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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Offiziere Ihrer Majestät vorgestellt habe, Captain. Das ist McQuarrie. Ein Mann, für den ich die Hand ins Feuer lege. Wie es der Zufall will, sucht er noch ein Schiff, auf dem er gegen die Armada kämpfen kann.«
    McQuarrie nahm sich zusammen, um sicherer zu stehen als sein künftiger Kapitän, und meldete stramm: »McQuarrie, Sir, Allan McQuarrie. Es wäre mir ein Vergnügen, auf Eurem Schiff dienen zu dürfen.«
    Steel setzte sich wieder. Er musste die Überraschung erst einmal verdauen. Dann fing er sich und nutzte die Gelegenheit, um sich bei Isabella anzubiedern: »Nun, Mylady, meint Ihr, der Mann könnte zu uns passen?«
    Isabella zauberte ihr reizendstes Lächeln auf die Lippen. »Ich kenne ihn nicht, aber er macht einen, äh, fast vertrauten Eindruck. Nehmt ihn nur, Capitán.«
    »Euer Wunsch ist mir Befehl, Mylady«, sülzte Steel weiter. »McQuarrie, betrachtet Euch als angeheuert. Der Himmel scheint Euch zu schicken, nachdem mein alter Erster heute Nachmittag durch einen Unfall, äh, ausfiel. Die näheren Umstände tun nichts zur Sache. Setzt Euch uns gegenüber und lasst Euch von der Ordonnanz Teller und Besteck geben – und Ihr, Cirurgicus, kommt an meine Steuerbordseite. Lady Nina, Eure bezaubernde Frau, hat mir schon viel von Euch erzählt.«
    Doch bevor Vitus sich setzen konnte, gab McQuarrie einen unterdrückten Laut von sich, richtete sich auf, als hätte er einen Spatenstiel verschluckt, und begann über das ganze Gesicht zu strahlen. Dann machte er eine tiefe Verbeugung vor Isabella und sagte in seinem schönsten Englisch: »Es ist mir eine besondere Ehre, Euch, Mylady, kennenzulernen, ich hatte gar nicht erwartet, die Gattin des berühmten Cirurgicus an Bord anzutreffen, umso größer ist die Überraschung! Bitte seht in mir Euren ergebenen Diener, was immer auch kommen mag.«
    Isabella strahlte zurück. »Unverhofft kommt oft, mein lieber McQuarrie, das habt Ihr brav gesagt.«
    »Jetzt sind der Worte genug gewechselt«, dröhnte Steel, »jetzt sprechen wir der Speise zu, ha, ha!« Er hob sein Glas und wartete, bis auch Vitus und McQuarrie eines erhalten hatten. »Auf unsere Jungfrauenmajestät, möge sie lange leben, gesund bleiben und nicht gesegneten Leibes, äh, ich meine, sich immer eines gesegneten Appetits erfreuen, ha, ha!
Three cheers for the Queen, cheers, cheers, cheers …
«
    Man trank und lachte und speiste nach Kräften. Die Herren am Tisch überboten einander an Witz und Charme, um der einzigen Dame in der Runde zu gefallen, und die einzige Dame amüsierte sich ganz offensichtlich aufs Beste.
    Der Einzige, der stiller und stiller wurde, war Vitus. Er dachte an die kommende Nacht und kam sich hilflos, lächerlich und überflüssig vor.
    Als auch der letzte Bissen gegessen und der letzte Schluck getrunken war, wiederholte Stonewell sein Angebot, Vitus die Behandlungsräume zu zeigen, und zwar jederzeit, wann immer es dem Cirurgicus genehm sei, und Vitus sagte: »Warum nicht gleich jetzt?«
    So kam es, dass Vitus, nachdem er alles begutachtet hatte und von Stonewell allein gelassen worden war, die erste Nacht an Bord der
Camborne
auf dem Operationstisch liegend verbrachte.
    Genau wie zuvor auf der
Falcon.
    Nur unter anderen Vorzeichen.
     
     
     
    Am folgenden Tag, dem 19 . Juli, war es so weit. Überall auf den Schiffen der Flotte erklangen Hochrufe, denn im Südwesten war ein Signalfeuer gesichtet worden, was nur eines bedeuten konnte: Die Armada war im Anmarsch! Auch auf der
Camborne
brach Hektik aus, die Steel jedoch sofort im Keim erstickte. Er trat auf sein Kommandantendeck und sorgte dafür, dass sämtliche Männer, auch die der Freiwache, etwas zu tun bekamen. Dann steckte er die Nase in den Wind und fluchte. Laut Befehl hatte er sich mit seinem Schiff dem Geschwader des Oberbefehlshabers anzuschließen und dem Feind entgegenzusegeln. Stattdessen erging es ihm wie allen seinen Kollegen: Er kam nicht vom Fleck. Die Flut und der steife Südwest standen dagegen. »Bleibt nur zu hoffen, dass die Dons nicht auf den Einfall kommen, uns hier in der Bucht zu besuchen«, knurrte er. »Dann hätten wir ein neues Cádiz, nur dass diesmal wir in der Falle sitzen.«
    »Sir, eine Order vom Lordadmiral«, meldete ein Läufer und übergab ein Papier.
    »Danke.« Steel überflog das Schreiben und fluchte erneut. »Das wird den Männern lange Arme machen! McQuarrie!«
    »Sir?« Der drahtige Schotte kam herbeigeeilt.
    »Der Lordadmiral scheint Gedanken lesen zu können. Er teilt meine

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