Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe des letzten Tycoon

Die Liebe des letzten Tycoon

Titel: Die Liebe des letzten Tycoon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
Vom Netzwerk:
gestern Abend hieß. Oder zumindest eine der beiden. Oder ob er irgendwas mitbekommen hat, was helfen könnte, ihnen auf die Spur zu kommen.«
    »Ist das alles?«
    »Ja, das heißt, sag ihm, er soll darüber nachdenken, solange die Eindrücke noch frisch sind. Wer waren die beiden? Ich meine, was für Leute – frag ihn das auch. Ich meine, waren sie…«
    Sie notierte die Fragen auf ihren Block, ohne hinzusehen, und wartete.
    »…ich meine, waren sie… fragwürdig? Theatralisch? Nein, vergiss es. Frag ihn einfach, ob er weiß, wie man sie ausfindig machen kann.«
    Malone, der Cop, wusste von nichts. Zwei Weiber eben, er hatte sie ganz schön gescheucht, Ehrensache. Eine war sauer gewesen. Welche? Eine eben. Sie hatten einen Wagen, einen Chevy, er hatte sich überlegt, ob er die Nummer aufschreiben sollte. War es… die Gutaussehende, die sauer gewesen war? Ja, die – oder die andere.
    Nicht: welche? Er war nicht stutzig geworden. Selbst hier auf dem Filmgelände war Minna vergessen. Nach drei Jahren. Gut, das wär’s dann.

[54] 5
    Stahr sah George Boxley an und lächelte. Es war ein väterlich gütiges Lächeln, das sich Stahr, schon in jungen Jahren in höchste Positionen befördert, erst im Lauf der Zeit angeeignet hatte. Ursprünglich hatte sein Lächeln Ehrerbietung seinen damaligen Vorgesetzten gegenüber signalisiert, später dann lächelte er, um sie nicht spüren zu lassen, dass zunehmend seine und nicht ihre Entscheidungen zählten, und schließlich wurde das Lächeln zu dem, was es jetzt war, ein Lächeln freundlicher Zuneigung, das – ein wenig matt und flüchtig zwar – allen zuteil wurde, die ihn in der vergangenen Stunde nicht geärgert hatten oder die er nicht rundheraus und nachdrücklich zu kränken gedachte.
    Mr. Boxley gab das Lächeln nicht zurück. Als er hereinkam, hatte man den Eindruck, als würde er mit Gewalt ins Zimmer gezerrt, obgleich offenkundig niemand Hand an ihn gelegt hatte. Er baute sich vor einem Sessel auf, und wieder war es, als packten zwei unsichtbare Wärter ihn an den Armen und setzten ihn gewaltsam hinein. Verdrossen fügte er sich. Selbst als er sich auf Stahrs freundliche Aufforderung hin eine Zigarette anzündete, sah es aus, als hielten ihm Kräfte von außen, mit denen sich herumzuschlagen er für unter seiner Würde hielt, das Streichholz hin.
    [55] Stahr betrachtete ihn mit höflicher Aufmerksamkeit. »Drückt Sie etwas, Mr. Boxley?«
    Der Romancier quittierte Stahrs Blick mit grollendem Schweigen.
    »Ich habe Ihren Brief gelesen«, sagte Stahr. Er gab nun nicht mehr den wohlmeinenden jungen Schuldirektor, sondern sprach wie zu einem Gleichgestellten, allerdings mit einer leicht schillernden Ehrerbietung.
    »Ich kann meine Vorstellungen einfach nicht zu Papier bringen«, brach es aus Boxley heraus. »Ansonsten werde ich ja hier von allen sehr anständig behandelt – aber das ist wie eine Verschwörung. Die beiden Schreiberlinge, mit denen Sie mich zusammengespannt haben, hören sich an, was ich sage, und verhunzen es dann. Ich schätze, dass sie ein Vokabular von nicht mehr als hundert Wörtern haben.«
    »Warum haben Sie nicht selbst was geschrieben?«, fragte Stahr.
    »Hab ich ja. Ich habe es Ihnen geschickt.«
    »Aber das war nur leeres Geschwätz«, sagte Stahr milde. »Durchaus reizvoll – aber mehr nicht.«
    Jetzt hatten die beiden geisterhaften Wärter alle Hände voll zu tun, um Boxley in dem tiefen Sessel festzuhalten. Er mühte sich aufzustehen und stieß einen einzigen leisen bellenden Laut aus, der fast wie ein Lachen klang, aber von Belustigung weit entfernt war.
    »Ihr könnt offenbar alle nicht lesen. Das Gespräch der Männer ist wie ein Duell. Zum Schluss fällt einer in einen Brunnen und muss mit einem Eimer hochgeholt werden.«
    Er bellte noch einmal und sank in den Sessel zurück.
    »Würden Sie das in einem Ihrer Romane schreiben?«
    [56] »Was? Natürlich nicht.«
    »Weil es Ihnen zu billig wäre.«
    »Filme bewegen sich auf einem anderen Niveau«, sagte Boxley ausweichend.
    »Gehen Sie manchmal ins Kino?«
    »So gut wie nie.«
    »Weil dort ständig Duelle stattfinden und jemand in einen Brunnen fällt?«
    »Ja, und Gesichter geschnitten und unglaubhafte und unnatürliche Dialoge geführt werden.«
    »Lassen wir den Dialog erst mal beiseite«, sagte Stahr. »Ich gestehe Ihnen gern zu, dass Ihre Dialoge eleganter sind als das, was unsere Schreiberlinge zustande bringen – deshalb haben wir Sie ja hergeholt. Stellen Sie sich eine Szene

Weitere Kostenlose Bücher