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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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hinter ihr stehenden Hofleute reagierten mit entsetztem Getuschel, der Wachmann stieß sie mahnend in den Rücken. Haltsuchend krallten sich ihre Finger ins Grobgrün ihres Kleides, berührten den Beutel mit dem blauen Schafgarbenöl, um seine Kraft zu spüren. Hilfesuchend schaute sie erst Zygmunt August, dann Zygmunt und zuletzt wieder den jungen König an. Die Mienen der beiden Jagiellonen waren undurchdringlich. Verzweiflung stieg in ihr auf. Nach allem, was sie bislang von den polnischen Königen gehört hatte, hielt sie sie für überaus kluge, weise Männer. Sie mussten Göllners Verlogenheit doch durchschauen! Nach einigen tiefen Atemzügen gelang es ihr, in einigermaßen ruhigem Ton einzuwerfen: »Jeder an Albrechts Hof wird die Wahrheit über die tiefe Liebe meines verstorbenen Mannes und mir …«
    »Still!«, fuhr ihr der Gerichtsvogt über den Mund. Zygmunt August schnaubte auf, auch der alte König wirkte plötzlich unwirsch. Es war jedoch nicht eindeutig, ob das Dora galt oder Wierzynek, der sich mit seinem Einwurf zu weit vorgewagt hatte. Den Mund verbieten durften im Thronsaal nur die Könige selbst. Eisiges Schweigen senkte sich über die Reihen der Umstehenden. Göllner erstarrte für einen Moment.
    Neuen Beistand suchend, sah Dora umher, blieb schließlich an dem Juden hängen, der unmöglich Jan Gottlieb sein konnte. Nicht nur sein Alter sprach dagegen. Nach allem, was sie über den klugen Mann aus Kazimierz wusste, war sie sich sicher, dass er Göllners frechen Auftritt in dieser Form längst aufs schärfste widerlegt hätte. Zu weit hatte er sich mit all seinen Bemühungen, sie aus dem Kerker zu befreien, aus dem Fenster gelehnt, um dem Hausvogt den Sieg vor den Königen zu überlassen. Als der Jude ihren Blick bemerkte, drehte er sich zur Seite. Der neben ihm stehende Gerichtsvogt brummte böse. Im selben Moment räusperte sich der junge König und schaute Göllner erwartungsvoll an. Der nutzte sogleich erleichtert die Gelegenheit, weiterzureden. In seinen sonst so fahlen Augen glimmte ein Leuchten auf, die Warzen auf seiner linken Wange röteten sich unheilschwanger.
    »Das ungebührliche Gebaren der Stöckelin vor Eurem königlichen Thron spricht wohl für sich. Eine Frau, die zu solch teuflischen Spielen mit einem ehrwürdigen Mann wie dem Kammerrat fähig ist, ist erst recht fähig, selbigen erbarmungslos zu töten, sobald sie ihre Ziele erreicht hat und zudem ein jüngerer Liebhaber am Horizont auftaucht. Es wird Euch wenig überraschen zu hören, dass es sich bei diesem um den Sohn eines Euch ebenfalls von früher gut bekannten Mannes handelt.« Bedeutungsvoll hielt er noch einmal inne, sonnte sich in der Aufmerksamkeit, die ihm gezollt wurde, und setzte schließlich nach: »Es handelt sich um den jungen Veit Singeknecht.«
    Bei Nennung des Namens meinte Dora ein Flackern in den starren Augen des alten Zygmunts zu erkennen. Auch sein Sohn nickte verständig. Im Kreis der übrigen Zuhörer erhob sich Gemurmel, das schwer einzuschätzen war.
    »Mit ihm heckte sie nicht nur den Plan aus, den armen Kammerrat unter der Stützmauer seines neuen Hauses zu begraben«, fügte Göllner unbeirrt hinzu, »mit ihm zusammen sorgte sie nach Stöckels Tod obendrein dafür, wichtige Unterlagen aus dem herzoglichen Schloss beiseitezuschaffen.« Er hielt kurz inne, verschnaufte, um dann leiser hinzuzufügen: »Genau das führt mich nun zu Euch, wie auch der Brief Eures Neffen und Vetters diese Angelegenheit bereits behandelt. Seit zwei Jahren versuche ich dieser Schriftstücke wieder habhaft zu werden. Ihr könnt Euch vorstellen, wie sehr Albrecht daran gelegen ist, sie zurückzuerhalten. Weder die Durchsuchung des Stöckelschen Hauses noch die Einkerkerung der Stöckelin im Krakauer Stadtgefängnis und die mehrmalige Androhung der Tortur haben sie bislang zur Rückgabe der Papiere bewegt. Ja, sie weigert sich sogar, zuzugeben, die Papiere überhaupt gestohlen zu haben. Auch das wiederum kann nur als Hinweis auf die teuflische Kraft dieser Frau gedeutet werden. Seht sie Euch an.« Anklagend schoss sein ausgestreckter Zeigefinger nach vorn, ein gutes Dutzend Augenpaare folgten der Bewegung. »Ein Blick in die Abgründe dieser eigenartigen Augen belegt, dass die Frau vom Leibhaftigen besessen ist. So erlaube ich mir also zu fragen, Majestät«, huldvoll presste er abermals die rechte Hand auf die Brust, verneigte sich besonders tief erst vor Zygmunt, dann vor Zygmunt August, bevor er im Aufrichten in

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