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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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schienen Steel zu durchbohren.
    Vitus kam ihr unerwartet zu Hilfe: »Sir, als Arzt möchte ich mich der Bitte meiner, äh, Frau anschließen. Ich kann es nicht zulassen, dass Ihr das Todesurteil über diese Männer sprecht.«
    Steel rang mit sich. Da er im Prinzip eine gutmütige Natur hatte und selbst einmal aus Seenot gerettet worden war – wenn auch nicht von Spaniern, sondern von englischen Fischern –, gab er schließlich nach und sagte: »Meinetwegen, aber auf Eure Verantwortung, Mylord.«
    »Danke, Captain«, sagte Vitus.
    »Danke, Capitán«, sagte Isabella.
    Und eine Träne lief ihr über die Wange.

[home]
    Der Admiral Don Pedro de Acuña
    »Mit Verlaub, Lady Nina, Ihr redet nicht gerade wie die Gemahlin eines englischen Lords.«
    N achdem Kapitän Steel sein Einverständnis zur Bergung der spanischen Schiffbrüchigen gegeben hatte, ließ er beidrehen und unverzüglich mit den Rettungsarbeiten beginnen. Doch wie sich zeigte, gestaltete sich das Unterfangen weitaus schwieriger und aufwendiger, als er gedacht hatte. Die Verunglückten waren so entkräftet, dass sie nicht einmal die ihnen zugeworfenen Leinen packen konnten. Zwar bemühten sie sich tapfer darum, aber ihre Bewegungen wurden zusehends schwächer. Ein weiterer Versuch, sie mittels einer über Bord geworfenen Strickleiter zu bergen, schlug ebenfalls fehl.
    Steel fluchte und bedachte die neben ihm stehende Isabella mit wenig freundlichen Blicken. »McQuarrie, wenn es nicht anders geht, müssen wir eines unserer Boote zu Wasser lassen!«, brüllte er.
    »Aye, aye, Sir, wir sind schon dabei!« Der drahtige Schotte und sein Kollege Abbot scheuchten die Matrosen auf ihre Posten und benutzten dazu sogar den Starter, denn es kam mittlerweile auf jede Minute an. Das gekenterte spanische Boot driftete immer weiter ab – und mit ihm seine verzweifelte menschliche Fracht.
    Nach einer kleinen Ewigkeit schlug das Boot der
Camborne
klatschend auf dem Wasser auf. Mit an Bord war Vitus, der sich seinen Instrumentenkasten unter den Arm geklemmt hatte. Nun ging alles sehr schnell. Mit kräftigen Ruderschlägen erreichten die Retter das gekenterte Boot und begannen die hilflosen Schiffbrüchigen aus dem Wasser zu ziehen. Vitus beobachtete die Arbeiten genau und befahl äußerste Vorsicht, besonders bei dem Offizier, dessen Hinterkopf eine klaffende Wunde aufwies. Er war so schwach, dass er kaum sitzen konnte. Vitus bettete ihn neben sich auf die Ruderbank und schob ihm das Knie unter den Kopf. Nach kurzer Begutachtung der Verletzung sagte er auf Spanisch: »Ihr habt eine üble Platzwunde am Kopf, Señor. Sie muss genäht werden. Ich werde das auf dem Schiff erledigen. Unser Beiboot schlingert zu stark.«
    Der Offizier musterte ihn. Er mochte ungefähr fünfunddreißig Jahre zählen und hatte ein schmales, männliches Gesicht mit Augen, die so dunkel wie Oliven waren.
»Muchas gracias«,
sagte er leise. »Wer seid Ihr?«
    »Ich bin Vitus von Collincourt, leitender Arzt an Bord des Lazarettschiffs
Camborne.
Und wer seid Ihr?«
    »Mein Name ist Pedro de Acuña, kommandierender Admiral Seiner Allerkatholischsten Majestät Philipps II . und Stellvertreter von Don Miguel de Oquendo, dem Befehlshaber des Guipúzcoa-Geschwaders.«
    Vitus musste sich beherrschen, um sich nichts anmerken zu lassen, denn Acuña war einer der höchsten und fähigsten Offiziere in den Reihen der Armada – und damit ein dicker Fisch, der den Engländern ins Netz gegangen war. »Es ist mir eine Ehre, Euch, wenn auch unter widrigen Umständen, kennenzulernen, Don Pedro.«
    »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite.«
    Die beiden Männer sahen sich an und stellten fest, dass sie sich mochten.
    Vitus legte Don Pedro einen Notverband an und widmete seine Aufmerksamkeit den beiden anderen Geretteten. Sie hatten weitaus mehr Glück gehabt als der Admiral, denn außer ein paar harmlosen Kratzern und Blutergüssen hatten sie nichts davongetragen.
    Allerdings waren alle drei Geretteten stark unterkühlt, was Vitus dazu veranlasste, ihre Körper sofort nach Eintreffen auf der
Camborne
in dicke Decken wickeln zu lassen. Stonewell besorgte das mit wenigen Handgriffen, wobei er leicht beleidigt wirkte. Zu gern wäre er bei der Rettungsaktion dabei gewesen, aber Vitus hatte es nicht erlaubt, mit dem Hinweis, einer von ihnen beiden müsse alles für eventuell notwendige Operationen vorbereiten.
    Steel hatte inzwischen erfahren, welch hochrangiger Gefangener an Bord gekommen war, und ließ es sich nicht nehmen,

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