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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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nein«, wehrte Wenzel ab, »da bringst du einen Ausspruch meines ehrwürdigen Großvaters Laurenz Selege durcheinander. Doch lassen wir das. Solche Bescheidenheit ist bei dir jetzt fehl am Platz. Deine Änderungen an Jonas’ Entwurf bestätigen mir, wie gut es war, für deine Teilnahme an der Reise zu kämpfen. Baumeister Römer wird von deinem Können höchst beeindruckt sein.«
    »Aber ich kann Euch doch schlecht so lange Zeit allein lassen«, versuchte der Bruder es abermals. »Dora muss sich um das Brauen und den Haushalt kümmern, und Lienhart ist mit seinen acht Jahren noch viel zu klein, um Euch zur Hand zu gehen. Wie wollt Ihr den Bau von Jonas und weitere Aufträge …«
    »Das werde ich wohl schaffen.« Entgegen seiner sonstigen Art blieb Wenzel trotz des vorlauten Zweifels an seinem Können ruhig. »Unsere drängendsten Sorgen sind bald Vergangenheit. Für deine Schwester wird sich in nächster Zeit nämlich ebenfalls Entscheidendes ändern, aus dem wir alle unseren Vorteil ziehen werden.«
    Nun winkte er auch Dora zu sich und legte beiden Kindern die Arme um die Schultern. Er roch nach Schweiß und saurem Atem. Dora hielt die Luft an. Sie meinte das Trippeln der Siebenschläfer auf dem Dachboden zu hören, so angestrengt harrte sie dem, was der Vater mitzuteilen hatte.
    »Eigentlich wollte ich es euch erst am Sonntag nach der Messe verkünden, aber jetzt ist wohl ein weitaus besserer Moment. Kammerrat Urban Stöckel hat um Doras Hand angehalten.«
    »Was?« Entsetzt riss Dora sich los.
    »Sie ist erst vor wenigen Wochen sechzehn geworden!«, warf Jörg ein und befreite sich ebenfalls aus der Umarmung.
    »Damit ist sie genau im richtigen Alter.« Auf Wenzel Seleges Stirn gruben sich nun doch wieder Unmutsfalten ein. »Wir können froh sein, sie so gut unter die Haube zu bringen. Denk nur an ihre verschiedenfarbigen Augen und was manche ihr deswegen nachsagen.«
    »Vater, wie könnt Ihr nur!«, empörte sich Dora, Jörg aber gebot ihr mit einer überraschend entschlossenen Handbewegung zu schweigen.
    »Seit Mutters Tod führt Dora Euren Haushalt, kümmert sich um Lienhart und braut unser Bier. Wie soll das alles ohne sie weitergehen?«
    »Kammerrat Stöckel ist ein wohlhabender Mann. Er kann abschätzen, was Doras Weggang für uns bedeutet. Selbstverständlich wird er dafür sorgen, dass wir keinen Nachteil davon haben. Noch dazu ist er in einem Alter, in dem er kaum länger warten kann, endlich eine Familie zu gründen.«
    »Sonst ist er ein Greis und wird eher für den Großvater als für den Vater seiner Kinder gehalten«, platzte Dora dazwischen.
    »Der ehrwürdige Urban Stöckel ist gerade so alt wie ich.«
    »Dann gebt Ihr mir also keinen Ehemann, sondern einen zweiten Vater an die Hand! Hoffentlich ist er wenigstens etwas mitfühlender als Ihr.«
    Wütend raffte sie ihren Rock und stürmte aus der Werkstatt. Kurz vor der Treppe aber stockte sie, machte noch einmal kehrt und lief zurück. Blindlings stürzte sie in der Werkstatt an den Tisch vor der Stirnseite. Mit einem Griff hatte sie, was sie suchte – Laurenz Seleges Werkmeisterbuch. Kurz äugte sie hinein, sah die getrocknete Schafgarbe zwischen den Seiten, klappte den abgegriffenen Lederband wieder zu und drückte ihn im Hinausrennen fest gegen die Brust.

Erster Teil
(1)
    Königsberg
    Frühjahr 1544
    1
    D er Tag begann verheißungsvoll. Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen schlug Dora die Augen auf. Ein wundervoller Traum hatte ihr die Nacht versüßt. Erfüllt von der Erinnerung, streckte sie den Arm zur Seite, tastete über die Laken. »Liebster, stellt Euch vor, was mir träumte.«
    Ihre Hand glitt ins Leere. Sie erschrak, setzte sich kerzengerade auf. Es war helllichter Tag! Weit waren die dicken roten Samtvorhänge an der Bettstatt zurückgezogen und gaben den Blick frei auf das großzügige Schlafgemach. Ein kühler Lufthauch zog unter den Ritzen zur Tür herein und ließ sie frösteln. Rasch raffte sie das Federbett bis zum Kinn und sah sich um. Die bunten Teppiche an den holzgetäfelten Wänden strahlten mit ihren Geschichten aus dem Alten Testament die vertraute Behaglichkeit aus. Auch der dunkle, reichgeschnitzte Schrank an der gegenüberliegenden Wandseite, den Urban einst von einer Reise aus Flandern mitgebracht hatte, wirkte heimelig. Dennoch schien Dora an diesem Morgen etwas entscheidend anders als sonst. Es musste an dem Traum liegen, der ihr Gemüt so sonderbar berührt hatte. Über den schwarz-weiß gefliesten Boden

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