat sich. Ihr wurde übel. Welch törichter Plan hatte sie nur dazu bewegt, diese beschwerliche Reise auf sich zu nehmen? Noch dazu, wo sie wahrscheinlich völlig sinnlos war. Veit und sein Vater waren aus Krakau verschwunden, Dora schwebte in großer Gefahr, weil Göllner den Herzog überredet hatte, ihretwegen an seinen Oheim, den polnischen König, zu schreiben. Wie aber wollte sie der Schwägerin beistehen? Nicht einmal aus dem Bett schaffte sie es noch allein. Erschöpft schloss sie die Augen und versuchte an den kleinen Rudolph zu denken. Sogleich fühlte sie sich besser.
    »Alles wird gut!« Schwungvoll wurde die Tür aufgestoßen, und die bucklige Mechthild trat mit einem sonnigen Strahlen auf dem Gesicht ein. Die bunten Bänder an Haube und Kleid flatterten munter bei jeder Bewegung. Vor der Brust trug sie ein Tablett, auf dem Gret eine Kanne Bier, Brot, Schinken, Käse und eine Schale Obst erspähte. »Grohnert und die anderen sind soeben weitergefahren. Hoch und heilig haben sie mir versichert, sich gleich bei ihrer Ankunft in Krakau nach Eurer Schwägerin wie auch nach dem Verbleib Eures Oheims und Eures Vetters zu erkundigen. Außerdem schickt die Wirtin einen Boten zu Meister Jagusch. Ihr werdet sehen, heute Abend schon sitzen wir in seinem Haus und erfreuen uns seiner Gastfreundschaft, bis es Euch wieder bessergeht.«
    »Falls es mir je wieder bessergeht.« Gret erschrak selbst über den jämmerlichen Tonfall, in dem sie das sagte.
    »Das wird schon wieder.« Mechthild stellte das Tablett auf dem kleinen Tisch vor dem Fenster ab und trat zu Gret ans Bett. Behutsam legte sie ihr die flache Hand auf die Stirn. Die Ruhe der Magd ging bald auf sie über. Ihr Atem wurde gleichmäßiger. Mechthild schmunzelte zufrieden. »Zwei Kinder im Leib zu

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