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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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den Blick eine Weile schweigend auf dem Antlitz seines Sohnes ruhen zu lassen. Bedächtig nickte er, fuhr sich mit den knöchrigen Fingern abermals durch den graumelierten Bart.
    »Du hast recht, mein Sohn. Lass uns hören, was der preußische Hausvogt über die Vorwürfe gegen die Stöckelin zu berichten hat. Es hat ganz den Anschein, als wäre er genau der Richtige, uns diesbezüglich aufzuklären. Danach werden wir weitersehen.«
    Von neuem stieß er ein schwer zu deutendes Brummen aus. Allein das kurze Aufblitzen in seinen müden Augen weckte für einen Moment Doras Hoffnung, er würde Göllner nicht sonderlich über den Weg trauen. Dieses Gefühl erstarb jedoch gleich wieder, sobald Göllner auf Zygmunt Augusts Zeichen hin vor den Thron trat. Zwei Schritte entfernt von dem alten König blieb er stehen. Wohlgefällig richtete Zygmunt seinen Blick auf ihn und erteilte ihm mit einem Wink das Wort.
    »Danke Euch vielmals für diese Gnade, Majestät.« Schwungvoll nahm Göllner das Barett vom Kopf, verneigte sich tief, bevor er Dora beim Aufrichten einen vernichtenden Blick zuwarf und sich mit einem zuvorkommenden Lächeln wieder bei den polnischen Herrschern anheischig machte. »Mit großem Interesse habe ich Eure Unterhaltung über diese Frau verfolgt. Gestattet mir, einiges zu ergänzen, ehe ich Euch über das Anliegen Eures Neffen unterrichte. Manches wird Euch dann in neuem Licht erscheinen.«
    »Wohl denn«, forderte ihn der junge König leicht ungeduldig auf, der alte stützte den Kopf in die Hand und lauschte, während sich sein Blick in der Weite des Raums verlor.
    »Diese Frau kennt leider keinerlei Scham. Sie schreckt nicht einmal davor zurück, die Königin für ihre Zwecke einzuspannen, wie Ihr eben selbst gehört habt. Durch solch unverfrorenes Verhalten machte sie bereits in Königsberg von sich reden. Den herzoglichen Kammerrat umgarnte sie ganz geschickt, beraubte den ehrwürdigen Mann jeder Vernunft, bis er sie trotz seines fortgeschrittenen Alters und seines selbstauferlegten Schwurs, niemals zu heiraten, vor vier Jahren schließlich zur Frau nahm.«
    »Was?« Dora meinte ihren Ohren nicht zu trauen, welch dreiste Lügen der Hausvogt verbreitete.
    »Schweigt!« Energisch verbat Zygmunt August ihr den Mund. Beschämt senkte sie das Antlitz.
    »Mit der Heirat allein war es dem verruchten Weib allerdings nicht genug«, fuhr Göllner nach diesem kurzen Zwischenspiel siegesgewiss fort. »Dabei verschaffte ihr die Verbindung bereits höchstes Ansehen und ein großes Vermögen. Schamlos begann sie obendrein den Kammerrat für ihre Zwecke einzuspannen. Jeder an Albrechts Hofe wird Euch bestätigen, wie einfältig er seither in seinem Amt agierte. Ausgerechnet er, der seine Aufgaben stets mehr als korrekt ausgeführt hatte. Es war geradezu, als hätte er bei der Heirat den Verstand am Altar abgegeben. So versorgte er etwa den unfähigen Vater der Stöckelin mit Bauaufträgen bei Hofe. Dabei ist es ein offenes Geheimnis, wie wenig Wenzel Selege als Baumeister taugt.« Er hielt inne, faltete die Hände vor der Brust und sah den jungen König beifallheischend an. Der alte Zygmunt räusperte sich vernehmlich, also beeilte sich Göllner, fortzufahren: »Wie der Auftritt bei der Königin beweist, maßt sich die Stöckelin inzwischen selbst an, eine Baumeisterin zu sein. Bar jeder zünftigen Bindung und ohne jede ordentliche Ausbildung entwirft sie Gebäude und fertigt Risse. Ihren Gemahl, den Kammerrat, bedrängte sie gar, vom Herzog ein wertvolles Grundstück gleich neben dem herzoglichen Schlosspark zu fordern, weil sie darauf ein riesiges Gebäude errichten wollte. Angeblich, um das Ansehen ihres Gemahls zu steigern, in Wahrheit aber nur, um auf sich selbst und ihr angebliches Können aufmerksam zu machen.«
    Von neuem legte er eine Pause ein, sah erst die beiden Könige, dann die Reihe der anderen Anwesenden entlang. In Dora brodelte es. Sie meinte an ihren Widerworten ersticken zu müssen. Zugleich aber spürte sie, dass sie mit einem Einspruch nur noch stärker den allgemeinen Unmut auf sich ziehen würde.
    »Leider aber fällte der arme Kammerrat mit diesem Grundstück letztlich sein eigenes Todesurteil«, setzte Göllner scheinbar aufrichtig bedauernd nach und senkte kurz den Blick. Dora lief es eiskalt den Rücken hinunter. »Wie hätte er auch ahnen sollen, zu welch heimtückischen Plänen seine durchtriebene Gemahlin fähig ist?«
    »Ihr lügt!«, entfuhr es ihr nun doch empört. Die im Halbkreis

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