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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Landsleute, deren Kanonen nicht annähernd die Reichweite ihres Gegners hatten. Sie jubelten erneut, als sich auf dem linken Flügel des Halbmonds die mächtige
San Juan de Portugal
absetzte, um Drakes Geschwader anzugreifen, sie jubelten noch mehr, als sich zeigte, dass die
San Juan
den Engländern eine Falle gestellt hatte, denn kaum waren die
Revenge
unter Drake, die
Victory
unter Hawkins und die
Triumph
unter Frobisher heran, wurden sie in die Zange genommen von Schiffen des Biskaya- und Levante-Geschwaders. Ihre Augen verdunkelten sich, als die Engländer dank ihrer Schnelligkeit mit knapper Not entkamen. Und sie verdunkelten sich noch mehr, als der Fockmast der
San Juan
fiel. Grimmig schaute sie drein, als wenig später das Flaggschiff des andalusischen Geschwaders, die
Nuestra Señora del Rosario,
die
Santa Catalina
rammte und sich dabei schwere Schäden zuzog …
    Jubelnd, trauernd, jauchzend, leidend – so verfolgte Isabella die stundenlange Schlacht, fluchte insgeheim, wenn der Rauch der Kanonen sich wie schwarze Wolken über Freund und Feind legte und eine Beobachtung unmöglich machte, fügte sich widerstrebend, wenn der Kommandant sie in dieser oder jener Situation vorsorglich unter Deck schickte, kam jedes Mal wieder zurück, umklammerte mit den Händen die Reling, stöhnte, schnaubte, keuchte und bemerkte gar nicht, dass Steel, McQuarrie, Abbot und selbst Vitus sie manches Mal mit spöttischen Blicken streiften.
    Das größte Entsetzen jedoch packte sie, als kurz nach der Schlacht eine gewaltige Explosion die Trommelfelle fast zum Platzen brachte. Die
San Salvador,
ein mit fünfundzwanzig Kanonen bestücktes, riesiges Schiff des Guipúzcoa-Geschwaders aus dem Baskenland, war in die Luft geflogen. Ein Feuerball, hoch wie eine Kathedrale, hatte über dem Rumpf gestanden und anschließend ein Bild der Verwüstung preisgegeben.
    Verzweifelte Männer hasteten wie Ameisen über das Schiff, versuchten zu retten, was zu retten war, löschten Flammen, kappten Tauwerk, bargen Verletzte aus dem Wasser, während andere sich bemühten, starke Trossen zu spannen, damit ihr waidwundes Schiff zurück in den Schutz des hölzernen Halbmonds geschleppt werden konnte.
    Steel ließ den normalen Abstand zu Howards Geschwader wieder herstellen und sagte zu Isabella: »Mylady, das, was Ihr heute gesehen habt, war nur ein Vorgeschmack dessen, was noch kommen wird. Aber Ihr seid sicher mit mir einig, dass die Vorteile auf unserer Seite waren. Zwei oder drei Schiffe der Spanier sind erheblich beschädigt, und die
San Salvador
ist nur noch ein Wrack, eine Belastung für den Herzog und seinen Halbmond, mehr nicht.«
    Isabella, die neben Vitus stand, schwieg. Dann sagte sie trotzig: »Der Herzog von Medina Sidonia, Alonso Pérez de Guzmán El Bueno, hat wichtigere Ziele, als sich mit Hackenbeißern herumzuschlagen. Er ist auf dem Weg, England zu erobern.«
    Steel schnappte nach Luft. »Mylady, bei allem Respekt, ich muss doch sehr bitten! Ihr seid Gast auf einem Schiff Ihrer Majestät …«
    »Captain Steel hat völlig recht«, bekräftigte Vitus. Dein Verhalten ist unmöglich!«
    »So, ist es das?«
    »Herrgott noch mal, ja! Das musst du doch selbst sehen!«
    Isabella schürzte die Lippen. »Das Einzige, was ich sehe, sind drei Männer, die da im Wasser treiben!« Sie deutete mit der Hand nach backbord, wo in zweihundertfünfzig Yards Entfernung ein Beiboot kieloben herantrieb. An seinen Rumpf klammerten sich drei Gestalten, die mehr tot als lebendig zu sein schienen.
    Steel spähte hinüber und stellte fest: »Der Kleidung nach sind es Spanier. Einer davon dürfte Offizier sein, die anderen beiden sind einfache Matrosen. Wahrscheinlich sind sie von der
San Salvador.
Arme Teufel, spätestens in drei Tagen werden sie ertrunken oder verdurstet sein.«
    »Nein!«
    Steel stutzte. »Habt Ihr eben ›nein‹ gesagt, Mylady? Ich versichere Euch, dass ein Schiffbrüchiger unter den gegebenen Umständen kaum länger als zwei, höchstens drei Tage überleben kann.«
    »Ich möchte, dass Ihr die Männer an Bord Eures Schiffs holt, Capitán.«
    Steel staunte, unterdrückte ein Aufstoßen und lachte dann. »Alles, was recht ist, Mylady, aber wie stellt Ihr Euch das vor? Wir sind im Krieg mit den Dons, da geht es hart auf hart. Wir hätten viel zu tun, wollten wir jeden Einzelnen von ihnen auffischen. Und nebenbei: Eure geschätzten Landsleute würden es im umgekehrten Fall auch nicht tun.«
    »
Por favor,
Capitán!« Isabellas Augen

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