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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Form im Kopf gehabt und …
    Michael seufzte. »Wenn du wüsstest, mit wie vielen Knochenbrüchen ich es zu tun habe! Manchmal drängt sich mir der Verdacht auf, die Meraner hätten eine besondere Begabung, sich ihre Glieder zu brechen!«
    Xelia lachte. Die Vorstellung, dass ein ganzes Dorf humpelnd oder mit verbundenen Armen daherkam, war zu komisch!
    Michael fiel in ihr Lachen ein, und Guiseppa, die den Tisch abdeckte, lachte ebenfalls mit, obwohl sie kein Wort verstand – sie spräche nur Italienisch, hatte Michael ihr zuvor erklärt. Dann wurde er wieder ernst. Er legte eine Hand auf Xelias Arm.
    Â»Ich freue mich, dass ihr hier seid – und hier bleiben wollt, nach dem, was Adalbert vorhin angedeutet hat … Es muss nicht heute sein und auch nicht morgen – aber irgendwann solltest du mir einmal deine Geschichte erzählen. Dass es eine solche gibt, sehe ich in deinen Augen. Doch worum es auch geht – hier bist du sicher. Mir kannst du vertrauen, das weißt du doch, oder?«
    Xelia nickte stumm. Was sah er in ihren Augen? Kummer, den sie selbst nicht mehr spürte? Angst vor dem, was kommen würde? Die hatte sie nicht, so seltsam es auch war. Angst wäre in der Fremde schließlich das Natürlichste von der Welt gewesen.
    Â»Jeder Mensch hat eine Geschichte«, erwiderte sie spröde, weil sie das Gefühl hatte, dass eine Antwort von ihr erwartet wurde. Im gleichen Atemzug fragte sie sich, ob das stimmte. Hatten Anna und Sybille eine Geschichte? Oder Samuel? Wenn ja, dann waren es jämmerliche Geschichten. So wie ihre, als sie noch in der Gerberei gefangen gewesen war. Das war es! Musste man nicht freisein, um eine Geschichte zu haben? Philip hatte eine Geschichte, aber Philip war auch ein freier Mensch, er konnte kommen und gehen, wie es ihm beliebte, und er … Erschrocken fuhr sie zusammen, als Michael in die Hände klatschte.
    Â»Lassen wir’s für heute gut sein. Auf jeden Fall bist du herzlich willkommen! So erschöpft Adalbert gestern war, so hat er es sich doch nicht nehmen lassen, mir von seiner Befreiung durch deine Hilfe zu erzählen!« Er klopfte ihr auf die Schulter. »Allein dafür bin ich dir natürlich für immer dankbar.«
    Xelia wollte etwas erwidern, doch er ließ sie nicht zu Wort kommen. »Aber ich bin auch noch aus einem anderen Grund froh, dass du hier bist. Die Arbeit ist für mich allein schon längst zu viel und – du wirst es nicht glauben – ich spiele schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken, mich nach einem zweiten Arzt umzusehen. Und schau, was sendet mir das Schicksal vor die Tür? Eine Kräuterfrau! Wenn das nicht Bestimmung ist!« Sein Strahlen reichte von Ohr zu Ohr.
    Â»Aber … ich bin doch kein Arzt!«, rief Xelia aus. »Wie soll ich einen Arzt ersetzen?« Sie schluckte. Michael machte sich wohl vollkommen falsche Vorstellungen von ihrem Können! »Außerdem – dein Bruder ist doch auch noch da, und Adalbert ist Arzt!«
    Er wischte ihre Zweifel mit einer weiten Handbewegung fort. »Arzt, Heilerin, Kräuterfrau – was macht das für einen Unterschied? Hauptsache, jemand versteht sein Handwerk! Wo und wie er es gelernt hat, ist für mich völlig zweitrangig. Was Adalbert angeht, habe ich das Gefühl, dass er sich mit anderen Gedanken trägt, als seine Tage mit kranken Menschen zu verbringen. Er erzählte mir etwas von einem Buch, das er schreiben will. Jedenfalls denke ich, dass wir uns prächtig ergänzen werden – du mit deinem Kräuterwissen und ich mit …« – Michael lachte – »nun ja, mit dem, was ich halt so kann.«
    Das, was er halt so konnte , stellte sich als eine ganze Menge heraus, wovon Xelia sich kurze Zeit später überzeugen durfte.
    Nachdem von Philip immer noch nichts zu sehen oder zu hören war, begleitete sie Michael hinaus in sein Behandlungszimmer. Wie Perlen an einer Schnur kamen die Kranken zu ihm, einer nach dem anderen, und es waren beileibe nicht nur Kinder, wenn diese auch den Hauptteil seiner Patienten ausmachten. Doch es kamen auch erwachsene Leute, und jeder hatte etwas anderes: Nacheinander behandelte er einen Husten, rote Hautpusteln, ein trübes Auge – derselbe Mann hatte auch noch Sorgen mit dem Wasserlassen – und einen ausgerenkten Arm, wobei Michael Xelia bedeutungsvoll anschaute. Die Meraner

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