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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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aus Freude, Gebrüll und Respekt, wurden große Krüge Ale geordert, ohne zu zögern geleert, durch neue ersetzt und abermals geleert, und während das alles passierte, erfuhr Vitus, dass McQuarrie mit seinen Männern darauf wartete, auf Drakes Schiff, die
Revenge,
gebracht zu werden, wo sie ihren Dienst aufnehmen sollten.
    »Wer hat euch abkommandiert, Männer?«, fragte Vitus.
    Muddy antwortete, nachdem er sich den Schaum vom Mund gewischt hatte: »Der Adjutant vom Lordadmiral, ein Lieutenant, äh, weiß jemand noch den Namen, Leute?«
    »Der Name ist nicht so wichtig«, sagte Vitus schnell, denn ihm war gerade eine wunderbare Idee gekommen. »He, McQuarrie, was haltet Ihr davon, mit Euren Leuten auf der
Camborne
Dienst zu tun? Es ist das Schiff, auf dem auch ich fahren werde.«
    Bevor McQuarrie antworten konnte, brüllten Muddy, Chock, Ted und Dunc schon etwas bierselig: »
Hooray,
aye, aye, das machen wir!«
    McQuarrie war nicht ganz so spontan. »Geht denn das, Sir?«, fragte er. »Wir haben immerhin einen anderen Befehl.«
    Vitus fühlte sich auf einmal großartig. »Natürlich geht das, McQuarrie, natürlich! Lordadmiral Howard schuldet mir einen Gefallen, er wird meiner Bitte ganz sicher entsprechen. Drake muss sehen, wie er zu anderen Männern kommt.«
    Vitus musste an einen Tag vor mehr als zehn Jahren denken, als er mit seinen Freunden auf Drakes damaliges Schiff, die
Pelican,
gegangen war und um eine Passage in die Neue Welt gebeten hatte. Statt einer Antwort hatte Drake ihm sein Bein gezeigt, in dem seit anno 72 eine spanische Kugel steckte. Vitus hatte das Bein untersucht, eine Operation für möglich gehalten und eine Woche für die Genesung veranschlagt. Drake hatte abgewinkt und gemeint, so viel Zeit hätte er nicht. Dasselbe hätte ihm auch schon sein Arzt gesagt. Vitus war voller Zorn gewesen, denn Drake hatte ihn lediglich zur Erhärtung einer Diagnose benutzt und im Übrigen nicht daran gedacht, ihn und seine Freunde mitzunehmen. So gesehen, spürte er jetzt eine gewisse Genugtuung, ihm ein paar gute Männer wegschnappen zu können.
    »Hört, McQuarrie, ich werde dem Lordadmiral schriftlich mitteilen, dass ich den Befehl seines Adjutanten aufgehoben habe und Ihr mit Euren Männern zu mir auf die
Camborne
kommt. Wie es der Zufall will, fehlt dort der Erste Offizier.«
    Auf diese Neuigkeit hin wurden erst einmal weitere Krüge mit Ale geordert, geleert und neue geordert. McQuarrie begann wieder zu spielen, und irgendwann ertappte Vitus sich dabei, dass er aus Leibeskräften sang und mit den
Falcons
die
Hornpipe
tanzte.
    Doch auch das schönste Hochgefühl lässt einmal nach, und so war es auch diesmal. Vitus dachte an das bevorstehende Abendessen mit Captain Steel und mit Isabella. »Kommt mit, Männer«, sagte er mit einigermaßen schwerer Zunge. »Greift euch eure Seekisten, unser Schiff wartet.«
    Als sie bei der
Camborne
waren und der Posten Anstalten machte, sie aufzuhalten, wischte Vitus ihn mit einer Handbewegung beiseite. »Mach keine Sperenzchen, Mann, ich bin es, der neue Arzt.«
    Sie passierten und gingen an Bord. Vitus entließ die
Falcons
ins Vorschiff und dirigierte McQuarrie zur Kajüte des Kapitäns. Er klopfte lautstark an.
    »Hereinspaziert.«
    Sie traten ein – und wischten sich über die Augen. Steel hatte den großen Tisch in seiner Kajüte aufs Festlichste decken lassen. Ein Meer von Kerzen tauchte die Tafel in mildes Licht. Zwei knusprige Gänse auf silbernen Präsentiertellern bildeten den Mittelpunkt, umrahmt von weiteren Köstlichkeiten wie Weißfleisch von Kapaunen mit Reis, gestopfte Wachteln, Eierpfannkuchen, Aalpastete, verschiedene Sorten Käse, Brot, Obst und mancherlei mehr. Steel saß am Tisch, eine riesige Serviette in den Kragen gestopft, und hatte den Speisen bereits kräftig zugesprochen. Zu seiner Linken hatte Isabella Platz genommen, der Stuhl zu seiner Rechten war leer, gegenüber saßen Stonewell und ein weiterer Mann, der allem Anschein nach der Zweite Offizier war.
    Steel unterdrückte ein Rülpsen und erhob sich. Sein Gesicht war noch mehr gerötet als sonst und seine Sprache leicht verwaschen. Offenbar hatte er schon das eine oder andere Glas intus. »Cirurgicus! Schön, dass Ihr da seid. Konnten nicht auf Euch warten. Mylady« – er verbeugte sich vor seiner Tischnachbarin, was ihn fast das Gleichgewicht kostete – »Mylady bestand darauf, schon anzufangen. Äh, guten Appetit. Setzt Euch doch.«
    »Nicht, bevor ich Euch einen der besten Ersten

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