Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)
bedrohlicher, gerade weil sie das Gefühl übermannte, die Königin wie auch Chwałka wären sich nicht im Geringsten bewusst, um was es wirklich ging. »Ich will nicht, dass mich der König begnadigt, weil seine Gemahlin mich für eine befähigte Baumeisterin hält, mit der sie sich über die Baukunst austauschen kann. Mein Gemahl ist auf der Baustelle zu Tode gekommen, weil der herzogliche Hausvogt Göllner ihm seit Jahren nach dem Leben trachtete. Seit Herzog Albrecht Göllner vor mehr als zwanzig Jahren auf Betreiben meines Gemahls aus seinem Umfeld verbannte, wollte Göllner sich dafür rächen. Leider ist es ihm am Ende tatsächlich gelungen. Geschickt hat er Albrecht überredet, meinem Gemahl für den Bau seines Hauses ein völlig ungeeignetes Grundstück zu überlassen. Als die erste Mauer errichtet war, hat der Boden nachgegeben und meinen Gemahl unter sich begraben.«
»Seid Ihr sicher?« Chwałka machte keinen Hehl daraus, wie wenig sie das überzeugte. Dora musste selbst zugeben, dass die Geschichte verworren klang.
»Hat Jan Gottlieb Euch nichts von den beiden Chroniken meines Gemahls berichtet? Darin geht es um die alte Geschichte, die Göllners Rache an meinem Gemahl heraufbeschworen hat.«
Über ihren Worten hellte sich Chwałkas zuvor noch ungläubige Miene auf. Bald strahlte sie wieder so offen wie vorhin, als sie Dora begrüßt hatte. »Wir sollten unserem Freund vertrauen. Vermutlich will er ganz sichergehen und bringt die Aufzeichnungen Eures Mannes dem König zu Gehör, zugleich aber will er Bona Sforza als Eure Fürsprecherin mittels dieser Baumeisterbücher zusätzlich zur Seite haben.«
»Wollen wir hoffen, er weiß, was er tut.«
»Ganz bestimmt!«, versicherte Chwałka und tätschelte ihr wohlwollend den Arm. Dennoch war Dora nicht beruhigt.
»Da wäre leider noch etwas«, begann sie zögernd, um, als Chwałka sie interessiert anschaute, hinzuzufügen: »Baranami muss dem König weisgemacht haben, ich wäre eine Hexe. Denkt daran, was die Königin eingangs zu meinen Augen gesagt hat. Nur deshalb ist es Baranami gelungen, mich aus dem Stadtgefängnis hierherbringen zu lassen.«
»Und nun fürchtet Ihr, hier oben wenn nicht als Gattenmörderin, so doch als Hexe auf dem Schafott zu landen.«
»Ja.« Kaum wagte sie, die Jüdin anzusehen.
»Auch darüber solltet Ihr Euch nicht sorgen. Baranami und Gottlieb sind enge Freunde. Gewiss sprechen sie sich ab, wie sie sich für Euch beim König am besten verwenden.«
»Ich danke Euch«, war alles, was Dora dazu noch zu sagen wusste. Chwałka hatte recht, es blieb ihr nur, zu hoffen und zu vertrauen. Auch wenn es schwerfiel, lag ihr Schicksal doch in Händen von Menschen, denen sie kaum oder noch gar nicht begegnet war.
Auf demselben Weg, wie sie hereingekommen war, führte Chwałka sie aus dem Saal zurück ins Treppenhaus im Nordflügel des Schlosses. Gleich hinter der Tür nahmen die beiden Wachleute sie in Empfang. Eilig brachten sie sie zur Treppe, zögerten aber, hinunterzugehen. Deutlich erklangen eilige Stiefelschritte von unten, begleitet von zwei aufgeregten Männerstimmen. Dora schnappte einige deutsche Satzfetzen auf und wusste, noch ehe sie die Gesichter der Männer erblickte, dass neues Unheil dräute.
»Höchste Zeit, dem Herzog die Augen über die falsche Witwe zu öffnen!« – »Auch der König wird das Seine tun, verlasst Euch darauf.« – »Eine hinterhältige Tat wie diese muss gesühnt werden.« – »Keine Sorge, das wird geschehen. Dass sich ausgerechnet der Jude erdreistet, für sie einzutreten, spricht für sich.« – »Noch dazu, wo der rote Teufel von Baranami sich ebenfalls einmischt.« – »Der Rat wird den beiden das Handwerk legen.« – »Das will ich hoffen.« – »Ihr habt mein Wort.«
Erst auf der letzten Biegung der Treppe verstummten die Stimmen. Die beiden Männer, denen sie gehörten, mussten Dora und die Wachmänner am obersten Treppenabsatz erblickt haben. Sie wagte kaum, ihnen entgegenzusehen. Längst hatte sie die Stimmen erkannt. Auch die Wachleute an ihrer Seite nahmen Haltung an. Zu bedrohlich wirkten der düstere Krakauer Gerichtsvogt Wierzynek und sein in fahles Veilchenblau gewandeter Begleiter Egbert Göllner. Festen Schrittes stiegen sie die Treppen weiter hinauf. Göllners Gesicht verzog sich zu einem schiefen Lächeln. Die Warzen auf seiner Wange leuchteten rot im Sonnenlicht, die dunklen Ringe unter seinen Augen vertieften sich.
»Da haben wir ja unsere Witwe höchstselbst.
Weitere Kostenlose Bücher