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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Euer Gemahl hat ihn Eurem Vater für viel Geld abgekauft. Also habt Ihr ihn in den Mühlenberg mitgenommen und studiert ihn fleißig weiter. Darf ich Euch als guter Freund Eures Bruders einen Rat geben?« Darum bemüht, sie nicht mit dem Wasser von der Hutkrempe zu bespritzen, neigte er den Kopf zu ihr, suchte den Blick ihrer verschiedenfarbigen Augen. Leise wisperte er, als gälte es, ein Geheimnis weiterzugeben: »Bücherwissen allein reicht nicht, um Häuser aus echtem Stein zu bauen. Über die Fialen am Wimperg des Erkers im ersten Geschoss müssen wir bei Gelegenheit reden. Entweder habt Ihr da falsch abgezeichnet oder Euch verrechnet. So, wie Ihr sie geplant habt, werden wir sie jedenfalls nicht bauen können. Die sind entweder zu dünn oder fallen zu hoch aus. Beim ersten Sturm knicken sie ab wie ein hohler Zahn.«
    »Miehlke, was soll das?« Hinter einem Geröllhügel tauchte Jörg auf. Wie ein Hund schüttelte er die Regentropfen von Kopf und Schaube ab, stapfte mehrmals mit den Füßen auf die Erde, um die Schuhe vom Schlamm zu befreien. »Du kennst meine Schwester seit Ewigkeiten und weißt ebenso gut wie ich, was sie kann. Sie zeichnet nicht einfach aus Büchern ab. Das hat sie nicht nötig. Finde dich damit ab, dass sie auf der Baustelle das Sagen hat und du tun musst, was sie von dir verlangt. Sie versteht sich besser auf alles als wir beide zusammen.«
    »So wie beim Entwurf für Gerichtsrat Jonas vor zwei Jahren? Oder beim Umbau von Tschakerts Haus in der Kneiphofer Langgasse?« Das Grinsen auf Miehlkes Gesicht wurde hämisch. Kein Zweifel, er wusste Bescheid. Die Erkenntnis traf Dora wie ein Schlag ins Gesicht. Jörgs mangelndes Talent und ihre heimliche Hilfe für ihn, damit er den Vater mit eigenen Entwürfen beeindrucken konnte, waren Miehlke nicht entgangen. Auf einmal lockerte der Steinmetz seine Haltung, zwinkerte Jörg vertraulich zu und legte ihm den Arm um die Schultern. »Keine Sorge, du weißt, was du an mir als Freund hast. Daran wird sich nie etwas ändern. Deshalb sage ich es auch gern so laut, dass es jeder hört, der es hören will: Am liebsten hätte ich hier in der Junkergasse mit dir als Baumeister zusammengearbeitet. Es wäre unser erster gemeinsamer Bau als Meister unserer Zunft. Daraus hätten wir mit Leichtigkeit einen kleinen Palast gemacht, der so manchem vor Staunen den Mund weit offen stehen ließe. Kammerrat Stöckel wäre geplatzt vor Stolz.«
    »Ich hoffe, wenigstens Ihr verzichtet aufs Platzen und stellt Euer meisterhaftes Können unter der Anweisung der Stöckelin ebenso gern unter Beweis.« Plötzlich stand Veit Singeknecht vor ihnen. Nass klebte das Barett auf seinem Kopf, ebenso hing seine dunkle Schaube regenschwer auf seinen Schultern. Die dreckbespritzten Schuhe und Strumpfhosen ließen darauf schließen, dass er bereits einen Rundgang über das Gelände hinter sich hatte. Der nasskalte Wind hatte seine Wangen gerötet. Streng fixierten seine grünbraunen Augen den Steinmetzmeister. Dessen Gesicht verfinsterte sich. Jörg dagegen strahlte den neuen Freund nicht weniger herzlich an als den alten. »Letztlich bleibt doch alles in der Familie«, fuhr Veit fort und weidete sich sichtlich daran, wie verdutzt Miehlke auf die Feststellung reagierte. Er rieb seine schönen schlanken Hände und lächelte versonnen.
    »Das scheint Euch am meisten zu freuen«, knurrte der Steinmetzmeister und musterte Veit mit einem verächtlichen Blick, bevor er sich Dora zudrehte. In seinen dunklen Augen lag ein Ausdruck, der ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagte. »Und Euch wohl auch, gute Frau.«
    »Den Entwurf kennt Ihr also schon gut, wie Ihr vorhin laut genug verkündet habt.« Veit tat unbekümmert, dennoch war zu spüren, wie sehr ihn Miehlke reizte. »Also wisst Ihr, um was es der Stöckelin dabei geht. Der herzogliche Kammerrat wird sich übrigens sehr freuen, wenn Ihr ihm Euer großes Talent unter Beweis stellt. Daraus könnten noch so manche Aufträge auf dem Schloss herausspringen, die sonst gern an Steinmetze aus der Fremde vergeben werden. Mit denen mitzuhalten ist doch eine große Sache für Euch. Leider seid Ihr bislang noch nie aus Königsberg hinausgekommen. Dass der Kammerrat Euch also zutraut, trotz Eurer Stubenhockerei Großes zu leisten, ist eine gewaltige Ehre.«
    Miehlke schluckte mehrmals. Sein großer Adamsapfel bewegte sich deutlich über dem Kragenrand seines Rocks. Dora erstarrte. Allein der Blick auf die zu Fäusten geballten Hände und die weiß

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