Die Liebe des Highlanders
Gwen, ich bin dir sehr dankbar. Du bist ein Geschenk der Engel.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, murmelte sie in sein Haar. Sie hielt ihn unbeholfen in den Armen, als hätte sie mit solchen Zärtlichkeiten nicht viel Übung. Ihre Muskeln waren angespannt, und er ahnte, dass sie sofort zurückzucken würde, wenn er eine zu abrupte Bewegung machte. Also atmete er langsam und verhielt sich ganz still, um ihr Zeit zu geben, sich an die Vertrautheit zu gewöhnen.
»Ich nehme an, das bedeutet, dass du mir morgen nichts beweisen kannst.«
»Ich werde dir morgen wie versprochen zeigen, dass meine Geschichte wahr ist. Daran hat sich nichts geändert - oder besser gesagt, nur wenig. Wirst du aus eigenem Willen bleiben? Und mir morgen vielleicht helfen, das Gelände abzusuchen?«
Zaghaft fuhr sie mit der Hand in sein Haar, und als ihre Nägel leicht seine Kopfhaut kratzten, seufzte er leise vor Wonne. »Ja, Drustan MacKeltar«, sagte sie mit einem Akzent, der jedem schottischen Mädchen Ehre gemacht hätte. »Ich bleibe bis morgen bei dir.«
Er lachte laut und drückte sie fester an sich. Er sehnte sich nach ihrer Berührung und wünschte sich verzweifelt, sie zu lieben. Aber er spürte, dass er sie vertreiben würde, wenn er sie jetzt zu sehr unter Druck setzte. »Das ist gut, mein Mädchen. Du bist kein Drückeberger, und ich denke, wir machen aus dir noch eine echte kleine Highlanderin.«
Gwen schlief in dieser Nacht friedlich wie ein Lämmchen in den Armen des Highlanders - auf einer duftenden, in silbriges Mondlicht getauchten Wiese. Drustan hatte anderes im Sinn, gab sich aber damit zufrieden, sie in den Armen zu halten.
9
20. September
22 Uhr 23
Sie suchten den ganzen Tag erfolglos nach den Steintafeln.
Als sich der Himmel schließlich verdunkelte und die ersten Sterne blinkten, gab Drustan auf. Er entfachte ein Feuer im Steinkreis, um später genug Licht für sein Ritual zu ha- ben.
Falls heute Nacht das Schlimmste eintrat, sollte Gwen möglichst viel von dem, was mit ihm geschah, mitbekommen. Und ihr Rucksack wäre ein zusätzliches Gut. Beim Graben zwischen den Ruinen hatte er ihr von all dem berichtet, was sich kurz vor seiner Entführung zugetragen hatte.
Sie war zwar skeptisch geblieben, hatte ihm jedoch zugehört. Und er hatte geschildert, wie er eine Nachricht erhalten hatte, in der er dringend zu der Lichtung hinter dem kleinen See gerufen wurde: ... falls Ihr wünscht, den Namen des Campbell zu erfahren, der Euren Bruder ermordet hat. In seiner grenzenlosen Trauer hatte er die Waffen angelegt und war losgestürmt, ohne vorher seine Wachen zusammenzurufen. Der Drang, den gewaltsamen Tod seines Bruders zu rächen, hatte über jeden vernünftigen Gedanken gesiegt.
Er erzählte ihr auch, dass er benommen und sehr müde gewesen war, als er im Eilschritt den Weg zu dem Loch zurückgelegt hatte. Inzwischen vermutete er, dass man ihm da mals heimlich ein Mittel verabreicht hatte. Er war am Ufer des Sees zusammengebrochen, hatte gespürt, wie seine Glieder taub wurden und wie ihm die Augen zufielen, jemand hatte ihm seine Lederrüstung und die Waffen abgenommen und ihm irgendwelche Zeichen auf die Brust gemalt. Danach hatte er rein gar nichts mehr gefühlt, bis Gwen ihn geweckt hatte.
Er beschrieb ihr seine Familie - seinen gelehrten, aber widerborstigen Vater und Nell, seine geliebte Hauswirtschafterin und Ersatzmutter, den jungen Priester und dessen quengelige, hellseherische Mutter, die ihm, Drustan, ständig auflauerte, weil sie ihm die Hand lesen wollte.
Er vergaß seinen Gram für eine gewisse Zeit und erzählte ihr Geschichten aus seiner Kindheit mit Dageus. Wenn er von seiner Familie sprach, schien der Argwohn in ihrem Blick zu verschwinden. Sie lauschte ihm fasziniert, lachte über die Streiche von Drustan und seinem Brucher, lächelte nachsichtig über die kleinen Zankereien zwischen dem alten Silvan und der gutmütigen Nell. Drustan fiel auf, dass Gwen bisher nicht oft gelacht und vermutlich nicht viel Liebe erfahren hatte - auch nicht, als ihre Eltern noch am Leben gewesen waren.
»Hast du keine Geschwister?«, fragte er.
Sie schüttelte den Kopf. »Meine Mutter hatte Schwierigkeiten, schwanger zu werden, und sie hat mich auch erst sehr spät bekommen. Nach meiner Geburt sagten ihr die Ärzte, dass sie keine weiteren Kinder mehr bekommen könne.«
»Warum hast du nicht geheiratet und eigene Kinder auf die Welt gebracht?«
Sie wandte den Blick von ihm ab. »Ich habe nie den
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