Die Liebe des Highlanders
Tages kam er bei der Jagd ums Leben. Am selben Abend nahm sie mir meine Kinder weg und ließ mich von ihren Verwandten aus dem Haus jagen. Sie haben mich halb tot auf die Straße, in der Nähe von Balanoch geworfen.«
»O Nell«, hauchte Gwen. Ihre Augen wurden feucht.
»Bei Einbruch der Nacht verlor ich unser noch ungeborenes drittes Kind. Silvan hat mich am nächsten Morgen gefunden. Ich werde nie vergessen, wie ich zur Sonne aufsah und sterben wollte - ich habe es mir so sehr gewünscht. Aber ich sah nur ihn.« Ein bittersüßes Lächeln spielte um ihre Lippen. »Wie ein Racheengel stand er über mir. Er hat mich hergebracht, sich an mein Bett gestellt und gefordert, dass ich am Leben bleibe - mit einer Stimme, die mir Angst einjagte. Plötzlich fürchtete ich mich davor, zu sterben und ihm nicht zu gehorchen.« Ihr Lächeln wurde breiter. »Er hat mich selbst gepflegt - wochenlang ...«
»Und was ist aus deinen Kindern geworden?«, erkundigte sich Gwen zaghaft.
Nell schüttelte den Kopf. »Da die Lady selbst keine hatte, hat sie Anspruch auf die Kinder erhoben und sie bei sich aufgenommen. Es heißt, sie sei unfruchtbar und dass eines Tages mein ältester Sohn der Laird sein und sie beerben wird.«
»Du hast sie nie wiedergesehen?«
»Nein, aber gelegentlich höre ich, was die Leute reden. Mein Jamie wird außerhalb von Edinburgh erzogen. Vielleicht sehe ich sie wieder, wenn die Lady nicht mehr am Leben ist, aber sie werden mich nicht mehr kennen. Sie waren erst ein und zwei Jahre alt, als man mich fortbrachte. Sie glauben, die Lady ist ihre leibliche Mutter.«
»Hat Silvan nicht versucht, sie zu dir zu holen?«
»Was könnte ich ihnen geben?«, erwiderte Nell. Dann seufzte sie und brummte: »Ich habe ihm nie erzählt, was mir widerfahren ist. Und dieser verdammte Narr hat mich nie danach gefragt. In zwölf Jahren! Stell dir das vor.«
»Vielleicht hatte er Angst, dich auszuhorchen, nachdem du wieder gesund warst«, mutmaßte Gwen. »Möglicherweise wollte er nicht an schmerzliche Erinnerungen rühren, oder er hat darauf gewartet, dass du von selbst darüber sprichst.«
»Möglich«, sagte Nell knapp und blies sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Mädchen, du tauchst Dinge in ein rosiges Licht, die gar nicht rosig sind. Und jetzt mach, dass du weg- kommst«, setzte sie ärgerlich hinzu. »Manchmal ist es für gewisse Sachen eben zu spät. Zerbrich dir nicht den Kopf über mich. Ich habe hier eine friedliche Zeit erlebt. Wenn du mir eine noch glücklichere bescheren willst, dann verliebe dich in einen der Jungs und schenk uns Kinder, die ich an mein Herz drücken kann.«
»Hm ... und wenn ich mich für Drustan entscheide?«, fragte Gwen unsicher nach. »Würdest du es für verwerflich halten, wenn ich versuche, ihn in mich verliebt zu machen, bevor er seine Verlobte heiratet?«
Nell legte den Kopf schief. Ihre Blicke begegneten sich. »Ich glaube, ich habe ein paar sehr ausgefallene Kleider, die ich für dich ändern kann. Er liebt Violett, wusstest du das?«
Gwen strahlte.
»Und jetzt verschwinde.« Nell wedelte mit einem Tuch und scheuchte sie hinaus.
Gwen ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal um, lief zu Nell zurück und drückte ihr einen Kuss auf die mehlige Wange. Dann flitzte sie aus der Küche. Der impulsive Beweis ihrer Zuneigung machte sie verlegen.
Nell blinzelte und grinste. Ja, sie mochte dieses Mädchen. Sie und Silvan machten sich schon seit Monaten Sorgen, weil Drustan das Elliott-Mädchen heiraten wollte. Sie hegten beide nicht viel Hoffnung, dass die Verbindung gut werden würde. Sie merkten Drustan die stumme Verzweiflung an und wussten, dass er sich blindlings in etwas stürzte, das in einer Katastrophe enden musste. Die Pflicht lastete schwer auf ihm - er brauchte Erben. Anya Elliott war fünfzehn Jahre alt, und Drustan MacKeltar würde dem Kind Angst einjagen. Oh, er würde vielleicht ein oder zwei Nachkommen mit ihr zeugen, aber dafür mit lebenslangem Unglück bezahlen. Genau wie die ahnungslose Anya. Drustan brauchte eine gebildete Frau, ein Mädchen mit Feuer, Mut und Wissbegier.
Gestern hatte Silvan Nell um einen Gefallen gebeten - ohne sie anzusehen natürlich, als wäre es eine unverzeihliche Sünde gewesen, dass er vorher eine Bemerkung über ihr Haar gemacht hatte. Und sie hatte getan, was er von ihr verlangte. Gwen Cassidy wusste jetzt, dass Drustan ein Druide war.
Nell konnte es kaum erwarten, Silvan zu berichten, wie Gwen reagiert hatte - mit offenem Geist
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